Ferrari ist parat für die Formel-1-Saison 2013. Weniger bekannt ist, dass die Nobel-Flitzer-Firma aus Norditalien auch politisch ganz flott Gas gibt. Gegen Berlusconi und gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln.
«Rücksichtslose kapitalistische Bösewichte, die auf dem Rücken der Armen spekulieren, nur um für sich selbst immer mehr Reichtum zu akkumulieren und die Armen und die Drittweltländer auszubeuten, und sinnlosen Luxus für die Reichen zu produzieren»: Damit wolle man weder identifiziert werden, noch etwas zu tun haben. So steht es in einem Brief wörtlich, der nicht etwa im vorletzten Jahrhundert von Karl Marx an Friedrich Engels verschickt wurde, sondern jetzt gerade von der Firma Ferrari in Modena Italien an das Hilfswerk Solidar Suisse. Ferrari könne derlei nicht tolerieren, steht in dem Schreiben weiter.
Gnadenlos gegen Ziegen, Frauen und Kinder
Der Hintergrund des englisch verfassten Schreibens der italienischen Autobauer an die Schweizer Hilfswerker: Als Werbung für ihre Initiative gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln hatten letztere ein kleines Filmchen ins Internet gestellt, das effektiv einen Bösewicht zeigt, wie ihn die Firma Ferrari überaus trefflich beschreibt: Der geschniegelte, weisse Mann braust automobil in einer Staubwolke vor eine ganz offensichtlich ärmliche Hütte in Afrika, fährt fast noch eine meckernde Ziege tot, steigt aus und entreisst der vor ihrer Hütte hockenden, darbenden Familie (Mutter, Kinder, wimmernder Säugling) ihre kärgliche Feldkost, mit der er dann in seiner Luxuskaroasse davon donnert.
Das Problem dabei: Das Fahrzeug des Übeltäters ist ganz offensichtlich ein klassisch Ferrari-roter Ferrari. Und das können die Boliden-Bauer aus Modena natürlich nicht tolerieren: «Der Ferrari-Fahrer ist der üble (engl. «evil») reiche Mann, der mit den Armen spekuliert – ohne jegliche Gnade oder Respekt», stellen sie fest. Die versteckte Botschaft des Filmchens sei darum, dass «Ferrari solche rücksichtslose kapitalistische Bösewichte repräsentiere».
Ferrari gegen Berlusconi
Inzwischen hat Solidar Suisse eingesehen, dass das nicht geht, und den Ferrari verpixelt. Der «Blick» hat ein ähnliches Video online, dass einen Ferrari unter den Pixeln zeigt, der dem Ursprungsferrari zumindest ähnelt. Die antikapitalistische Rhetorik im Brief ist im Falle von Ferrari gar nicht so unglaubwürdig: Der oberste Chef und Inhaber der Firma, Luca di Montezemolo kämpft derzeit jedenfalls politisch engagiert gegen den kapitalistischen Bösewicht Silvio Berlusconi und gegen dessen Rückkehr an die Spitze des italienischen Staates. Er hat dafür extra die Partei «Italia Futura» gegründet, der auch Gewerkschafter angehören. Sie kämpft gegen Korruption und für grundlegende Reformen im Land.
«Sinnloser Luxus»
In der Kernkompetenz der Firma, den schnellen Autos, zeigt Ferrari derweil, dass weiterhin top ist: Bei ersten Tests für die Formel-1-Saison 2013 in Barcelona legte Ferrari-Fahrer Fernando Alonso locker die schnellste Runde hin. Und auch kommerziell läuft es: Für den neuen über eine Million teuren Ferrari F 150 musste die auf 499 Exemplare limitierte Auflage der grossen Nachfrage wegen schon erweitert werden.
Und da stellt sich «at the end of the day», wie Ferrari im Brief salopp formuliert, die Frage, ob unter den gut betuchten Ferrari-Kunden nicht halt doch der eine oder andere «üble» Lebensmittel-Spekulant sein könnte, der sich nebst anderem «sinnlosem Luxus» (Ferrari im Brief) wie Yacht und Zweitwohnung auch noch den «bisher stärksten und schnellsten» Strassen-Ferrari (der «Spiegel») aus Maranello zugelegt hat.