Die wichtigsten Antworten zum Köpferollen im Kantonsspital Baselland

Warum droht jetzt ein Rechtsstreit? Warum tritt der Gesundheitsdirektor Thomas Weber aus dem Verwaltungsrat zurück? Erhält CEO Heinz Schneider eine Abgangsentschädigung? Beim Kantonsspital Baselland sind viele Fragen offen. Wir haben neun beantwortet.

Warum droht jetzt ein Rechtsstreit? Warum tritt der Gesundheitsdirektor Thomas Weber aus dem Verwaltungsrat zurück? Erhält CEO Heinz Schneider eine Abgangsentschädigung? Beim Kantonsspital Baselland sind viele Fragen offen. Wir haben neun beantwortet.

Das Kantonsspital Baselland (KSBL) ist in den vergangenen Tagen und Monaten nicht aus den Schlagzeilen gekommen. Nun musste CEO Heinz Schneider gehen, Verwaltungsratspräsident Dieter Völlmin tritt zurück und Gesundheitsdirektor Thomas Weber will auch nicht mehr im Verwaltungsrat sitzen. Es stellen sich sehr viele Fragen rund um den Knatsch am KSBL, einige sind und werden wohl noch offen bleiben, vor allem jene, ob das Spital nun zur Ruhe findet. Einige Themen liefern aber einen guten Hinweis auf die Probleme und Chancen. Wir haben versucht, diese zusammenzutragen und zu beantworten. Neun Antworten und neuntausend Zeichen sind es geworden, was ungefähr einer Lektüre von sechs Minuten entspricht.

Warum musste CEO Heinz Schneider gehen?

KSBL-Verwaltungsratspräsident Dieter Völlmin sagte, dass dem Verwaltungsrat «keine andere Wahl blieb», um «Schaden vom Kantonsspital abzuwenden». Das Vertrauensverhältnis zu Schneider sei in den vergangenen Wochen und Monaten «stark in Mitleidenschaft gezogen» worden. Er habe «die notwendige Akzeptanz bei zahlreichen Schlüsselpersonen» verloren. Konkret sind damit die Chefärzte gemeint, mehrere haben in den vergangenen Monaten das KSBL verlassen. Der Abgang des Chefarztes der Frauenklinik, David Hänggi, ist wohl der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Dass leitende Ärzte das Spital verlassen haben, wird dem Führungsstil von Schneider angelastet. Im Kündigungsschreiben wird gemäss BaZ, der das Schreiben gemäss eigenen Angaben vorliegt, in erster Linie mit «ungenügend empfundener Kommunikation, fehlender Wertschätzung und intransparenter Entscheidungskompetenzen» begründet. Schneider wird zudem vorgeworfen, die Geschäftsleitungsmitglieder nicht in einem angemessenen Rahmen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen und Entscheidungskompetenzen zu delegieren, gemäss BaZ heisst es weiter: «Ihr Führungsverhalten vermag den Anforderungen eines Unternehmens mit rund 3500 Mitarbeitern nicht zu genügen.» Angesichts dessen sah der Verwaltungsrat, «sowohl die strategische Zielerreichung gefährdet als auch den laufenden Betrieb beeinträchtigt.»

Erhält der CEO eine Abgangsentschädigung?

Das ist nicht geplant. Völlmin erklärte, dass Schneider «normal» gekündigt wurde. Der CEO hat eine sechsmonatige Kündigungsfrist, bis zu deren Ablauf am 31. August 2014 erhalte er seinen Lohn. Zwischen dem Verwaltungsrat und Schneider gab es mehrere «intensive Gespräche», die aber zu «keiner einvernehmlichen Lösung» führten. Der Verwaltungsrat hat Schneider an einer Sitzung am Mittwochmorgen auch rechtliches Gehör gewähren wollen, der CEO «ist auch zum Gespräch gekommen, hat den Sitzungssaal aber verlassen», sagt Völlmin. Dass Schneider eine Kündigung nahegelegt wurde, dementierte Völlmin. «Es gab einen anderen Vorschlag», mehr wollte er dazu nicht sagen. Völlmin rechnet offensichtlich damit, dass es noch zu rechtlichen Schritten kommen dürfte. «Ich habe bereits erste Emails vom Anwalt von Herrn Schneider erhalten», sagte er an der Medienkonferenz am Donnerstagnachmittag. Gesundheitsdirektor Thomas Weber sagte in der Fragestunde des Landrates, dass sich Schneider anwaltlich vertreten lasse, er nahm deshalb keine inhaltliche Stellung zu den Fragen zur Kündigung – aus Persönlichkeitsschutz.

Der Verwaltungsrat hat die Unternehmensstrategie zu verantworten, die CEO Heinz Schneider umsetzte. Warum hat der VR ihm nicht den Rücken gestärkt?

Dieter Völlmin griff den Vorwurf aus den Medien selbst auf. «Wir haben ihn nicht alleingelassen, sondern gestärkt.» Er nannte als Beispiel den Abgang des Orthopädie-Teams, nach dem der Verwaltungsrat die Strategie und die Entscheide von CEO Schneider verteidigt habe. Nach dem Abgang des Chefarztes der Frauenklinik, David Hänggi, sei die Lage aber «langsam kritisch geworden». Der Verwaltungsrat habe «weitere Abgänge befürchtet».

Völlmin nahm auch den Vorwurf auf, dass die Strategie des Verwaltungsrates nur einen Chefarzt pro Klinik vorsehe. «Es gibt kein strategisches Ziel, pro Klinik nur ein Chefarzt zu haben.» Das sei auch nicht der Fall und wäre auch nicht sinnvoll. «Die Zahl der Chefärzte war kein Ziel in der Strategie», sagte Völlmin, «das ist eine Erfindung der Medien.»

War die Unternehmensstrategie angesichts der Abgänge falsch?

Gesundheitsdirektor Thomas Weber erwartet vom Verwaltungsrat eine Überprüfung der Unternehmensstrategie und einen Bericht an den Eigner, den Kanton. Sicher ist, dass Weber die Ziele der Eignerstrategie (Leitplanken des Kantons) gefährdet sieht. Konkret befürchtet der Gesundheitsdirektor, dass das Spital seine finanziellen Ziele nicht erreicht (Punkt 8.5.1 der Strategie, Seite 49). Er sieht aber auch die personellen Ziele gefährdet; diese sehen einen Führungsstil vor, der auf «Vertrauen baut» und eine «transparente Kommunikation». Letztlich gehe es aber auch um den Leistungsauftrag: ohne Ärzte könnten keine Leistungen erbracht werden, was wiederum finanzielle Einbussen zur Folge hätte. Dass sich die Probleme im Ergebnis 2013 auswirken werden, sieht Weber als «zweifellos» an.

Warum tritt Verwaltungsratspräsident Dieter Völlmin zurück?

Den Entscheid zum Rücktritt hat Dieter Völlmin gemäss eigener Aussage am Dienstag getroffen. Der Grund dafür sei einfach, sagte Völlmin: «Wenn sich der Verwaltungsratspräsident eines Unternehmens öffentlich verteidigen muss, kann er dem Unternehmen nur schaden.» Völlmin stand in der Kritik «als Mann der Chefärzte», sein SVP-Parteibuch wurde thematisiert, und auch dass Schneider als «Bauernopfer» für die «Eine-Klinik-ein-Chefarzt»-Strategie des Verwaltungsrates erhalten müsse. Völlmin nahm diese Vorwürfe auf: «Es gibt kein strategisches Ziel, pro Klinik nur ein Chefarzt zu haben.» Dass sei auch nicht der Fall. «Die Zahl der Chefärzte war auch kein Ziel in der Strategie», sagte Völlmin, «das ist eine Erfindung der Medien.» Auch politisiere er seit Jahren nicht mehr. Er habe ein Mandat einiger Chefärzte als Anwalt gehabt, «aber nicht mehr, seit ich Verwaltungsratspräsident bin». Die meisten der entsprechenden Ärzte seien sowieso in Pension oder nicht mehr am Spital. Dass er die Nähe zu Chefärzten gesucht habe, sei für ihn logisch: «Chefärzte haben Schlüsselpositionen, sie können das Spital zwar nicht führen, man kann aber auch kein Spital ohne sie führen.» Er habe das VR-Mandat nicht gesucht, nun sei das Vertrauen in ihn weg  – «und so kann ich diese Position nicht mehr ausüben».

Gab es Druck von Seiten der Regierung auf Dieter Völlmin?

Gesundheitsdirektor Weber sagte, dass er den Gesamtregierungsrat am Donnerstagmorgen über den Rücktritt informiert habe. Vorher habe es keine Gespräche zur Personalie gegeben.

War Dieter Völlmin eine Fehlbesetzung?

In der Kritik stand der gesamte Verwaltungsrat, der «falsch aufgestellt» sei, wie FDP-Fraktionschef Rolf Richterich schrieb und den Rücktritt von Schneider forderte. Ähnlich äusserten sich auch Politiker aus anderen Parteien. An der Medienkonferenz wurde das Thema im Zusammenhang mit der Nachfolge von Völlmin thematisiert. Gesundheitsdirektor Weber will einen «Gesundheitsprofi» mit konkreten Führungserfahrung im strategischen und operativen Bereich des Spitalwesens. Auf die Frage, ob Völlmin dies gefehlt habe, antwortete Weber diplomatisch. Völlmin selbst wurde aber deutlich: «Ich habe nicht das Profil, das nötig ist, um das Spital zu führen.» Aber das sei keine Neuigkeit, die einem nun wie Schuppen vor den Augen fallen. Der frühere Gesundheitsdirektor Peter Zwick und der Gesamtregierungsrat hätten ihn damals ausgesucht, auch weil es bei der Überführung in die Marktwirtschaft um viele juristische Fragen gegangen sei. Darum habe die Regierung in ihm den richtigen Mann gesehen.

Wie geht es mit dem Spital nun weiter?

Den Posten von CEO Heinz Schneider übernimmt ad interim sein bisheriger Stellvertreter und Standortleiter von Liestal, Jürg Aebi. Er ist beauftragt, mit einem Team möglichst schnell die «Stabilisierung des Betriebes» an den drei Standorten sicherzustellen. Konkret soll er gemäss Weber mit der Belegschaft sprechen, Ruhe in den Betrieb bringen, das Vertrauen gewinnen und alle gemeinsam ins Boot holen. Der Verwaltungsrat wird derweil die Unternehmensstrategie überprüfen und sich fragen, ob die Ziele des Kantons (Eignerstrategie) erfüllbar sind oder ob das Problem tatsächlich nur in der Umsetzung liegt.

Warum tritt Thomas Weber aus dem Verwaltungsrat zurück?

Der Gesundheitsdirektor will eine konsequente Trennung der Rollen: Der Kanton ist Eigner, dem Gesundheitsdirektor obliegt die politische Führung, zu der auch das Festlegen der Eignerstrategie des Spitals gehört. Der Verwaltungsrat bestimmt die Unternehmensstrategie unter Berücksichtigung der Eignerziele. Die Geschäftsleitung wiederum ist für die Umsetzung verantwortlich. Weber aber sass bisher im Verwaltungsrat, was seiner Meinung nach nicht geschickt ist. Tatsächlich musste er während der Fragestunde des Landrates auch die Frage beantworten, ob sein Entscheid im Verwaltungsrat für die Entlassung des CEOs mit dem Gesamtregierungsrat abgesprochen worden sei. Er argumentierte, dass das ein Beispiel der unklaren Rollenverteilung sei. Der Entscheid liege bei den Verwaltungsräten, und als solcher habe er auch entschieden. Letztlich will Weber aber Platz machen für jemanden mit Fachkompetenz im Spitalwesen. Er will bis am 28. Februar einen oder mehrere Vorschläge für eine fachliche Verstärkung des Verwaltungsrates vorlegen.

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