Die Basler SP hat die Weichen für die kommenden Parlamentswahlen gestellt. Im Fokus der Parteiversammlung stand die Frage, ob Ständerätin Anita Fetz eine Amtszeitverlängerung erhält. Fetz setzte sich schliesslich gegen eine Schatten-Gruppierung um Finanzdirektorin Eva Herzog durch.
Die Parteileitung der Basler SP hat namhafte Verstärkung beordert. Aus Bundesbern war eigens Parteichef Christian Levrat nach Basel ins Volkshaus an die Delegiertenversammlung der SP gekommen, an der die Nominationen für die kommenden National- und Ständeratswahlen anstanden.
Levrat schwor die Genossen auf einen heftigen Kampf ein gegen die SVP «und deren Vorstellung einer Schweiz, in der es für euch keinen Platz hat». Vor allem aber forderte Levrat die Basler Delegierten dazu auf, keine Fehler zu machen, die in seinen Augen zur Schlappe der Baselbieter Schwesterpartei an den Regierungsratswahlen geführt haben.
Denn in der Basler SP rumorte es vor dem Parteitag. Die Zeit von Nationalrätin Silvia Schenker und Ständerätin Anita Fetz ist eigentlich abgelaufen, so steht es in den Statuten. Nach zwölf Jahren im Amt muss Schluss sein, es sei denn, die Delegierten gewähren mit Zweidrittelsmehrheit eine Verlängerung.
Dass diese zu gewähren sei, daran liess Levrat keine Zweifel. Der Parteichef warb unzweideutig dafür, sowohl Schenker als auch Fetz nochmals ins Rennen zu schicken. Die Leitung der SP Schweiz übt seit Wochen Druck auf die Kantonalsektionen aus, möglichst alle Bisherigen wieder aufzustellen. Man will eine Wahlniederlage im Herbst um jeden Preis vermeiden.
Noch expliziter wurde die Wahlkampfleiterin und Vize-Präsidentin der SP Basel-Stadt Michela Seggiani. «Wir sollten keine Experimente riskieren und alle Bisherige nominieren», warnte Seggiani ihre Parteifreunde. Vor der anstehenden Debatte war damit klar: Zu debattieren gibt es nichts.
Damit wollte Seggiani die zu diesem Zeitpunkt realistische Gefahr eindämmen, dass Fetz die Hürde nicht schafft. Denn es gab einen Plan, die eigensinnige Ständerätin loszuwerden. Intern wussten das alle, nur gegen aussen durfte aus Angst vor einem in den Medien ausgetragenen Konflikt nichts dringen.
Wer das war, wussten viele im Raum, sagen durfte es keiner. Die SP versuchte auf der öffentlichen Bühne eine interne Debatte zu führen. Juso-Chef Beda Baumgartner beklagte, man habe Hearings mit allen Kandidaten durchgeführt, aber ein Gegner von Fetz sei nicht darunter gewesen, weshalb es unredlich wäre, jetzt gegen Fetz zu stimmen.
Tatsächlich hatte man sich nicht getraut, zu einem früheren Zeitpunkt eine Gegenkandidatur zu präsentieren. Gaby Mächler bat um Verständnis: «Wir wären öffentlich und parteiintern aufgerieben worden in dieser Medienlandschaft.» Warum das so gewesen wäre, erklärt sich erst mit dem Namen der Gegenkandidatin: Finanzdirektorin Eva Herzog.
Herzog selber wollte an der DV keine Fragen beantworten, doch mehrere Quellen bestätigten der TagesWoche ihre Schatten-Kandidatur. Herzog hatte Ende Jahr öffentlich erklärt, nicht für den Ständerat zu kandidieren, falls Anita Fetz nochmals antritt. Wäre Fetz am Zweidrittelmehr gescheitert, hätte sich Herzog zur Wahl stellen können, ohne Wortbruch zu begehen und ein ungeschriebenes Gesetz in der Basler SP zu verletzen: Man tritt nicht gegen Bisherige an.
Talente ohne Perspektive
Am Parteitag hielt sich Herzog bedeckt. Niemand nahm ihren Namen während der Debatte in den Mund. Auch wenn das wortreiche Augengezwinker nicht zu übersehen war, als es darum ging, den unbekannten Kandidaten zu portieren. Nach dem Motto: Ich darfs zwar nicht sagen, aber ihr wisst doch alle, um wen es geht.
Zur Gruppe um Herzog zählten neben Mächler die Grossrätin Danielle Kaufmann und Fraktionschef Stephan Luethi. Dazu kamen weitere Politiker, die im Verborgenen blieben, darunter solche, denen es ums Prinzip ging, aber auch einige talentierte Kräfte, die nun ohne Perspektive dastehen.
Mit vier weiteren Jahren Fetz steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Eva Herzog 2016 ebenfalls eine Amtszeit als Regierungsrätin beantragt. Damit würde der Durchfluss nach oben vollends gestoppt. Und für die Partei steigt das Risiko, 2020 gleich drei Regierungsräte ersetzen zu müssen, weil dann auch Christoph Brutschin und Hans-Peter Wessels ihr Pensum erfüllt haben.
Sauer stiess einigen Delegierten auf, dass es keine Debatte gegeben hat vor dem Parteitag. Ungestümer Kritik sah sich deshalb die Parteileitung um Brigitte Hollinger ausgesetzt. Eine Delegierte meinte: «Wir haben alle vier Jahre das gleiche Theater hier drin. Wenn wir unsere demokratischen Rechte wahrnehmen wollen, kriegen wir aufs Dach. Ich will denselben Scheiss in vier Jahren nicht wieder erleben!»
Anita Fetz wurde schliesslich mit 38 Gegenstimmen eine weitere Kandidatur für den Ständerat genehmigt, der seit 1967 ununterbrochen in der Hand Basler Sozialdemokraten ist; 17 Stimmen fehlten den Gegnern zum Sieg. Auch Silvia Schenker schaffte es mit 29 Nein-Stimmen. Parteichef Christian Levrat dürfte mit Genugtuung davon Kenntnis genommen haben.
Nicht geschafft haben es: Christian von Wartburg (71), Toya Krummenacher (58), Otto Schmid (20).