Dieser Kandidat steht dazu, dass er sich bereichern will

Er möchte Porschemotoren in Traktoren einbauen, Rentnern das Wahlrecht entziehen und sich selbst bereichern: Ljubisa «Beli» Preletacevic ist Anti-Politiker und eine Rolle. Viele halten den Satire-Kandidaten für unnötig, weil der Wahlkampf ums Präsidentschaftsamt sowieso Realsatire ist. 11 Prozent der Stimmen könnte er trotzdem holen.

Die Rolle seines Lebens: Luka Maksimovic alias «Beli» werden in Umfragen zwischen 3 und 11 Prozent der Stimmen zugetraut. Kein Wunder – bei der Inszenierung.

(Bild: REUTERS/Marko Djurica)

Er möchte Porschemotoren in Traktoren einbauen, Rentnern das Wahlrecht entziehen und sich selbst bereichern: Ljubisa «Beli» Preletacevic ist Anti-Politiker und eine Rolle. Viele halten den Satire-Kandidaten für unnötig, weil der Wahlkampf ums Präsidentschaftsamt sowieso Realsatire ist. 11 Prozent der Stimmen könnte er trotzdem holen.

Besonders spannend werden die Präsidentschaftswahlen in Serbien am Sonntag nicht. Der Sieger wird der amtierende Premierminister Aleksandar Vucic sein. Es stellt sich nur die Frage, ob er im ersten Wahlgang genug Stimmen holt oder sich noch einer Stichwahl stellen muss.

Die Opposition ist chancenlos, weil Medien und Staat unter Kontrolle des amtierenden Premierministers und seiner rechtskonservativen Fortschrittspartei (SNS) stehen. Doch es gibt einen Kandidaten, der den langweiligen Wahlkampf etwas aufwirbelt: Ljubisa Preletacevic.

Er nennt sich «Beli» (der Weisse), weil er einen weissen Anzug trägt und auf einem weissen Pferd durchs Land reitet. Seine langen Haare sind meist zu einem Dutt zusammengebunden. Seine Anhänger grüssen ihn mit einem «Ave Beli» statt mit einem «Ave Maria». Nach einem Wahlsieg will er die Regierungsgebäude weiss streichen und Swimming-Pools einbauen lassen.

«Der Weisse» zieht durch Serbien und verspricht allen, die er trifft, genau das was sie hören wollen. Dabei macht er falsche und unrealistische Versprechungen; eine Strategie die er sich beim amtierenden Premierminister Aleksandar Vucic abgeschaut hat. «Beli» macht keinen Hehl daraus, dass es ihm allem voran um seine eigene finanzielle Absicherung geht und man als junger Mensch in Serbien eben kreativ werden muss, um einen Job zu finden.

«Ich bin kein Verbrecher, ich will meinen persönlichen Vorteil und den Vorteil des Volkes.»


Das Wahlversprechen von Beli

Was das bedeutet, liess sich im Interview mit dem serbischen Fernsehsender RTS mitverfolgen: «Mir ist es wichtig, dass mein Geldbeutel und mein Magen voll sind», sagte Preletacevic. Immerhin will er seinen Reichtum mit dem gemeinen Volk teilen: «Ich bin kein Verbrecher, ich will meinen persönlichen Vorteil und den Vorteil des Volkes.»

Sollte er gewinnen, möchte er in Zukunft Porschemotoren in Traktoren einbauen lassen, um die Effizienz der serbischen Landwirtschaft zu erhöhen. In seiner Aussenpolitik orientiert sich Beli am jugoslawischen Langzeitpräsidenten und Partisanenführer Tito und möchte eine neutrale Position zwischen Russland und den USA einnehmen.

Ein Treffen mit Donald Trump ist laut Aussage von Beli daran gescheitert, dass er noch eine Prüfung an der Universität ablegen musste: «Trump fand es sehr schade, dass es zu keinem Treffen kam. Wir werden das wohl nachholen müssen», sagte er gegenüber dem serbischen Fernsehsender N1. Auf die Frage, ob er sich realistische Chancen auf die Präsidentschaft ausrechnet, sagte er bei einer Medienkonferenz: «Selbstverständlich. Wenn der Westen etwas unterstützt, ist alles möglich.»

Die Rolle seines Lebens

In Wirklichkeit existiert Ljubisa «Beli» Preletacevic überhaupt nicht. Es ist eine Rolle, die der 25-jährige Student Luka Maksimovic spielt, der durch Serbien tourt und sich als Heilsbringer inszeniert. Geboren wurde er 1991 in Belgrad, aufgewachsen ist er in der serbischen 50’000-Einwohnerstadt Mladenovac, die auch seine politische Heimat ist.

Maksimovic studiert Kommunikationswissenschaften und wollte eigentlich Fernsehmoderator werden, bevor er zu einem der meist beachteten Personen der politischen Szene Serbiens wurde. Sein echtes Fortbewegungsmittel ist kein weisses Pferd, sondern ein alter Golf 2. Das ist ein wichtiges Detail auf dem Balkan, weshalb Maksimovic auch gerne seine Liebe zum Auto erklärt: «Man kann 600 Dinar (5 €) tanken und drei Tage lang fahren. Welches andere Auto kann das noch?» Laut seinem echtem Facebook-Profil ist Luka Maksimovic Fan des Fussballvereins Partizan Belgrad. Neben der Imagepflege für sein Alter Ego macht er Musik und geht regelmässig ins Fitnessstudio.

Seine Partei heisst: «Du hast die Kohlrouladen nicht probiert.»

Der Weisse gehört zu der Partei «Sarmu probo nisi» (SPN), was übersetzt bedeutet: «Du hast die Sarma nicht probiert». Die serbische Variante von Kohlrouladen gilt als Nationalgericht in Serbien. Der Parteiname ist eine Verballhornung der amtierenden Regierungspartei SNS (Srpska Napredna Stranka- Serbische Fortschrittspartei). Der Name geht auf einen YouTube-Kanal zurück, den Luka Maksimovic noch als Schüler online gestellt hat, um für seine Sketche zu werben.

In der Lokalpolitik konnte die Partei bereits Erfolge erzielen. Bei den Wahlen im April 2016 warb die Partei mit einem Video, dass mit den Worten: «Seid ihr bereit für einen wahren Führer? Ljubisa Preletacevic, das Licht am Ende des Tunnels» beginnt:


Wer jemals einen «ernst gemeinten» Wahlspot gesehen hat auf dem Balkan, der weiss: da ist kein Unterschied!

Die Kampagne brachte der Satirepartei 21,3 Prozent der Stimmen in Mladenovac, wo sie unter dem Namen «der Weisse – einfach stark» (Beli – samo jako) antraten. Damit wurden sie zweitstärkste Kraft hinter der nationalkonservativen serbischen Fortschrittspartei, obwohl die Parteivertreter Mladenovac gerne mit Tschernobyl vergleichen.

Der Weisse setzt auf junge Wähler. Menschen ab 60 Jahren soll das Wahlrecht entzogen werden: «Mein Gott, die sind 60 Jahre alt. Haben die nicht schon genug gewählt in ihrem Leben?» Ausserdem möchte er Euthanasie-Zentren für Rentner einrichten, um die Probleme mit den Staatsfinanzen zu lösen. Eine Teilnahme an dem Programm soll allerdings freiwillig sein.

Wie jeder gute Politiker hat «Beli» bereits ein Wahlversprechen gebrochen, er ist nicht nach Belgrad geritten. Hat natürlich aber einen Grund: «Herr Vucic hat unseren Lippizaner getötet. Es hat die Mächtigen gestört, dass er so schön und stark war.»

Seine ersten Wahlversprechen hat der «Weisse» allerdings schon gebrochen. Eigentlich wollte er mit einem weissen Pferd nach Belgrad reiten, was er aber nicht getan hat. Seine Erklärung: «Herr Vucic kam nach Mladenovac und hat unseren Lippizaner getötet. Es hat die Mächtigen gestört, dass er so schön und stark war.»

Das aktuelle Wahlkampfvideo von Ljubisa Preletacevic Beli heisst «Beli je Pobednik» (Der Weisse ist ein Sieger). Das Video erinnert an den Kurzfilm «Kung Fury» und sieht aus, als hätte sich David Hasselhoff in den 1980er-Jahren als Präsidentschaftskandidat in den USA aufstellen lassen. In dem Video verprügelt «der Weisse» einen maskierten Verbrecher. Drei Tänzerinnen treten auf und ein Mann mit Stirnband und Sonnenbrille wirbt für seinen Kandidaten: «Er ist die Zukunft, er ist die Hoffnung.»

 

Die Beliebtheit des Satirekandidaten erklärt sich aus der Unzufriedenheit vieler junger Serben mit der Politik in ihrem Land. Manche halten «den Weissen» aber auch für unnötig, weil der serbische Wahlkampf längst zur Realsatire geworden ist. Am Donnerstag machten die grössten Tagesszeitungen des Landes allesamt mit demselben Titelbild auf: Ein grosses rotes A für Alexander und ein grosses blaues V für Vucic.

Viele halten «Beli» aus einem simplen Grund für unnötig: Der serbische Wahlkampf ist längst Realsatire.

Die Farben der rechtskonservativen Fortschrittspartei werden von der Zahl 6 ergänzt, die Nummer des Wunschkandidaten auf dem Wahlzettel. Wählt Aleksandar Vucic lautet die Message, welche derzeit von jedem Zeitungsstand im Land ausgeht. Es ist fast so, als wollten Vucic und die Fortschrittspartei mit dieser Aktion zeigen, dass sie nicht einmal mehr so tun wollen, als sei die Presse in Serbien unabhängig.

Im Fernsehen ist es nicht anders: Das Programm ist Aleksandar Vucic rund um die Uhr. Von den Oppositionskandidaten hört man in den serbischen Medien fast nichts. Sie sind chancenlos. Bei einem Spaziergang durch Belgrad fällt schnell auf, dass die Wahlplakate von Aleksandar Vucic nicht bemalt wurden.

Eine Sicherheitsfirma kümmert sich 24 Stunden am Tag darum, dass niemand dazu kommt, das Konterfei des angehenden Präsidenten, um einen schwarzen Zahn oder ein Hitlerbärtchen zu ergänzen. Humor hilft offensichtlich dabei die Realsatire in der serbischen Politik zu ertragen.

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Hörenswert zum Thema ist auch dieser ARD-Beitrag: «Die Politik hat lange genug über das Volk gelacht, Zeit, dass jemand aus dem Volk über die Politik lacht.»

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