Eine abenteuerliche Erklärung für Markus Lehmanns 30-Millionen-Nein

Die Basler Regierung ist verärgert, die bürgerlichen Kollegen sind entgeistert: Markus Lehmann (CVP) hat mit seinem Nein im Nationalrat eine Entlastung des Kantons beim Finanzausgleich verhindert. Alles ganz falsch, sagt nun Lehmanns Parteipräsidentin.

Hat er als einziger Weitsicht bewiesen? CVP-Nationalrat Markus Lehmann will dem Kanton Basel-Stadt nicht geschadet haben. (Bild: Roland Schmid)

Die Basler Regierung ist verärgert, die bürgerlichen Kollegen sind entgeistert: Markus Lehmann (CVP) hat mit seinem Nein im Nationalrat eine Entlastung des Kantons beim Finanzausgleich verhindert. Alles ganz falsch, sagt nun Lehmanns Parteipräsidentin.

Hat er den falschen Knopf erwischt? War er schlecht informiert – oder steckte Kalkül dahinter? Nachdem der Basler CVP-Nationalrat Markus Lehmann am vergangenen Dienstag mit seinem Nein dafür gesorgt hatte, dass Basel-Stadt nicht um 30 Millionen Franken beim Finanzausgleich entlastet wird, rätselt man in Basel über Lehmanns Beweggründe.

Fest steht: Seine Stimme hätte gereicht, um Basel-Stadt eine bessere Position im innerschweizerischen Verteilungskampf verschaffen zu können.

«Vielleicht ist ja ein Fehler passiert.»

FDP-Nationalrat Daniel Stolz

«Hat er es bewusst gemacht, kann ich das nicht nachvollziehen», kommentiert etwa Daniel Stolz, der für die Basler FDP in der Grossen Kammer sitzt. Stolz hat sich eifrig dafür eingesetzt, dass der Bund die Zentrumslasten der Städte stärker berücksichtigt.

Er hofft nun, dass Lehmann aus Versehen den falschen Knopf gedrückt hat: «Vielleicht ist ja ein Fehler passiert, es war eine Kaskade an Abstimmungen, da kann man schon mal den Überblick verlieren.»

Vielleicht war ja auch der Druck der eigenen Partei zu gross. Eine Mehrheit der CVP lehnte den Antrag ab. Allerdings waren die Verhältnisse in der SVP ähnlich – gleichwohl stimmte der Basler Vertreter Sebastian Frehner im Sinne seines Kantons. Frehners Mitarbeiter, der Basler SVP-Grossrat Joël Thüring, macht denn auch deutlich, was er von Lehmanns Ausreisser hält:

Wie bedeutend die Abstimmung war, zeigen die Bemühungen der Basler Regierung im Vorfeld. Allen Nordwestschweizer Parlamentariern wurde ein Factsheet ausgehändigt. Danach gab es ein Sessionssespräch mit den Basler Vertretern. Oben drauf trommelten alle betroffenen Kantonsregierungen einen Tag vor der Abstimmung die Nationalräte zu einem Infotreffen im Bundeshaus zusammen.

Chancenloses Anliegen?

Wusste Lehmann also, was auf dem Spiel stand? «Davon gehen wir aus», antwortet Kaspar Sutter, Generalsekretär des Basler Finanzdepartements.

Der Ärger in der Basler Regierung ist beträchtlich. «Es ist schmerzhaft, dass die berechtigte Forderung der Zentrumskantone so knapp keine Mehrheit im Nationalrat gefunden hat», sagt Sutter. Es sei aus Basler Sicht ein sehr wichtiger Antrag gewesen.

Lehmanns Nein könnte den Kanton so viel kosten, wie er im Rahmen des Sparpakets im laufenden Jahr einsparen muss. Er scheint seinem Kanton keinen Gefallen getan zu haben. Oder vielleicht doch? Das jedenfalls insinuiert CVP-Parteipräsidentin Andrea Strahm. Lehmann selber äussert sich nicht, sondern verweist auf Anfrage auf die Aussagen Strahms. Diese glaubt nun: Weil der Ständerat der Neuverteilung kritisch gegenüber stehe, sei das Anliegen sowieso chancenlos gewesen.

«Es hat einfach eine Stimme gefehlt – welche auch immer.» CVP-Parteipräsidentin Andrea Strahm 

Tatsächlich hat der Nationalrat in einem anderen Antrag bereits eine Entlastung der Geberkantone beschlossen. Basel-Stadt spart so 12,4 Millionen Franken jährlich. Beide Vorlagen im Ständerat durchbringen zu wollen, sei unrealistisch, so Strahm: «Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Unter diesem Aspekt hat Markus Lehmann sehr wohl für die Interessen Basels votiert.» Es sei lächerlich, das Scheitern an ihm aufzuhängen. «Es hat einfach eine Stimme gefehlt – welche auch immer.» 

Hatte CVP-Nationalrat Markus Lehmann als einziger den Durchblick? Hat er – anders als die bürgerlichen Kollegen und die Basler Regierung – Weitsicht bewiesen?

Eher nein, meint Kaspar Sutter vom Finanzdepartement: «In der ersten Lesung geht es darum, starke Positionen in einem Rat mehrheitsfähig zu machen. Je zahmer die Erstforderungen sind, desto minimaler wird ein Kompromiss ausfallen.»

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