Drei Frauen im Schilf

Was für eine Woche! Václav Havel tot, Kim Jong-Il tot, die Amerikaner weg aus Irak. Es lag definitiv was in der Luft, so kurz vor Weihnachten. Auch in unserer Region erlebten wir ein wahres Festival der Toleranz, der Transparenz, der Offenheit auch. Da wäre als Erste die neue FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger aus Thürnen. Die braucht […]

Undeklarierte Mitarbeiter, verbale Auswürfe und Entgleisungen – es war keine gute Woche für die drei Frauen Andrea Bollinger (oben), Nicole Scheidegger (unten) und Daniela Schneeberger. (Bild: Montage: Hansjörg Walter)

Was für eine Woche! Václav Havel tot, Kim Jong-Il tot, die Amerikaner weg aus Irak. Es lag definitiv was in der Luft, so kurz vor Weihnachten. Auch in unserer Region erlebten wir ein wahres Festival der Toleranz, der Transparenz, der Offenheit auch. Da wäre als Erste die neue FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger aus Thürnen. Die braucht gleich zwei persönliche Mitarbeiter für ihr anspruchsvolles Amt. Und vergisst dabei prompt zu erwähnen, dass beide vollamtliche Lobbyisten der Wirtschaftskammer sind. Kann ja mal passieren. Oder Nicole Scheidegger, Sprecherin der «Basler Zeitung», die via Facebook «kotzen muss» wegen der «Vollidioten», die auf dem Theaterplatz gegen die Vorgänge bei ihrem Arbeitgeber demonstrieren. Markus Jörin, ein ehemals hohes Tier im BaZ-Verlag, fragte Scheidegger, ob das ein offizielles Statement sei. Da war sie dann wieder ganz die Sprecherin, wie wir sie kennen. Und schwieg. Kann ja mal passieren.

Die Goldmedaille für besondere Verdienste um die Toleranz geht diese Woche aber an SP-Grossrätin Andrea Bollinger. Sie hat bei Facebook unter religiösen Ansichten «Offenheit und Toleranz» angegeben und ist seit Jahren für ihren, wie soll man sagen, ­fanatischen Einsatz für den Schutz von Minderheiten bekannt.
Frau Bollinger zog ebenfalls auf Facebook über eine Frau «oder wie sie heisst» her, die sich in der TagesWoche kritisch mit der SP auseinandergesetzt hatte. Liebe Frau Bollinger, unsere Mitarbeiterin heisst Yen Duong und stammt aus ­Vietnam. Sie ist – wie man es von kleinen Chinesen mit lustigen Namen gewohnt ist – fleissig und zuverlässig. Nur an ihrer Ausdrucksweise muss sie noch etwas arbeiten. Dachten wir jedenfalls, als wir sie diese Woche fluchen hörten. Aber kann ja mal passieren.

Quellen

Der Facebook-Kommentar von Andrea Bollinger samt Ergänzung (nur für Facebook-Mitglieder)

Die Liste der Zugangsberechtigten im Nationalrat und im Ständerat

Berichterstattung von 20min über die Entgleisung von Andrea Bollinger

Zweite Berichterstattung von 20min zum gleichen Thema

Der Blick berichtet über Nicole Scheidegger

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23/12/11

Kurz nach Redaktionsschluss und nach den diversen Berichterstattungen in den lokalen Medien hat sich Andrea Bollinger bei Yen Duong «in aller Form» entschuldigt. Sie hält an ihrer grundsätzlichen Kritik am Text von Duong fest, betont aber, dass die Verballhornung des Namens im Eifer des Gefechts und nicht aus Rassismus heraus geschehen sei.

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