Frauenquote: Die falschen Angaben der Befürworter

Basel-Stadt führt möglicherweise als erster Kanton eine Frauenquote in den massgebenden Gremien der staatsnahen Betriebe ein. Der Entscheid fällt am 9. Februar. Im Abstimmungskampf wird viel mit Zahlen argumentiert – mit veralteten, irreführenden und falschen auch.

Die Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro (FDP) ist in mehreren Verwaltungsräten die einzige Frau – unter anderem im EuroAirport. Das hindert die Befürworter einer Frauenquote aber nicht daran, von einem reinem Männerclub zu sprechen. (Bild: Keystone)

Basel-Stadt führt möglicherweise als erster Kanton eine Frauenquote in den massgebenden Gremien der staatsnahen Betriebe ein. Der Entscheid fällt am 9. Februar. Im Abstimmungskampf wird viel mit Zahlen argumentiert – mit veralteten, irreführenden und falschen auch.

In der EU, in der Schweiz, speziell in Basel-Stadt: Frauenquoten sind im Trend. In Basel hat der Grosse Rat vor Kurzem einen Vorstoss mit der Forderung nach einer Frauenquote von 35 Prozent für die Kaderstellen des Kantons überwiesen. Und am 9. Februar stimmt das Stadtvolk über die Einführung einer Quote von einem Drittel in den Verwaltungs- und Aufsichtsräten der staatsnahen Betrieben und Institutionen ab. Eine solche Regelung wäre ein Novum in der Schweiz.

Offenbar ist Basel also modern. Umso überraschender sind die veralteten (oder ganz einfach falschen) Zahlen, die nun im Abstimmungskampf von den Befürworterinnen und Befürwortern herumgeboten werden. Ganz oben auf ihrer Homepage waren folgende Behauptungen zu finden:

  • Der Frauenanteil in den Verwaltungsräten der staatsnahen Betrieben liegt bei durchschnittlich 17 Prozent
  • Im achtköpfigen Verwaltungsrat des EuroAirports sitzt gar keine Frau
  • Nur vier beziehungsweise 20 Prozent der Strategie- und Aufsichtsgremien bringen es heute schon auf eine Quote von 30 Prozent

Tatsächlich liegt der Frauenanteil gemäss den aktuellen Daten für 2014 bei 18,8 Prozent (knapp 2 Prozent höher also als behauptet, mehr dazu auf der Rückseite dieses Artikels). Der Verwaltungsrat des EuroAirports ist sechzehn- und nicht achtköpfig (sofern man den acht französischen Mitglieder nicht unterstellen will, sie seien kopflos). Und als reinen Männerclub kann man ihn auch nicht bezeichnen. Die Baselbieter Baudirektorin Sabine Pegoraro ist sowohl Frau als auch VR-Mitglied.

Schon plausibler ist da die Aussage, dass bis jetzt nur vier Gremien eine 30 Prozent-Quote haben. In Prozent ausgedrückt sind das allerdings 23,5 (und nicht etwa 20).

Von den fünf Zahlenangaben auf der Internetseite der Befürworter sind damit vier falsch. 80 Prozent – eine stolze Quote.

Basel-Stadt will die Quote auch anderen Kantonen aufzwingen

Die Fehler ändern zudem nichts daran, dass der Hauptvorwurf der Befürworterinnen stimmt: dass Frauen in den Verwaltungs- und Aufsichtsräten der staatsnahen Betriebe tatsächlich massiv untervertreten sind.

Und selbstverständlich kann man auch einwenden, der Hinweis auf die französischen Vertreter im des Euro-Airports sei etwas gar spitzfindig, da diese Verwaltungsräte ja ohnehin nicht von der Basler Regierung oder dem Grossen Rat gewählt werden können.

Dahinter verbirgt sich aber ein tiefer liegendes Problem, auf das wir in unserer Wochenausgabe schon einmal aufmerksam gemacht haben:

Bei weniger als einem Drittel der insgesamt 17 betroffenen Gremien werden die Mitglieder allein von der Basler Politik bestimmt. In allen anderen Institutionen bestimmen die jeweiligen Partner ihre Verwaltungs­räte selbst. Im Falle etwa des Unirates oder des Kinderspitalrates sind das die Baselbieter, beim Fachhochschulrat ebenfalls die Landschäftler und zusätzlich die Aargauer und Solothurner, während im Verwaltungsrat des EuroAirports letztere beiden Kantone nicht vertreten sind, dafür aber der Bund und eben Frankreich.

Ihnen allen können die Basler eigentlich keine Quoten vorschreiben. Sie versuchen es aber dennoch. Gemäss Ratschlag sollen die Basler in allen 17 Gremien dafür sorgen, dass sich auch die anderen Kantone um eine «ausgewogene Besetzung des Strategie- und Aufsichts­organs bemühen». Und wenn die Basler selbst die Drittelsquote nicht erfüllen können, weil bei ihnen die Männer von Amtes wegen gesetzt sind (wie etwa Regierungspräsident Guy Morin und Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin im EuroAiport), dann sollen eben die anderen Kantone und Organisationen mehr Frauen schicken. Es müssten sich eben «sämtliche Parteien» um eine «ausgewogene Besetzung des Gesamtgremiums bemühen», heisst es dazu im Ratschlag.

Selbstverständlich hat sich die Basler Regierung auch schon die Mühe gemacht, auszurechnen, wie viele Männer von allen «Parteien» durch Frauen ersetzt werden müssten, damit die Drittelsquote erfüllt werden kann – 27 wären es.

Schlechtes Vorbild

Allen anderen die Quote aufzuzwingen – das ist schon ein überraschend forscher Anspruch für einen Kanton, der sich über viele Jahre hinweg in der Frauenförderung nicht eben hervorgetan hat. Die massgebenden Gremien des EuroAirports, des Kraftwerks Birsfelden oder der Hardwasser AG sind nur dank einer Baselbieterin ­keine reinen Männergremien – Baudirektorin Sabine Pegoraro.

Durchkommen werden die Basler mit ihrem Anspruch aber ohnehin nicht. Der Solothurner Regierungssprecher Dagobert Cahannes hielt jedenfalls schon mal fest, dass ein Entscheid von Basel für die Nachbarkantone nicht bindend sein könne.

Einhalten lässt sich das Versprechen auf mindestens einen Drittel Frauen in den massgebenden Gremien wohl kaum unter diesen Voraussetzungen.

Es sei denn, man berechne dieses Drittel ähnlich kreativ wie SP-Grossrat Stephan Luethi, der sein Engagement für die Einführung einer Quote in Basel wie folgt erklärt: «51 Prozent der Bevölkerung sind Frauen, der Rest Männer. Wie sieht wohl eine angemessene Vertretung aus? Rechne!»

Schwierige Aufgabe. 51 Prozent Frauen, 49 Männer Prozent vielleicht? Oder der Einfachheit halber 50:50?

Nein! Bei Luethi gibts offenbar ein Drittel.

Irgendwie kommt man immer drauf.

Update: Nachdem die TagesWoche am 27. Januar auf die Fehler aufmerksam gemacht hatte, wurden diese vom Ja-Komitee zumindest teilweise korrigiert.

Artikelgeschichte

Nachdem die TagesWoche am 27. Januar auf die Fehler auf der Internetseite des Komitees für eine Geschlechterquote aufmerksam gemacht hatte, wurden diese am 28. Januar vom Ja-Komitee zumindest teilweise korrigiert.

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