Die Firma Stöcklin Logistik zieht den Fall von sechs Grenzgängern, die sich gegen einen Euro-Lohn wehrten, vor Kantonsgericht. Damit steigen die Chancen, dass die Zweiklassengesellschaft von Grenzgängern und inländischen Arbeitnehmern bald Geschichte sein wird.
Arbeitgeber dürfen Grenzgänger für dieselbe Arbeit nicht schlechter zahlen. (Symbolbild) (Bild: sda)
Die Niederlage der Firma Stöcklin Logistik vor dem Bezirksgericht Arlesheim hätte nicht deutlicher ausfallen können: «Die Klage ist vollumfänglich gutzuheissen», urteilte das Gericht. Geklagt hatten sechs Grenzgänger gegen ihre Kündigung, unterstützt von der Gewerkschaft Unia. Der Aescher Fördertechnik-Spezialisten Stöcklin Logistik hatte im Sommer 2010 den Grenzgängern wegen des starken Frankens eine Lohnreduktion um sechs Prozent vorgeschlagen. Betroffen war ein Drittel der Belegschaft, die so Lohneinbussen von mindestens 300 Franken monatlich erlitten. Sechs Mitarbeitende akzeptierten diese Lohnkürzung nicht. Sie erhielten darauf die Kündigung.
Jetzt zieht die Firma Stöcklin das Urteil ans Baselbieter Kantonsgericht, legt Berufung ein. Dies bestätigt Christine Baltzer, Präsidentin der Abteilung Zivilgericht des Kantonsgerichts gegenüber der TagesWoche. Die sechs Grenzgänger haben jetzt erst einmal dreissig Tage Zeit, um auf diese begründete Berufung zu antworten. Danach wird das Gericht beurteilen, ob es zu einer Einigungsverhandlung einlädt oder den Fall direkt in einer Dreierkammer behandelt.
Wegweisendes Urteil erwartet
Wegen Fristen, die eingehalten werden müssen, und der Gerichtsferien im Sommer wird es frühestens im September zu einer Verhandlung kommen. Diese wird auf jeden Fall öffentlich sein, verspricht die Gerichtspräsidentin. Experten gehen davon aus, dass das Urteil wegweisend sein und für das Ende der Zweiklassengesellschaft von Grenzgängern und inländischen Angestellten sorgen wird.
Diese befand auch das Bezirksgericht in seinem Entscheid von Ende Januar: Es sei diskriminierend, wenn eine Firma ihren Grenzgängern für dieselbe Arbeit einen tieferen Lohn als ihren Schweizer Angestellten zahle. Mit dieser Diskriminerung sei das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU verletzt.
Lebensumstände haben keinen Einfluss
Tiefere Lebenshaltungskosten seien keine Rechtfertigung, um den Lohn zu kürzen. Denn wo ein Angestellter wohne, sei Teil seiner privaten Lebensumstände. Genauso, ob ein Angestellter in einem Doppelverdiener-Haushalt lebe oder alleinverdienender Familienvater sei. Auf die Arbeitsleistung habe dies keinen Einfluss und dürfe deshalb bei der Lohnhöhe keine Rolle spielen.
Und das Gericht kommt zum Schluss, dass Unternehmen trotz starkem Franken ihren Angestellten den Lohn auch nicht plötzlich in Euro zahlen dürften. Das Währungsrisiko sei ein typisches Betriebsrisiko und dieses dürfe gemäss Obligationenrecht nicht auf die Angestellten überwälzt werden.