Erste Konsequenzen im Fall Maria

Die Suche nach den Eltern des kleinen blonden Mädchens, das vergangene Woche in einem griechischen Roma-Dorf entdeckt wurde, geht weiter. Auf der Vermisstenliste von Interpol steht das Kind nicht. Unterdessen zieht das wegen der Affäre ins Zwielicht geratene Athener Standesamt personelle Konsequenzen.

Das Mädchen, nur bekannt unter dem Namen Maria, wurde vergangene Woche in einer Roma-Siedlung nahe Farsala in Obhut eines Roma-Paares gefunden. Die Untersuchung ihrer Herkunft blieb bisher ohne Erfolg. (Bild: AP/Griechische Polizei)

Die Suche nach den Eltern des kleinen blonden Mädchens, das vergangene Woche in einem griechischen Roma-Dorf entdeckt wurde, geht weiter. Auf der Vermisstenliste von Interpol steht das Kind nicht. Unterdessen zieht das wegen der Affäre ins Zwielicht geratene Athener Standesamt personelle Konsequenzen.

Sechs Tage, nachdem Polizisten in einer Roma-Siedlung bei Farsala in Mittelgriechenland ein kleines blondes Mädchen entdeckten, ist die Herkunft des Kindes weiter ungeklärt. Auch die internationale Polizeibehörde Interpol konnte das Rätsel um Maria bisher nicht lösen. Die DNA-Proben des Mädchens stimmen mit keiner bei Interpol als vermisst gemeldeten Person überein, teilte die griechische Polizei am Dienstag mit.

Das Roma-Paar, eine 40-jährige Frau und ein 39 Jahre alter Mann, bei dem das Kind während einer Routine-Razzia entdeckt wurde, sitzt seit Montagabend in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Entführung, des Kinderhandels und der Urkundenfälschung.

«Ans Herz gewachsen»

Nachdem die vorgeblichen Eltern das Kind zunächst als ihr eigenes ausgegeben und später behauptet hatten, es vor einem Supermarkt gefunden zu haben, erklärte der Mann am Montag dem Ermittlungsrichter, ein Roma-Paar aus Bulgarien habe ihnen das Kind anvertraut. Er habe seine Frau gedrängt, das Mädchen den Behörden zu übergeben. Die Ehefrau bestätigte diese Darstellung und sagte, sie habe das Mädchen behalten, weil es ihr ans Herz gewachsen sei.

Die Ermittler suchen nun anhand einer Telefonnummer, die der vorgebliche Vater angab, nach dem bulgarischen Paar. Unklar ist, ob es sich bei dem Mädchen um ihr leibliches Kind handelt oder wie sonst es in ihre Obhut kam – wenn die Geschichte überhaupt stimmt.

Unterdessen soll ein anthropologisch geschulter Gerichtsmediziner zu klären versuchen, woher das Mädchen stammen könnte. Das sei aber bei einem noch nicht ausgewachsenen Kind nicht einfach, erklärte ein Experte der Internet-Zeitung «To Vima». Auch das Alter des Kindes konnte noch nicht genau festgestellt worden. Es ist aber wohl nicht, wie zunächst angenommen, vier Jahre alt sondern fünf bis sechs.

Bekanntes Spiel

Der Fall beleuchtet die in Griechenland offenbar weit verbreiteten Betrugspraktiken beim Kindergeld. Die jetzt in Untersuchungshaft sitzende Roma-Frau hatte zwei unterschiedliche Identitäten und zwei Familienstammbücher. Ihr Mann besaß ein drittes Stammbuch. In drei Gemeinden hatte das Paar insgesamt 14 Kinder gemeldet, für die sie nach Angaben aus Polizeikreisen Kindergeld und andere Zuschüsse von fast 2.800 Euro monatlich bezogen.

Dass die Frau innerhalb von 20 Monaten nacheinander sechs Kinder zur Welt gebracht haben will, fiel bei den Behörden offenbar niemandem auf oder wurde bewusst übersehen. Von den 14 gemeldeten Kindern des Paares scheinen nach bisherigen Ermittlungen nur vier tatsächlich zu existieren.

Standesbeamte suspendiert

Der Athener Bürgermeister Giorgos Kaminis suspendierte jetzt vier leitende Standesbeamte vom Dienst und leitete Disziplinarverfahren ein. In Athen war das Mädchen erst im Mai dieses Jahres im angeblichen Alter von vier Jahren «nachträglich» gemeldet worden.

Solche nachträglichen Geburtsanzeigen, für die es nur eine eidesstattliche Versicherung zweier Zeugen bedarf, häufen sich beim Athener Standesamt seit einigen Jahren: Gab es 2011 noch 50 solcher Fälle, waren es 2012 bereits 200 und im bisherigen Jahresverlauf 2013 schon über 400. In Polizeikreisen geht man davon aus, dass es die meisten dieser Kinder gar nicht gibt und sie nur gemeldet werden, um staatliche Zuwendungen zu kassieren.

Am Dienstag wies die Generalstaatsanwältin beim Obersten Gerichtshof die Staatsanwaltschaften im ganzen Land an, die aufgrund eidesstattlicher Versicherungen erfolgten Geburtsmeldungen bei den Standesämtern daraufhin zu prüfen, ob die gemeldeten Kinder überhaupt existieren und ob sie bei ihren biologischen Eltern leben.

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