Mit namenlosen Gräbern wollen Kunstaktivisten auf Flüchtlingstote aufmerksam machen. Die Aktion nimmt ihren Lauf – auch in der Schweiz. In Bern und Luzern wurden Gräber gesichtet.
Die Aktion ist umstritten: Kunstaktivisten heben Gräber aus, veranstalten Beerdigungen, protestieren gegen unmenschliche Flüchtlingspolitik. Für manche ist das zu viel Tamtam um den Tod von Menschen, andere preisen die Aktionen als Weckruf für die Gesellschaft.
Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) ist bekannt für seine provokativen Aktionen. Letztes Jahr inszenierten die Kunstaktivisten den «ersten europäischen Mauerfall», bei dem sie Gedenktafeln für die Mauertoten in Deutschland abschraubten und an die EU-Aussengrenzen verfrachteten. In einem symbolischen Akt wurden Stacheldrahtzäune abgebaut, um an die Menschen zu erinnern, die bei der Überfahrt übers Mittelmeer ertranken.
Demonstranten heben Gräber aus vor dem Reichtagsgebäude in Berlin (21. Juni). (Bild: Jan Krattiger)
Vor einigen Wochen begann das ZPS damit, namenlose Gräber auszuheben, um die Flüchtlingstoten sichtbar zu machen. In Berlin Gatow veranstaltete das ZPS eine Beerdigung einer Frau aus Syrien, die bei der Flucht nach Europa ertrank. Die Aktivisten stellten symbolisch leere Stühle auf, worauf die Namen deutscher Politiker standen – die Botschaft war klar: In Deutschland will von den Toten keiner etwas wissen.
Vergangenen Sonntag veranstaltete das ZPS dann in Berlin einen «Marsch der Entschlossenen», bei dem Demonstranten auf der Wiese vor dem Bundestag etwa 100 symbolische Gräber aushoben. Deutsche Politiker streiten seither, ob man die Gräber so lassen oder die Wiese wiederherstellen soll.
«Gestorben an den Grenzen Europas»: Namenloses Grab am Rosengarten in Bern, entdeckt am vergangenen Sonntag. (Bild: Zentrum für Politische Schönheit)
Die Aktion, die der deutsch-schweizerische Künstler Philipp Ruch vom ZPS initiierte, entwickelt seither eine Eigendynamik. Auch in der Schweiz wurden namenlose Gräber gesichtet.
Am Sonntag entstand ein Grab am Rosengarten in Bern, berichtete die «Berner Zeitung». Nur wenige Tage später kamen weitere Gräber dazu: am Bahnhof und am Hirschengraben in Bern. Auch in Luzern waren Aktivisten am Werk. Sie hoben gleich zwei Gräber aus.
Dieses Grab steht am Bahnhof in Bern (25. Juni). (Bild: Graves for unkown Refugees/Blog)
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