Der Zuger Regierungsrat hat der Cham Paper Group den Innovationspreis 2012 verliehen. Die Firma wird demnächst rund 70 Prozent ihres Personals entlassen.
Im November hat die Cham Paper Group den Zuger Innovationspreis für die Entwicklung eines Spezialpapiers erhalten. Die Preisverleihung erfolgte für eine von der Firma entwickelte Verpackungslösung, die Kunststoffe und Aluminium ersetzen kann. Der Zuger Innovationspreis wird vergeben für «wirtschaftlich, sozial oder ökologisch sinnvolle Modelle». Die Preissumme beträgt 20 000 Franken.
Die Cham Paper Group war vor rund einem Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil die Firma bekannt gab, dass 220 Arbeiter oder rund 70 Prozent der bisherigen Belegschaft am Standort Cham ihre Arbeit verlieren würden. Die meisten dieser Stellen werden nach Italien verlagert.
Regierungsrat muss sich rechtfertigen
Die Verleihung des Preises sorgte für entsprechend Diskussionen. Die Fraktion der Alternativen/Grünen wollte vom Regierungsrat in einer Interpellation wissen, warum der Kanton ausgerechnet eine Firma auszeichne, welche einen dermassen massiven Stellenabbau vornehme.
In der vergangenen Woche verteidigte der Zuger Volkswirtschaftsdirektor Matthias Michel im Zuger Kantonsrat die Wahl. Der Regierungsrat habe mit der Preisverleihung eine produzierende Firma ausgezeichnet. Damit habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass es wichtig sei, dass dieser Sektor im Kanton stark bleibe. «Es wäre durchaus möglich gewesen, dass der Industriebetrieb den gesamten Produktionsstandort in Cham geschlossen und ins Ausland verlegt hätte.» Es liege nicht an der Jury, eine Bewerbung aus politischen Gründen zurückzustufen. Weil es sich um einen Innovationspreis handle, stehe jeweils auch die Innovationskraft eines Produktes im Vordergrund.
Kritik verstummt nicht
Für die Interpellanten bleibt die vorgenommene Preisverleihung trotzdem ungeschickt. Die Chamer Kantonsrätin Esther Haas von der Grünen Alternativen Fraktion erwartet nun von der Besitzerfamilie der Cham Paper Group ein echtes Bekenntnis für einen langjährigen Verbleib der Firma am Standort Cham: «Die Aussage des CEO, dass die 90 Arbeitsplätze für die nächsten zwei bis drei Jahre in Cham bleiben, ist für mich kein klares Bekenntnis zum Standort Cham.» Die Firma erfülle auf diese Weise die Anforderungen des Preises bezüglich Innovation, sozialer Gerechtigkeit und Arbeitsplatzsicherung nicht.
Firma kann vielleicht bald von einer Umzonung profitieren
Hans Hartmann von der Gewerkschaft Unia zeigt sich ob der erfolgten Preisverleihung ebenfalls empört. Die Auslagerung der Stellen erfolge nicht wegen einer Absatzkrise, sondern einfach, um Lohnkosten zu sparen. «Dass der Zuger Regierungsrat ausgerechnet einer solchen Firma einen Innovationspreis für eine «nachhaltige Verpackungslösung» erteilt, ist ein Affront gegenüber den Opfern dieser rücksichtslosen Profitlogik.»
Besonders bitter für die Betroffenen sei zudem, wie absehbar es sei, dass die Firma in Cham schon sehr bald Nutzniesserin einer Umzonung werden könnte. In der Tat soll auf dem frei werdenden Fabrikareal von rund 100’000 Quadratmetern ein neuer Stadtteil entstehen. Die Cham Paper beabsichtigt, das Areal als Wohn- und Arbeitsquartier zur Verfügung zu stellen. Falls die Bevölkerung zustimmt, wird die Fläche schon bald ein Mehrfaches wert sein.
Am kommenden Montag wird die Chamer Gemeindeversammlung über einen entsprechenden Planungskredit zu befinden haben.