Die französische Polizei hat in Paris ein Strassenlager mit 3500 Flüchtlingen und Migranten geräumt. Sie will verhindern, dass das aufgelöste Zeltcamp von Calais in der Hauptstadt neu entsteht.
Der Grosseinsatz begann am Freitag kurz vor 6 Uhr morgens. Wie vor Wochenfrist in Calais am Ärmelkanal waren die Zeltbewohner vorab informiert worden. Sie leisteten keinen Widerstand und liessen sich in die 90 vorfahrenden Busse bringen; als einziges Hab und Gut führten viele meist einen halbwegs gefüllten Plastiksack mit sich.
Nach Behördenangaben wurden 3500 Flüchtlinge und Migranten in diverse Aufnahmezentren vor allem in der Pariser Agglomeration gebracht. «Wir haben Platz, um sie alle zu beherbergen», verkündete die grüne Wohnungsministerin Emmanuelle Cosse am Freitag. Mangels Platz musste die Polizei allerdings auch Hotels und Turnhallen requirieren. Die Afghanen, Sudanesen oder Eritreer sollen dort in den nächsten Tagen ein Asylgesuch stellen können.
Die gross angelegte Operation hatte das unausgesprochene Ziel, eine Sogwirkung auf Paris zu verhindern, nachdem die Polizei das Dünen-Lager in Calais, das als «Dschungel» bekannt geworden war, Mitte dieser Woche endgültig geschlossen hat.
In den nächsten Tagen will die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo in der Nähe ein neues Auffangzentrum eröffnen. Nach monatelangen Bauarbeiten soll es vorerst 400, später 600 Asylsuchende von der Strasse holen. Sie sollen dort für jeweils einige Tage geheizten Unterschlupf finden, bevor sie in die Asylzentren kommen. Das Gebäude dürfte rasch ausgelastet sein, kommen doch täglich zwischen 60 und 80 Flüchtlinge und Migranten in Paris an.
Ungewisse Versprechen
Die französische Hauptstadt entwickelt sich nach Calais generell zu einem neuen Anziehungspunkt. Viele Afghanen, aber auch anglophone Afrikaner scheinen angesichts der harten Haltung der britischen Regierung seit dem Brexit umzudenken. Rund um «Stalingrad» hörte man diese Woche öfters, sie würden mittlerweile lieber in Frankreich bleiben.
Beeindruckt von der deutschen «Willkommenskultur» gegenüber einer Million Asylsuchenden, zeigt sich die französische Regierung heute bereit, in diesem Jahr deren 100’000 aufzunehmen. Im Präsidentschaftswahlkampf kann die Stimmung aber rasch wieder umschlagen.