Mit einem glanzvollen Resultat wird die Sissacher Nationalrätin Maya Graf zur höchsten Schweizerin gewählt. In ihrer Antrittsrede wünscht sie sich «echtes Nachdenken und Zuhören» von ihren Parlamentskollegen – statt dem Nachbeten von rechten oder linken Ideologien.
Ueli Leuenberger, der ehemalige Präsident der Grünen, stimmte noch vor Beginn der Sitzung in der Wandelhalle inbrünstig (und erstaunlich wohlklingend) das Baselbieterlied an. Auf der Tribüne streckte die Baselbieter Regierungspräsidentin Sabine Pegoraro ihren Kopf über die Brüstung und wurde laut jauchzend von Parteikollegin Daniela «Tanzfüdle» Schneeberger begrüsst (niemand jauchzt wie Daniela Schneeberger). Unter den drei Eidgenossen machte sich Dorf- und Kantonsprominenz aus Sissach und Liestal mit Blumensträussen bereit und Niggi Bärtschi, Maya Grafs Mann, hatte zwar keinen Anzug an, aber doch so etwas Ähnliches (glänzender Tschoppen, blaues Hemd, rote Schuhe, natürlich keine Krawatte). Kurz: Die Atmosphäre im Bundeshaus war bereits vor der offiziellen Wahl würdig-ausgelassen.
Das fünftbeste Resultat
Und sie wurde noch besser. Mit 173 von 183 Stimmen wurde Maya Graf am Montagnachmittag kurz nach 15 Uhr als erste Grüne Politikerin zur Nationalratspräsidentin gewählt. Ein glorioses Resultat; das fünftbeste seit Einführung der Zauberformel, wie die «NZZ» bereits kurz nach der Wahl nachgerechnet hatte und auch hier nachzusehen ist.
Das gute Ergebnis sei Anerkennung für die Arbeit der Grünen Partei und freue sie ausserordentlich, sagte Graf kurz nach der Wahl. In ihrer Rede erinnerte sie an die Gründungszeit des modernen Bundesstaates und zog eine direkte Linie zum heutigen Parlamentsbetrieb. Dass sie hier heute als erste Grüne auf dem Stuhl der Präsidentin Platz nehmen dürfe, das sei auch 1848 zu verdanken. Die Einbindung aller Kräfte, das Miteinander der Parteien – mit ihrer Wahl werde gelebt, was damals bereits in der Verfassung verankert wurde. In diesem Sinne versprach sie auch die Parlamentsdebatten zu leiten. «Das Einbinden aller Kräfte führt zum Konsens. Nicht das Nachbeten von rechten oder linken Ideologien», sagte Graf. Dazu brauche es Parlamentarier, die sich zuhören, die sich austauschen und vorurteilsfrei über Dinge nachdenken.
«Sie hat es recht gemacht»
Dann bedankte sich Maya Graf unter grossem und herzlichem Applaus, übergab an ihren Göttibuben und sein Xylophon, und der lange gemütliche Teil des Anlasses begann. Unter Gejohle wurde Graf unter den Drei Eidgenossen von ihrer Delegation empfangen, viele Umarmungen, viele Blumensträusse, viele lachende Gesichter. Der Apéro am Montagnachmittag war der Auftakt zu einer eigentlichen Festwoche mit einem Höhepunkt am Mittwoch, wenn 300 geladene Gäste im Extrazug über Laufen, Basel und Liestal zum grossen Fest nach Sissach fahren.
Ihr Vater, Alt Landrat Fritz Graf von der SVP, der war schon am Montag dabei, im Bundeshaus. Die Maya habe es schon recht gemacht, sagte er zum Auftritt seiner Tochter. Und strahlte dabei, wie wohl nur ein stolzer Vater strahlen kann.
Artikelgeschichte
Maya Graf auf der Seite des Parlaments.
Vater Fritz Graf wurde von der BaZ besucht.
Die Wahlergebnisse aller Nationalratspräsidentinnen und -präsidenten seit Einführung der Zauberformel.
Die Berichterstattung der NZZ