Woran merkt man, dass Wahlkampf ist? Es begegnen einem immer die gleichen drei Buchstaben – SVP. Der neuste Streich der Rechtspartei: Am Birsköpfli wird der Kaffee in SVP-Bechern ausgeschenkt.
Um Kaffee zu verfeinern, kennt die zivilisierte Welt erprobte Mittel. Sie hat für diesen Zweck Rahm, Milch, Zucker und unter Umständen auch Schnaps oder Likör vorgesehen. Neu ist der Zusatzstoff SVP. Entdeckt hat ihn der Basler Politiker Oskar Herzig, seit 2001 im Grossen Rat. Herzig sah seine Wiederwahl jeweils durch die Qualität seines Magenbrots an der Herbstmesse gesichert.
Nun geht er wie seine Partei in die Offensive. Die Basler SVP will ihren Wähleranteil steigern und setzt dabei auch auf seltsame Mittel wie hysterische Rücktrittsforderungen oder schiefe Vergleiche – etwa auf jenen, dass das Anzünden eines Polizeibootmotors ein terroristischer Akt nach Vorbild der deutschen RAF sei. Doch das ist bereits kalter Kaffee.
Gastronomiepraktiker Herzig dagegen setzt auf heissen Kaffee. Seit diesem Sommer schenkt er den Mitnahme-Kaffee in seiner Beiz am Birsköpfli in Pappbechern aus, die mit den Parteifarben bedruckt sind. «Eine Idee fürs Wahljahr», sagt Herzig. Die Reaktionen würden ausnahmslos prächtig ausfallen. Tatsächlich wollen sich aber nicht alle auf der Birsköpfli-Wiese von der SVP-Sonne ins Gesicht lachen lassen. Manche erzählen, sie verlangten den Kaffee gegen ein Depot von 20 Franken in den üblichen Tassen. Andere appellieren an die Vernunft, an Sommertagen auf saisongerechte Getränke wie etwa kühles Bier zurückzugreifen.
Ob der SVP-Trunk die erhoffte Wirkung erzeugt und für Wählerstimmen sorgt, bleibt Kaffeesatzleserei. Vorsichtshalber müsste man aber vielleicht trotzdem folgenden Hinweis an den Bechern anbringen: Achtung, dieses Getränk kann ihr Urteilsvermögen beeinträchtigen.
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Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 27.07.12