Die Stadtplaner in der Verwaltung gingen mit einer Umfrage dem knappen Abstimmungsresultat über den Claraturm auf den Grund. Dabei fanden sie heraus, dass 44 Prozent der Basler gerne in einem Hochhaus wohnen würden.
«Diskutiert man über Wohnhochhäuser, dann diskutiert man über zwei hochemotionale Themen: Wohnen und das Stadtbild», sagt Jürg Degen, Abteilungsleiter im baselstädtischen Planungsamt. Anlass für Degens politische Reflexion war ein «Mediengespräch», zu welchem das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) eingeladen hatte. Thema: «Nacherhebung Abstimmung Claraturm».
Den äusserst knappen Abstimmungserfolg in Sachen Claraturm im Nacken (53 Prozent Ja) haben die Stadtplaner im BVD entschieden, der Sache gründlich auf den Grund zu gehen. Mit einer repräsentativen Umfrage sollte herausgefunden werden, welche Argumente im Abstimmungskampf die grösste Zug- und Überzeugungskraft entwickelten.
Also führte das Meinungsforschungsinstitut gfs.bern mit 1010 Basler Stimmberechtigten zwischen Januar und Februar eine Telefonumfrage durch. Die Ergebnisse wurden am Dienstagnachmittag im erwähnten Mediengespräch vorgestellt. Urs Bieri, Projektverantwortlicher bei gfs, raste in atemberaubendem Tempo durch seine Präsentation, durch seine Zahlen und Grafiken. Bieris Hauptaussage: «Es gibt in Basel keine generelle Ablehnung von Hochhäusern, die Bauprojekte werden von Fall zu Fall beurteilt.»
Beim Claraturm fielen demnach vier Argumente besonders ins Gewicht:
- Es entstehen mehr bezahlbare Wohnungen
- Es fallen ihm keine Grünflächen zum Opfer
- Das Areal schien geeignet
- Durch Verdichtung entsteht neuer Wohnraum
Die Gegenargumente waren eher emotionaler Natur und vermochten weniger zu überzeugen. Die drei wichtigsten waren:
- Das Kleinbasel verliert mit den Warteckhäusern ein Stück Tradition,
- einen lebendigen Ort
- und eine historische Häuserzeile.
Dennoch legten 47 Prozent letzten November ein Nein in die Urne. Bieri führt das auf ein Misstrauen der Politik gegenüber zurück. «Offensichtlich wurde im Parlament ein Entscheid getroffen, der von gewichtigen Gruppen nicht verstanden wurde und ein gewisses Misstrauen weckte.»
Auf Ablehnung stiess der Claraturm insbesondere dort, wo er gebaut wird. Im Kleinbasel sprachen sich 52 Prozent gegen den Bau aus, während im Grossbasel und in Riehen/Bettingen die Mehrheiten umgekehrt waren.
Interessant ist auch, dass die Zustimmung genau entlang dem Haushaltseinkommen verläuft: Je höher dieses ist, desto grösser ist der Anteil an Ja-Stimmen.
Letztlich, sagt Bieri, sei ausschlaggebend gewesen, dass viele der Pro-Argumente auch von Claraturm-Kritikern geteilt worden seien. «Die Einsicht, dass in Basel neuer Wohnraum nur noch durch Verdichtung zu erreichen sei, war beispielsweise breit vertreten.» Bieri kommt zum Schluss, dass die Gegner kein grundsätzliches Zeichen gegen Hochhäuser setzen wollten, da ihre wichtigsten Argumente sich auf den Standort bezogen haben.
Das heisst, Hochhäuser sind dann mehrheitsfähig, wenn der Standort stimmt. Um sich die Kommunikationsarbeit bei ähnlichen Bauprojekten in Zukunft zu erleichtern, liess das BVD weitere Eigenschaften abfragen, die ein Hochhaus aus Sicht der Stimmberechtigten erfüllen sollte.
Die Stadtplaner können also aufatmen, ging es ihnen bei der Umfrage doch vor allem auch darum, der Bevölkerung im Hinblick auf anstehende Hochhausprojekte den Puls zu fühlen. «Wir fühlen uns bestätigt», sagt Martin Sandtner, Leiter des Planungsamtes. Für Erleichterung bei den Stadtplanern sorgte insbesondere folgende Grafik:
«Befürworter mit individuellem Bezug» sind Hochhäusern gegenüber nicht abgeneigt und können sich vorstellen darin zu wohnen.
«44 Prozent der Stimmberechtigten können sich vorstellen, in einem Hochhaus zu wohnen», freut sich Sandtner. «Das bedeutet, wir planen nicht am Bedarf vorbei.» Denn die Stadtplaner haben noch weitere Hochhäuser in der Pipeline. «Als Nächstes kommt wohl der Südpark beim Bahnhof SBB und mittelfristig die Stadtrandbebauung Ost beim Bäumlihof», sagt Jürg Degen. Aktuell befinden sich nur etwa 5 Prozent des Wohnraumes in Wohnhochhäusern.