Die zwei jüngsten Basler, die nach Bern wollen

Raffaela Hanauer (Junges Grünes Bündnis) und Michel Schielly (BDP) sind die zwei jüngsten Basler Nationalratskandidaten. Ihr Alter verbindet sie, doch es gibt auch Hürden.

Michel Schielly und Raffaela Hanauer sind beide 22 Jahre alt und kandidieren für den Nationalrat.

(Bild: Nils Fisch)

Raffaela Hanauer (Junges Grünes Bündnis) und Michel Schielly (BDP) sind die zwei jüngsten Basler Nationalratskandidaten. Ihr Alter verbindet sie, doch es gibt auch Hürden.

Raffaela Hanauer und Michel Schielly sind beide 22 Jahre alt und hoffen auf einen Sitz im Nationalrat. Neben ihrem Alter und ihrem Engagement haben die beiden wenig Gemeinsamkeiten. Sie kandidiert für die kombinierte Liste der Grünen, des jungen grünen Bündnisses und der Basta, er für die BDP.

Die TagesWoche traf die beiden im Café Zum Roten Engel auf dem Andreasplatz. Das Wetter ist durchzogen an diesem Tag, wir platzieren uns unter einem der vielen Sonnenschirme, hilft ja gegebenfalls auch gegen Regen. Die Stimmung ist entspannt. Wir unterscheiden uns nicht gross von den Cafégängern um uns herum, nur das Aufnahmegerät auf dem Tisch weist auf die Art unseres Gespräches hin. Und das startet ohne grosse Mühe bei der Frage, wie die beiden zur Politik kamen.

Widmer-Schlumpf und ehrenamtliche Arbeit

Interesse an der Welt der Politik hatten die beiden schon früh. Doch der ausschlaggebende Moment war für Schielly, als er an einer Muba Bundesrätin Widmer-Schlumpf traf: «Sie sprach über Asylpolitik und ihre Aussagen entsprachen meinen Ansichten.» Danach habe er sich intensiv mit der Partei BDP auseinandergesetzt. Schliesslich half er mit, die Sektion Basel aufzubauen.

Hanauer fiel die Entscheidung, ob sie einer Partei beitreten soll oder nicht, jahrelang schwer. Lange konnte sie sich nicht zwischen politischem oder ehrenamtlichem Engagement entscheiden. «In meinem Umfeld war ich die einzige, die sich letztlich für den politischen Weg entschied.» Grund für den Beschluss zu politisieren, waren für Hanauer auch die Abstimmungssonntage: «Ich kam nicht klar damit, nicht gekämpft zu haben, wenn mir das Ergebnis nicht passte. Ich wollte mehr machen, als nur Ja oder Nein anzukreuzen.»

Der Kampf um Akzeptanz und Interesse

Im Gegensatz zu den Grünen, die spezifisch auch Jugendliche mobilisieren, ist ein junger Mensch in der BDP eine Ausnahme. Die Nachteile davon bekam Schielly zu spüren: «Es war anfangs schon schwierig in der Partei. Ich musste mir den Respekt der Älteren erarbeiten», sagt er, «das braucht Zeit. Ich behaupte jetzt noch, dass es Parteimitglieder gibt, die sich daran stossen, dass ich nun das zweite Mal auf der Liste für den Nationalrat stehe. Aber das stört mich nicht, denn die Mehrheit steht hinter mir.» Seine Lehre in Bern und sein Einsatz hätten letztlich die Mehrheit davon überzeugt, ihn als Kandidat aufzustellen. 

Für Hanauer war der Einstieg einfacher: «Ich bin in einer Jungpartei, das ist eine ganz andere Ausgangslage. Auch bin ich auf einem Listenplatz, der extra für das Junge Grüne Bündnis reserviert ist.» Auf die Unterstützung in der Partei könne sie zählen, sagt Hanauer.

Doch wie gross ist das Interesse im Freundeskreis?

Hanauer: «Das Interesse ist sicherlich da. Viele meiner Freunde wollen wissen, was ich abstimme und wieso, oder suchen bei mir nach Auskunft über Vorlagen. Es ist toll, wenn junge Leute über dich anfangen, sich mehr mit der Politik auseinanderzusetzen.»

Schielly: «Bei mir im Freundeskreis ist es schwierig. Wenn meine Freunde davon hören, dass ich für den Nationalrat kandidiere, lachen sie erst mal. Doch wenn es ins Detail geht über das, was ein Nationalrat macht, werden sie schon neugierig. Viel Interesse ist aber nicht da. Ich habe das Gefühl viele werden bequem, da sie der Meinung sind, schon alles zu haben. Wieso sollte man dann etwas ändern? Doch ich versuche, das Interesse mit Diskussionen zu fördern.»



Das Desinteresse der Jugend an der Politik erklären sich die beiden an der Komplexität.

Michel Schielly und Raffela Hanauer: Das Desinteresse der Jugend an der Politik erklären sich die beiden mit der Komplexität der Materie. (Bild: Nils Fisch)

«Das Interesse wird bestimmt auch geweckt, weil durch uns die Politik greifbarer wird, simpler. Plötzlich kennst du die Leute auf dem Plakat», sagt Hanauer. Ein Desinteresse an der Politik spüre sie schon bei der Jugend. Doch daran sei die Politik selber schuld. «Alles in der Politik wirkt so kompliziert. Darum verstehe ich, dass die Hemmschwelle sich zu beteiligen, gross ist. Sogar die Abstimmungsbüchlein sind unnötig kompliziert.»

Doch Hanauer sieht Besserung, wie sie sagt: «Wir sind auf dem besten Weg, alles verständlicher zu machen. SRF dreht immer wieder simple Filme, die einem die Abstimmungen näher bringen. Genau wie EasyVote. Aber auch ein Schulfach Politik empfinde ich als notwendig.» Dennoch sei es frustrierend, wie viele junge Leute aus linken Kreisen das Interesse am demokratischen Engagement verloren hätten: «Durch die bürgerliche Mehrheit geht die Motivation verloren. Doch anstelle sich dagegen zu wehren, gehen viele gar nicht mehr wählen.»

Für Schielly kommt es gar nicht immer auf die politische Orientierung an. Für ihn braucht es eine Jugend, die wieder auf die Strassen geht, aktiv wird. Abstimmen sei das mindeste: «Es geht nicht, sich im Nachhinein zu beschweren, wenn man nicht wählen war.»

Die Kluft zwischen den Generationen

Viel Einklang herrscht an dem kleinen Tisch auf dem Andreasplatz. Hanauer wartet geduldig bis Schielly seinen Satz beendet und umgekehrt. Die Meinung des anderen wird respektiert. In manchen Punkten stimmen sie auch überein.

Hanauer erklärt sich das so: «Michel und ich haben auch ähnliche Ansichten, schon nur, weil wir zur gleichen Generation gehören.» Und so denkt auch Schielly: «Wir haben genug von Entscheidungen, bei denen unsere Generation nicht vertreten oder untervertreten war. Es sind wir, die die Entscheidungen in der Zukunft ausbaden oder zumindest mittragen müssen.»

So ist für Schielly eines der wichtigsten Geschäfte die Energiestrategie 2050. Hanauer findet das toll: «Das ist eben unsere Generation, die nachhaltig denkt.»

Letztlich leben sie dennoch in Konkurrenz: Beide Listen kämpfen um den heissbegehrten Sitz der CVP im Nationalrat. Schiellys Partei ist erpicht darauf, diesen zu halten. Hanauer hofft darauf, diesen zurück zu erobern und mit jemandem ihrer Liste zu besetzen. Vor der Rivalität in der Politik schützt sie auch ihre Gemeinsamkeit nicht: die Jugend.

Der Werdegang

Raffaela Hanauer studiert Geografie und Geschichte an der Universität Basel. Vor einem Jahr trat sie dem Jungen Grünen Bündnis bei und ist nun im Vorstand.

Michel Schielly machte eine Ausbildung in der Stabsstelle des Wirtschaftsdepartements des Bundes, jetzt arbeitet er im Sekretariat des Kommunikationsdienstes des Generalsekretariats. Er half mit, die BDP Basel aufzubauen und ist Vizepräsident. Auch ist er kein Neuling bei den Nationalratswahlen, bereits vor vier Jahren kandidierte er mit 18 Jahren für den Sitz in Bern.

Die Anliegen:

Hanauer liegt neben der Energiestrategie 2050 die Asylpolitik am Herzen: «Ein Asylstopp kommt für mich nicht in Frage. Ich werde versuchen, das mit allen Mitteln zu bekämpfen.»

Schielly will sich dafür einsetzen, die bilateralen Verhältnisse zu erhalten. Es müsse eine Lösung geben, die die Personenfreizügigkeit wahrt und den Volkswillen umsetzt. Auch das Fachkräftepotenzial ist ihm wichtig. Er sehe, wie wichtig es ist, Mütter und auch ältere Leute wieder in den Arbeitsmarkt einzubauen.

Nächster Artikel