Wie im Vorjahr stellt eine Kunstaktion während dem Art-Freitag die Polizeiführung vor Probleme. Derweil laufen im Hintergrund Bestrebungen, die laufende Strafuntersuchung mit einem Vergleich beizulegen.
Keine Woche mehr, dann steht für die Art Basel, die Basler Polizei und deren Vorsteher Baschi Dürr die Bewährungsprobe an. Für diesen Freitag ist erneut eine Kunstaktion der Künstlergruppe «diezelle» angekündigt. Vor einem Jahr löste eine ähnliche Aktion einen stark umstrittenen Polizeieinsatz aus, der zu einer Strafuntersuchung der Staatsanwaltschaft gegen die Verantwortlichen führte sowie mehrere Strafanzeigen nach sich zog.
Sämtliche Untersuchungen sind hängig, die Staatsanwaltschaft konzentriert sich in ihren Ermittlungen mittlerweile auf den Einsatzleiter. Dem Vernehmen nach suchten beide Parteien einen Weg, um einen Gerichtsprozess abwenden zu können. In einer ersten Vergleichsverhandlung zwischen dem Rechtsvertreter der Kläger und Polizeikommandant Gerhard Lips wurden eine offizielle Entschuldigung der Polizei sowie eine Entschädigung von 500 Franken pro Person und 10’000 Franken Anteil an die Anwaltskosten diskutiert.
Bei einer Einigung würde die Klägerseite eine Desinteresseerklärung bei der Staatsanwaltschaft einreichen, mit dem Ziel, dass diese die Untersuchung mit dem Verweis auf fehlendes Interesse einstellt. Der Vorschlag stiess bei der Gegenseite des beklagten JSD auf wenig Begeisterung.
Wöchentliches Frisbee-Spiel
Die Gegenseite, das sind unter anderem Enrique Fontanilles und Renatus Zürcher, der eine gerade verabschiedeter, der andere aktueller Dozent an der Schule für Gestaltung. Beide sind auch in der Gruppe «die Zelle» aktiv. Und beide wollen sie am Freitag an die letztjährige von der Polizei verhinderte Choreografie anknüpfen.
Damals sollte an den geräumten Favela-Protest von linksalternativen Aktivisten von 2013 erinnern, heuer an die eigene «Pappteller-Aktion». Seit einem Monat spielen die Künstler gemeinsam mit Studenten auf dem Messeplatz Frisbee, die fliegenden Scheiben stellen optische Referenzen an die Pappteller dar. Zuletzt schlossen sich den Kunstaktivisten auch Aktive eines Frisbeeclubs an, erwartet wird am Freitag also eine solide Truppe, man hofft zudem auf Passanten, die spontan mittun.
Aussprache nicht wahrgenommen
Die Basler Polizei weiss von der geplanten Aktion, wie JSD-Sprecher Martin Schütz auf Anfrage erklärt. Ein Gesuch sei dafür nicht eingereicht worden, auch ein «mehrfach deponiertes Angebot für eine Aussprache wurde bis jetzt nicht in Anspruch genommen». Ob die Kantonspolizei wiederum eine Nulltoleranz-Linie verfolgt, will Schütz «aus polizeitaktischen Gründen» nicht bekannt geben.
Aktiver suchte die Messe Schweiz das Gespräch mit Fontanilles, Zürcher und dem Zelle-Mitglied Kurt Würmli. Gleich zweimal traf man sich unter Begleitung der eigenen Anwälte. Beim ersten Mal blickten die Gesandten der Kunstmesse verärgert auf das Vorjahr zurück, das zweite Treffen hatte zum Ziel, die aufmüpfigen Künstler für sich zu gewinnen. Die Art Basel bot den Frisbeespielern an, Teil der öffentlichen Performance zu werden, die bislang im Wesentlichen aus dem Riesencurry des thailändischen Künstlers Rirkrit Tiravanija besteht. Die Leute der «Zelle» zeigten wenig Interesse daran.
«Von unserer Seite ging es darum, sich kennenzulernen und herauszufinden, um was es ‹diezelle› geht. Wir haben es sehr bedauert, dass es im Vorfeld der letzten Messe keinen Austausch gab», erklärt Dorothee Dines, Mediensprecherin der Kunstmesse.
«Solange die Sicherheit gewährleistet ist, haben wir viel Verständnis.»
Art-Sprecherin Dorothee Dines
Dines äussert sich vorsichtig zur geplanten Frisbeeaktion mit dem Namen «don’t shoot»: «Der Messeplatz ist öffentlicher Raum. Als Messeveranstalter steht für uns die Sicherheit unserer Besucher, Aussteller und der Kunstwerke an höchster Stelle. Solange dies gewährleistet wird, haben wir viel Verständnis.»
Starten soll das Frisbeespiel am Freitag, 17 Uhr. Mit einem Grossaufgebot der Polizei ist nach Informationen der TagesWoche zu rechnen.
» Das JSD hat zu einer ersten Fassung des Artikels eine Richtigstellung verfasst.
Artikelgeschichte
Di, 16. Juni, 12.15 Uhr: Auf Intervention des JSD wurde der Lead angepasst. Die Gespräch fanden mit Gerhard Lips nicht Baschi Dürr statt.
Di, 16. Juni, 18.30 Uhr: Nach weiteren Abklärungen wurde der 2. Abschnitt des Artikels neu geschrieben. Die ursprüngliche Fassung lautete: Sämtliche Untersuchungen sind hängig, dem Vernehmen nach suchte das Justiz- und Sicherheitsdepartment (JSD) aber einen Weg, um zumindest die Privatklagen beilegen zu können. Das JSD soll in Gesprächen mit der Klägerseite vorgeschlagen haben einzuräumen, dass Fehler passiert sind – wollte diese aber auf den damaligen Einsatzleiter abwälzen. Dies soll die Gegenseite abgelehnt haben, man bestehe darauf, dass sich Lips und Dürr öffentlich entschuldigen. Auch die Staatsanwaltschaft konzentriert sich in ihren Ermittlungen mittlerweile auf den Kaderpolizisten.