Doppelmord im Breite-Quartier: Die Verhandlung sei Teil der öffentlichen Aufarbeitung, sagt Gerichtspräsident Dominik Kiener, nachdem er den Täter zu einer stationären psychiatrischen Massnahme verurteilt hat.
Das Urteil war am Dienstagvormittag schnell verkündet. Der 23-jährige Stefan (Name geändert), der im letzten Herbst zwei Frauen umgebracht und einen Mann schwer verletzt hat, kommt in eine stationäre psychiatrische Behandlung. Denn obwohl Stefan die Tat gesteht und die Beweise dies zweifelsfrei belegen, ist der junge Mann nicht schuldig. Nicht schuldfähig, wie ein forensisch-psychiatrisches Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft ergab. Stefan leidet an einer paranoiden Schizophrenie.
Diese Krankheit sei jedoch kein Grund, bei den Taten nicht von einem Mord zu sprechen, wie Gerichtspräsident Dominik Kiener in seiner Urteilsbegründung sagt. «Wenn das kein Mord ist, dann weiss ich nicht, was ein Mord sein soll.» Alternativ hätte die Tat auch als vorsätzliche Tötung qualifiziert werden können.
«Wenn das kein Mord ist, dann weiss ich nicht, was ein Mord sein soll.»
Zuvor rollte Kiener noch einmal den gesamten Sachverhalt aus und ging auf Stefans Vor- und Krankengeschichte sowie den Tathergang ein. Insbesondere betonte er, dass der Beschuldigte mit seinem intensiven Marihuana-Konsum zum Fortschreiten seiner Krankheit ein Stück weit selbst beigetragen habe. Auch dessen beharrliche Weigerung, sich in geeigneter Form behandeln zu lassen, sei fatal gewesen. Kiener nahm zudem die Familie in Schutz. «Bis zur Tat hat es keine Anzeichen gegeben, dass Sie zu einer solchen Gewalttat fähig sind.»
Für die Tat selbst findet Kiener deutliche Worte. «Ich habe in meiner Zeit am Strafgericht noch nie einen solchen grausamen Mord beurteilen müssen.» Weil die Befragung von Stefan am Vortag kaum etwas hervorgebracht habe, könne man über die Gründe nur spekulieren. «Die Tat war offenbar eine Ausgeburt Ihrer Krankheit. Vielleicht sahen Sie in den Opfern Dämonen, die es zu beseitigen galt. Wir werden es leider wohl nie wissen.»
Die TagesWoche sprach nach der Verhandlung mit Gerichtspräsident Dominik Kiener:
Herr Kiener, Anklage und Verteidigung waren sich einig, dass der Beschuldigte in eine stationäre Behandlung gehört. Worüber musste das Gericht überhaupt noch beraten?
Selbst wenn sich die Parteien einig sind, muss das Gericht den Sachverhalt eigenständig einordnen und sich ein Bild vom Beschuldigten und der Tat machen. Es darf auch nicht sein, dass ein solches Ereignis einfach überstürzt verhandelt wird, bloss weil die Sachlage eindeutig ist. Die gerichtliche Verhandlung ist ein wichtiger Teil der öffentlichen Aufarbeitung einer solchen Tragödie. Der Täter hat die Möglichkeit, seine Tat zu erklären oder zumindest etwas dazu zu sagen. Die Öffentlichkeit wiederum kann sich ein Bild vom Täter machen, kann sehen, wie krank er wirklich ist. Auch wenn dies letztlich sehr unbefriedigend ist, da keine eigentliche Strafe ausgesprochen wird.
Wie gross war Ihr Spielraum bei der Bemessung des Strafmasses?
Der war relativ klein. Wir hielten uns diesbezüglich an das forensisch-psychiatrische Gutachten. Einzig bei der Qualifizierung der Tat lag es an uns, zu entscheiden, ob es sich trotz Schuldunfähigkeit des Täters um einen Mord handelt.
Gibt es solche Verhandlungen oft, bei denen es nicht darum geht, einen Schuldigen zu finden, sondern bei denen lediglich noch die geeignete Massnahme für den Täter zu bestimmen ist?
In Basel war dies zuletzt beim Amokfahrer der Fall, der auf der Mittleren Brücke eine Frau getötet und sieben weitere Personen verletzt hat. Bei aller Eindeutigkeit ist es nötig, dass solche Ereignisse durch die öffentliche Verhandlung zu einem Abschluss finden.