Es war ein einmaliger Akt: Die Messe versprach die Lohndumpingkontrollen zu zahlen. Im Gegenzug sicherten die Gewerkschaften zu, keine Lohndumpingfälle öffentlich zu machen. Die Gewerkschaften würden auf diesen Handel kein zweites Mal eingehen.
Der Kontrast an der gemeinsamen Pressekonferenz zu den Auf- und Abbauarbeiten der Uhren- und Schmuckmesse Baselworld hätte nicht grösser sein können: Auf der einen Seite Hansjürg Dolder, Leiter des Amtes für Wirtschaft und Arbeit. Er lobte die «sehr hohe» Arbeitssicherheit und das Verantwortungsgefühl von Arbeitern und der Messe beim Aufbau- der Baselworld und sagte: «Wir stellten keine Verstösse gegen das Arbeitsgesetz fest.»
Auf der andern Seite Hansueli Scheidegger von der Gewerkschaft Unia, der ungläubig reagiert: «Wie können Sie einen solchen Persilschein ausstellen, wenn nicht einmal die Arbeitszeiten der Standbauer nachprüfbar erfasst wurden?», fragte er den Chefbeamten. Die Gewerkschaft habe etwa von Arbeitern erfahren, dass sie zwar auf dem Papier korrekt bezahlt wurden, für eine 40-Stunden-Woche, tatsächlich gearbeitet hätten sie aber 80 Stunden.
Zahlensalat
Das ist nicht die einzige Ungereimtheit. Erstaunlich waren insbesondere die präsentierten Zahlen. Ursprünglich hatte das Amt für Wirtschaft und Arbeit angekündigt, dass bis zu 20’000 ausländische Standbauer die Baselworld aufbauen würden. Gemäss Zahlen der Baustellenkontrolle Basko waren es jetzt aber nur knapp 4000 und davon soll sich nur etwa ein Drittel als Selbständige ausgegeben haben.
Vor zwei Monaten machte die TagesWoche publik, dass es an der Baselworld von Scheinselbständigen wimmelte, und zitierte Marco Christ, Leiter der Baustellenkontrolle Basel: 80 Prozent der Standbauer seien auf dem Papier selbständig.
Die angeblich Selbständigen haben gegenüber Angestellten den immensen Vorteil, dass sie sich nicht an die Mindestlöhne halten müssen. Bei Selbständigen gibt es keinen Mindestlohn, deshalb keine Dumpinglöhne, selbst wenn diese für Tieflöhne ab zehn Euro die Stunde arbeiten.
Kein Deal mehr
Gewerkschafter Hansueli Scheidegger machte klar, dass die Gewerkschaft nur dann weiter in einer Arbeitsgruppe an einer sinnvollen Lösung für die Standbauer arbeite, die erst seit kurzem dem Gesamtarbeitsvertrag Schreiner unterstellt sind, wenn das Problem der Scheinselbständigkeit und die Arbeitszeiterfassung befriedigend gelöst werden könnten. Dazu kämen sehr viele Unbekannte, so wisse etwa immer noch niemand, wie viele Arbeiter denn tatsächlich die Baselworld aufgebaut hätten.
Zu viele Ungereimtheiten für den Gewerkschafter, der gegenüber der TagesWoche erklärte, dass die Gewerkschaften kein zweites Mal Hand bieten würden zu einem Deal, bei dem die Messe die Kosten für die Lohndumpingkontrollen vorschiesst, die Gewerkschaften im Gegenzug versprechen, keine Lohndumpingfälle öffentlich zu machen. «Die Messe hat mit ihrer Anzeige gegen die illegale Party auf dem Messeplatz klar deklariert, dass sie das Recht zu hundert Prozent durchsetzen will. Wir erwarten, dass sie genau so konsequent das Arbeitsrecht bei den Auf- und Abbauarbeiten der nächsten Baselworld durchsetzt», sagte er.
Expomobilia hat Verfahren am Hals
Noch ist keine einzige Lohndumpingkontrolle abgeschlossen. Verschiedene Verfahren gegen mutmasslich Scheinselbständige sind aber eingeleitet. Im Fokus ist unter anderem auch ein Subunternehmen der Tochterfirma der Messe, dem Messestandbauer Expomobilia. Messe-Verwaltungspräsident Ueli Vischer erklärte, auch wenn die Messe nur mit ihrer Tochterfirma Expomobilia vor Ort sei, ansonsten den Ausstellern lediglich den Raum vermiete, fühle man sich doch auch verantwortlich dafür, was arbeitsrechtlich abgehe. Deshalb habe sich die Messe auch engagiert.
Und Vischer strich das Positive hervor: Es habe keine Schwarzarbeit, keine Unfälle und keine Lohnklagen gegeben. Im Hinblick auf die Baselworld 2014 gehe es jetzt um die anspruchsvolle Aufgabe, eine gute und faire Lösung zu finden. Angesprochen auf die fehlende Arbeitszeiterfassung der Standbauer, die eine seriöse Kontrolle der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit verhindere, meinte Vischer, es sei die Aufgabe der Behörden, zu entscheiden, ob eine Arbeitszeiterfassung nötig sei oder nicht.