Ein aufrechter Schweizer steht zur Schweizer Armee und wehrt sich gegen die drohende Abschaffung der Wehrpflicht. So jedenfalls sehen es die meisten Bürgerlichen. Nicht so Baschi Dürr (FDP), der Basler Sicherheitsdirektor, der auch für das Militär zuständig ist.
Für die Abschaffung der Wehrpflicht würden sich neben der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) auch ein paar Bürgerliche einsetzen, stellte der «Blick» vor Kurzem überrascht fest. Und zwar nicht irgendwelche Bürgerliche, sondern prominente. Als Beispiel stellte der «Blick» im Hinblick auf die Abstimmung vom 22. September Brenda Mäder vor, die frühere Präsidentin der Jungfreisinnigen, um die es zuletzt allerdings doch eher etwas ruhig geworden ist.
Umso mehr überrascht werden die Blickmacher wohl sein, wenn sie erfahren, welcher Basler die Wehrpflicht am liebsten abschaffen würde. Es ist der oberste Militärverantwortliche des Kantons, ein strammer Bürgerlicher noch dazu: Justiz- und Sicherheitsdirektor Baschi Dürr (FDP). «Ja, ich stimme dem Anliegen zu», bestätigt er auf Anfrage der TagesWoche: «Ich finde es richtig, dass man eine Alternative zur allgemeinen Wehrpflicht sucht.» Das jedenfalls sei seine persönliche Meinung. Als Regierungsrat werde er sich aber nicht in den Abstimmungskampf einmischen. Nicht auf der Seite der Initiativ-Befürworter. Und selbstverständlich auch nicht auf Seite der Gegner, auch wenn die ihn angefragt haben. Ein rechter Militärdirektor werde wohl schon für die Wehrpflicht sein, dachten sich die Offiziere wohl.
Kerzenziehen statt Schiessen
Doch da haben sie sich in Dürr getäuscht. Der Mann hat zwar die RS und einen WK absolviert. Als er auch noch die Unteroffiziersschule machen sollte, hatte er aber genug von den stumpfsinnigen Befehlen, die er wohl nicht auch noch weitergeben wollte. Dürr verweigerte und wurde von einem Militärgericht zu 75 Tagen bedingt verurteilt. Später wechselte er in den Zivildienst.
Seine eigenwillige Haltung zum Militär begründete er 2001 in einer öffentlich verbreiteten Erklärung mit seiner liberalen Haltung, die sich mit der Verpflichtung zum militärischen Milizdienst nicht vereinbaren lasse. Hinzu kämen die unnötig hohen Ausgaben: «Wer die Verschwendung etwelcher, besonders zeitlicher Ressourcen während eines Wiederholungskurses erlebt hat, versteht auch mit wenig ökonomischem Sachverstand, dass eine Professionalisierung der Armee kostengünstiger kommen muss.»
Ein Pazifist ist Dürr jedenfalls nicht. Weil er nicht an den Weltfrieden glaubt. Und weil er selbst im Militär auch «ganz gerne geschossen hat», wie er früher mal sagte. Mehr Sinn entdeckte er allerdings im Zivildienst. Im Kerzenziehen mit Jugendlichen auf dem Basler Weihnachtsmarkt, im Einsatz für einen Fricktalter Bio-Bauer, in der offenen Jugendarbeit in der Josefspfarrei, in der Jobfactory.
Kann sich ein Freisinniger das leisten?
Bei der älteren Generation der Freisinnigen und Liberalen war die militärische Karriere fast noch so etwas die Voraussetzung für die politische Laufbahn. Nicht mehr so bei Dürr. Mit seinen 35 Jährchen wurde der Zivildienstler im vergangenen Herbst zu einem der jüngsten Regierungsräte in der Geschichte des Kantons Basel-Stadt gewählt. Die eine oder andere spitze Bemerkung musste allerdings auch er sich anhören. Andreas Burckhardt zum Beispiel, der Vordenker der Basler Liberalen und frühere Grossratspräsident, erkundigte sich zu Beginn des letztjährigen Wahlkampfes bei Dürr, ob dieses üble Gerücht mit dem Abbruch des Militärdienstes denn stimme. Dürrs Antwort: nein – und doch ja. Die ganze Geschichte sei kein Gerücht, sondern eine Tatsache, die er nie verheimlicht habe. Warum auch?
Nach der für Burckhardt offenbar schier unglaublichen Bestätigung stellte er Dürr als unwählbar hin. Das Volk gab sich allerdings auch mit einem Zivildienstler zufrieden.
«Was GSoA da veranstaltet ist kontraproduktiv»
Für ähnlich konsternierte Reaktionen sorgt derzeit auch Brenda Mäder, die frühere Präsidentin der Jungfreisinnigen. Seit ihrem Outing als Befürworterin der GSoA-Initiative müsse sie sich immer wieder gegen Angriffe aus dem eigenen Lager wehren, wie sie dem «Blick» anvertraute. Und sich abgrenzen von der GSoA, deren Kommunikationsstil ihrer Meinung nach viel zu aggressiv und damit kontraproduktiv sei. Auf diese Weise punkte die «Pazifistentruppe» höchstens bei den Linken. Dabei müssten gerade die Bürgerlichen für eine kleine, aber effiziente Armee sein, meint Mäder. In den bürgerlichen Parteien sehen das die allermeisten allerdings ganz anders.
Immerhin erhält Brenda Mäder und ihr bestenfalls halbwegs prominent bestetztes Komitee «Bürgerliche gegen Wehrpflicht» noch ideelle Unterstützung von einem bekannten Basler – Baschi Dürr.