Franzosen lassen Freund und Feind stehen

Französische Truppen sind im Norden Malis auf dem Vormarsch. Die Alliierten kommen kaum mehr mit. Namentlich die USA bleiben auf Distanz.

Malische Soldaten an einem Checkpoint bei Gao. (Bild: Keystone)

Französische Truppen sind im Norden Malis auf dem Vormarsch. Die Alliierten kommen kaum mehr mit. Namentlich die USA bleiben auf Distanz.

Laut dem Verteidigungsministerium in Paris haben französische und malische Einheiten am Wochenende die grösste nordmalische Stadt Gao erobert. Ein Dutzend Islamisten seien dabei ums Leben gekommen. Laut Augenzeugen feierten die Einwohner in den Strassen die Befreiung von den Islamisten, die im vergangenen Jahr dort die Scharia ausgerufen hatten.
 
Am Sonntag bombardierten französische Flugzeuge auch Stellungen von Dschihadisten in der Provinzstadt Kidal. In Paris gab Premierminister Jean-Marc Ayrault bekannt, französische Truppen näherten sich auch Timbuktu. Dort sollen die Milizen des Al Kaida-Ablegers Aqmi schon vor Tagen zum Rückzug geblasen haben.
 
Mit diesen drei wichtigsten Städten des umkämpften Gebietes verlören die Islamisten ihre Hauptbastionen. Militärexperten spekulieren, wie weit es sich um einen taktischen Rückzug handelt. Im französischen Generalstab herrscht eine gewisse Erleichterung, dass es den Gotteskriegern bisher nicht gelungen sei, in der städtischen Bevölkerung aufzugehen und diese als Schutzschilde zu benützen.

Blitzoffensive

Der Vormarsch der rund 2500 französischen Elitesoldaten verwandelt sich auf jeden Fall nach einem harzigen Beginn mehr und mehr in eine Blitzoffensive. Die malischen Einheiten und die afrikanische Einsatztruppe Misma halten damit kaum Schritt. Am Sonntag sagten Staaten der Afrikanischen Union (AU) in Addis Abeba insgesamt knapp 8000 Soldaten für den Mali-Einsatz zu. Operativ sind allerdings erst 1700. Die Kosten des Misma-Kontingentes werden auf 700 Millionen Dollar geschätzt. Japan hat 100 Millionen zugesagt, Deutschland schickt Ausrüstung und Lastwagen, aber keine Waffen.
 
Frankreich muss seine Operation hingegen weitgehend selber stemmen. Einige EU-Staaten leisten geringe logistische Hilfe. Ein französisches Gesuch um geeignete Flugzeuge für die Luftbetankung wird hingegen in Berlin nach wie vor «geprüft», wie Der Spiegel am Sonntag berichtete. Die US Air Force schickte den Franzosen zwei grosse C-17-Transporter – und damit die Rechnung über 20 Millionen Dollar. «Einen Partner zahlen zu lassen, der im Sahel-Sand allein gegen die allgemein anerkannte Dschihad-Gefahr kämpft?», fragte voller Entrüstung die Zeitung Le Monde, laut der Washington auf das Einkassieren schliesslich doch verzichtete. Um die Scherben zu kitten, rief US-Präsident Barack Obama seinen französischen Amtskollegen François Hollande am Freitag an – zum ersten Mal seit Kriegsbeginn in Mali.

USA im Abseits

In Paris staunt man zunehmend über das amerikanische Abseitsstehen. Washington hatte schon 2004 eine grossflächige Anti-Terror-Initiative im Sahel gestartet und unterhält in Burkina eine einst geheime Militärbasis. Die Obama-Administration hatte allerdings Ende 2012 vor einem französisch geführten Militäreinsatz gewarnt, solange die politische Lage in der malischen Hauptstadt Bamako nicht konsolidiert sei. In Paris weist man darauf hin, dass Washington den malischen Putschoffizier Amadou Sanogo selbst ausgebildet habe. Als Fehler erwies sich auch die US-Waffenhilfe für einzelne Tuareg-Einheiten, die heute zum Teil auf der Seite der Islamisten kämpfen.
 
Generell wird das Eingreifen der Ex-Kolonie Frankreich in Mali aber wird von Washington nicht als «desinteressiert» eingestuft. Terrorspezialisten im Pentagon, aber etwa auch in Algier befürchten zudem, dass der Kaida-Ableger Aqmi im riesigen Wüstengebiet des Nordmali über genug Mittel – aus Drogenhandel und Geiselnahmen – verfüge, um auch nach einer militärischen Niederlage Guerillaaktionen und Terroranschläge zu planen. Hollande machte aber Anfang Januar klar, dass dies nicht dagegen spreche, die Bildung eines neuen «Gottesstaates» im Herzen Westafrikas zu verhindern.

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