Eberhard W. Kornfeld ist eine lebende Legende – sowohl als Auktionator wie auch als Förderer der Kunst. Am 23. September wird er 90 Jahre alt.
Was sind Kunstauktionen? Glamouröse Ereignisse, bei denen sich die Schickeria ein Stelldichein gibt und Strohmänner sich im Auftrag von reichen Hintermännern gegenseitig überbieten?
Vielleicht ist das nur im Kino so. Jedenfalls ist es etwas grundsätzlich anderes, wenn wie hier, am 23. Juni 1995, ein seriöser Mann vorne am Tisch sitzt, einen Stift in der Hand und einen Hodler im Hintergrund. In Klammern: Die assistierende Dame mit der Goldkette gewährleistet in diesem anspruchsvollen Geschäft das Vieraugenprinzip, bleibt aber trotz ihrer Präsenz anonym.
Das Bild dient hier vor allem als Aufhänger, um dem Auktionator zu gratulieren: Der in Bern lebende Basler Eberhard W. Kornfeld kann am 23. September seinen 90. Geburtstag feiern. Kornfeld hat in seinen neun Jahrzehnten viel, sehr viel gemacht und mit seinem Wirken derart Grosses geleistet, dass dieser kurze Text diesem Schaffen nie gerecht werden kann.
Kornfeld ist, wenn er nicht am Auktionspult sitzt, ein eher bescheiden auftretender Mensch. Ein Patron alter Schule, mit einer freundlichen Ernsthaftigkeit, ohne Allüren und ohne bei seinem Gegenüber gleich die gewiss angebrachte Anerkennung abzurufen.
Legendär sind seine hochstehenden Kataloge und Werkverzeichnisse. Er ist ein Mann, der sich – auch ohne Auktionen – mit dem Schaffen von Künstlern, etwa mit Paul Klee, befasst hat und im Basler Katalog der Unibibliothek seinerseits mit zahlreichen Schriften verzeichnet ist. Er befasste sich speziell mit dem Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner und förderte massgeblich das dessen Werk gewidmete Museum in Davos.
2008 schenkte er seiner Vaterstadt und dem von ihm geschätzten Kupferstichkabinett seine Sammlung von Rembrandt-Radierungen (102 Blätter). Kornfeld ist stets mehr als nur Verkäufer gewesen, als «Scholardealer» gab er den von ihm ge- und behandelten Objekten neben dem materiellen auch einen geistigen Mehrwert mit.
Kornfeld durfte die höchsten Auszeichnungen Deutschlands und Frankreichs entgegennehmen. Auch seine zweite Heimat ehrte ihn: 1982 die Uni Bern mit dem Ehrendoktor und 2011 die Stadt Bern mit dem Ehrenbürgerrecht. Seltsam, dass man da nicht auch eine formelle Ehrung der Vaterstadt Basel aufzählen kann. Kornfeld zählt in der Rheinstadt nicht zu den Klatschspalten-Promis. Es sind vor allem Insider, die seine enormen Verdienste kennen und durchwegs mit allerhöchster Anerkennung von ihm sprechen.
In der kleinen Basler Würdigung darf ein Hinweis auf sein Mitmachen als Fasnächtler bei den «Kuttlebutzern» und seine Freundschaft mit Jean Tinguely nicht fehlen, die im Übrigen ihren Ursprung im gemeinsamen Militärdienst hatte.
Artikelgeschichte
Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 20.09.13