Die Basler Regierung hat Paul Blumenthal zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der BVB gewählt. Gemäss Regierungsrat Hans-Peter Wessels hat der scheidende Präsident Martin Gudenrath seine Aufsichtsfunktion nicht wahrgenommen.
Noch wenig eingespielt wirken Hans-Peter Wessels und Paul Blumenthal an diesem Dienstagnachmittag vor versammelter Presse. Der Bau- und Verkehrsdirektor spricht Blumenthal mit Sie an – für Wessels‘ Verhältnisse eine Seltenheit, sitzt der 58-Jährige doch seit 2009 im Verwaltungsrat. Ein paar Stunden zuvor hat die Basler Regierung Blumenthal zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der BVB gekürt. Er ersetzt Martin Gudenrath, der das Vertrauen von Wessels verloren hatte und am Montag seinen Rücktritt bekanntgab. Neu für die Regierung im Verwaltungsrat der BVB sind zudem Daniela Thurnherr (Professorin für öffentliches Recht) und Kurt Altermatt (bis 2013 Direktionspräsident der Solothurner Spitäler AG).
Der Bericht der Finanzkontrolle (Fiko) gegen die BVB-Spitze hat Schwerwiegendes zutage gefördert. Wie schwerwiegend im Detail, das wissen nur wenige Personen. Denn laut Wessels ist der Bericht der Fiko nicht öffentlich. So viel sagte er doch: «Gemäss Fiko wurden vom Verwaltungsrat und der Direktion der BVB kantonale Gesetze und Verordnungen vereinzelt nicht eingehalten und Kompetenzen überschritten.» So seien etwa ohne die nötige Zustimmung der Personalkommisson Regelungen erlassen worden. Beispielsweise wurden bei der Anstellung von Direktor Jürg Baumgartner ohne Personalkommisson Spezialkonditionen – wie Geschäftswagen und Wohnung in Basel – ausgehandelt. Momentan wird geprüft, ob Baumgartner das Geld zurückzahlen muss. Wessels nahm Baumgartner mehr oder weniger in Schutz: «Er konnte bei seiner Anstellung nicht auf die Idee kommen, dass dies nicht rechtens ist, später allerdings schon.»
Der Vorwurf, die Söhne des scheidenden Verwaltungsratspräsidenten Gudenrath, des Direktors Jürg Baumgartner und des Vizedirektors Franz Brunner hätten zu vergleichsweise hohen Löhnen Praktika bei der BVB absolviert, hat sich nicht erhärtet. «Es ist nicht so, dass sie überbezahlt wurden. Aber bei der Anstellung von Verwandten hat die Fiko bei einzelnen Führungspersonen die nötige Sensibilität vermisst.»
Wessels spricht nicht von Vetternwirtschaft, sondern von «Unsorgfältigkeit und mangelndem Fingerspitzengefühl.»
Wessels betonte, dass es nicht die Absicht von diesen Personen gewesen sei, sich verdeckt Vorteile zu erschaffen. «Es lag eher an Unsorgfältigkeit und mangelndem Fingerspitzengefühl. Aber das waren klare Verstösse – und das ist nicht in Ordnung.» Wessels will auch nicht von Vetternwirtschaft sprechen. Gudenrath habe sich keinerlei persönliche Vorteile verschafft. «Doch inbesondere als Verwaltungsratspräsident hat er seine Aufsichtsfunktion nicht wahrgenommen. Als Verantwortlicher von Jürg Baumgartner hätte er all diese Sachen feststellen können.»
Laut dem SP-Regierungsrat ist es nun absolut wichtig, dass die BVB das verlorene Vertrauen zurückgewinnen. «Ein Vorteil ist, dass wir im Verwaltungsrat der BVB nun einen personellen Schnitt haben. Von den acht aktuellen Verwaltungsräten sind ab 2014 nur noch drei dabei.» Zudem wolle man die Empfehlungen der Fiko umsetzen und den Modernisierungsprozess, der das grosse Verdienst von Martin Gudenrath sei, sorgfältig und umsichtig fortführen.
Gemäss Blumenthal, der von 1999 bis 2009 bei den SBB für den Personenverkehr zuständig war, hat sich der Verwaltungsrat am Montag intensiv mit dem Bericht der Fiko auseinandergesetzt. Die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat der BVB seien von rechtlichen Grundlagen ausgegangen, die zu wenig klar gewesen seien. «Man hat sich in einer Grauzone bewegt und es wurden Interpretationen gemacht. Ich bin froh, dass nicht willentlich strafbar gehandelt wurde.»
Zielvorgaben für Direktor Baumgartner
Die Empfehlungen der Fiko will Blumenthal «subito» umsetzen. Die Versäumnisse müssten nun sehr rasch behoben werden, sagte er. «Hart diskutiert» wurde im Verwaltungsrat gemäss Blumenthal, ob der von den Verstössen betroffene BVB-Direktor Jürg Baumgartner bleiben darf. «Ich habe mich für ihn eingsetzt. Wenn ein derart wichtiger Entscheid gefällt wird, dann soll dies der neue Verwaltungsrat machen und nicht der alte. Es gibt zudem keinen Anlass ihn zu entlassen.» Baumgartner habe jedoch klare Zielvorgaben erhalten, ebenso sein Vize Franz Brunner. Sie müssten auch mit Konsequenzen rechnen, wenn sie diese Vorgaben nicht einhalten könnten.
Auf die Frage, ob er sich selber Vorwürfe mache, als Verwaltungsratsmitglied zu wenig hingeschaut zu haben, antwortete Blumenthal: «Ich habe mir Vorwürfe gemacht. Wir wurden als Verwaltungsrat sehr selektiv durch den Präsidenten informiert.» Man müsse sich nun zu recht den Vorwurf gefallen lassen, ein Abnickergremium gewesen zu sein, sagte der neue Mann an der Spitze der BVB.