Gefordert: Schwester Rösli

Schwester Rösli sorgt dafür, dass jedes Jahr 500 Paar handgestrickte Socken für den Basler Soggeball der Schausteller parat sind.

Herrin über Männersocken: Schwester Rösli (Bild: Cédric Merkli)

Schwester Rösli sorgt dafür, dass jedes Jahr 500 Paar handgestrickte Socken für den Basler Soggeball der Schausteller parat sind.

Zwar kennt jede Baslerin und jeder Basler die rund 80-jährige Tradition des Soggeballs, der jeweils am zweiten Mäss-Montag im «Alten Warteck» von der Basler Bibel­ge­sell­schaft ausgerichtet wird, und viele von ihnen wissen auch, dass die Schausteller dort ein warmes Essen und ein paar Socken geschenkt bekommen. Aber in einer Zeit, in der Socken eine Wegwerfware sind, verschwenden wohl die wenigsten einen weiteren Gedanken an diese Ball-Socken.

Doch die Schausteller erhalten keinen billigen Plunder, der Schweissfüsse verursacht, sondern schöne, wärmende Wollsocken. Gestrickt von vielen emsigen Frauen mit flinken Fingern, von älteren Frauen, die noch wissen, wie das geht. Und Chefin über alle Socken ist die 65-jährige Schwester Rösli, Diakonissin aus Riehen. Bei ihr laufen sprichwörtlich die Fäden zusammen. Sie hat die Übersicht über Strickerinnen und Socken. Denn es ist ein kleines logistisches Kunstwerk, jedes Jahr rund 500 Paar Socken für den Ball zusammenzubringen. Auch wenn es letztlich «nur» um etwa 200 Männer geht – «ich brauche so viele», sagt Schwester Rösli, «damit ich genügend zur Auswahl habe.» Für all die verschieden grossen Füsse und die ebenso verschiedenen Farb- und Musterwünsche. Die Socken kämen von überall her, sagt sie. Zehn Paare seien sogar aus Deutschland geschickt worden, andere aus Winterthur, aus dem Kanton Bern, aber auch aus Basel, von einer Strickgruppe aus dem Zwinglihaus. Und wer nicht selber stricken kann oder mag, spendet Wolle, wie in diesem Jahr der Frauenverein der Schweizer Schausteller.

Inzwischen ist Schwester Rösli parat für den Ball. Fast. Auf dem Tisch in der Nähstube des Diakonissenhauses liegen zwar noch viele Socken – geringelte, melierte, unifarbene, die Schwester Rösli zusammen mit zwei Helferinnen noch auf mögliche Fehler untersuchen, ausmessen, mit der Grösse beschriften und mit einem Geschenkbändeli versehen muss, aber die meisten sind bereits verpackt. Am Montag dann, wenn das Fest steigt, wird das Servicepersonal von Tisch zu Tisch gehen und die Bestellungen für die Socken – Grössen und Farben – aufnehmen, um diese nach dem Essen an die Herren Schausteller zu verteilen. Und deren Frauen? Für sie gebe es ein «Frauengeschenkli», sagt Schwester Rösli. Und wenn es ihnen nicht gefalle, «dürfen sie sich Amedysli aussuchen». Auch diese gestrickt von vielen emsigen Frauen mit flinken Fingern.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 04/11/11

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