Gute Aussichten für Widmer-Schlumpf

Am Dienstagnachmittag trafen sich die Parteien im Bundeshaus traditionell zur Fraktionssitzung. Die Parteien hörten sich die beiden SP-Kandidaten für den Bundesrat an und fällten erste Entscheide zur Wahl vom 14. Dezember.

Wer mit wem? Und vor allem: wie? FDP-Fraktionschefin Gabi Huber im Gespräch mit CVP-Fraktionschef Urs Schwaller. (Bild: Keystone)

Am Dienstagnachmittag trafen sich die Parteien im Bundeshaus traditionell zur Fraktionssitzung. Die Parteien hörten sich die beiden SP-Kandidaten für den Bundesrat an und fällten erste Entscheide zur Wahl vom 14. Dezember.

18.50 Uhr: Zusammenfassung

Da stehen wir nun – und wissen in etwa gleichviel wie vorher. Eveline Widmer-Schlumpf dürfte wiedergewählt werden: Die Stimmen von Mitte-Links reichen für die Bestätigung der BDP-Bundesrätin. Offen bleibt aber auch nach den ersten Fraktionssitzungen der Session, wie es mit den Bundesräten der FDP weitergeht. Alles hängt dabei von der SVP ab: Bis nächsten Dienstagmittag, bis zur zweiten Runde der Fraktionssitzungen, hat die Partei Zeit, um bei der ungeliebten SP um Unterstützung zu bitten. Ohne die Hilfe der Sozialdemokraten ist ein zweiter SVP-Sitz unrealistisch – und diese Hilfe gibt es nur, wenn sich Fraktionschef Caspar Baader selber Lügen straft und den Sitz von Johann Schneider-Ammann offiziell angreift. Ob er das tun wird? Das Munkeln darf weitergehen.

18.20 Uhr: Klare Mehrheit der CVP für Widmer-Schlumpf

Nur ein kurzes Statement gab es von der CVP. Im Gegensatz zur Ankündigung durch das Generalsekretariat hat die CVP doch über die Bundesratswahlen diskutiert – geschlagene zweieinhalb Stunden lang. Das Resultat war eine Abstimmung, in der sich eine «klare Mehrheit» für die Unterstützung von Eveline Widmer-Schlumpf aussprach. «Wir sehen keinen Grund für eine Abwahl», sagte Fraktionschef Urs Schwaller nach der Sitzung. Zahlen zur «klaren Mehrheit» gab es von Schwaller keine.

Kein Thema für die CVP seien im Moment die beiden Sitze der FDP – ein Hearing mit den beiden SVP-Kandidaten sei darum nicht nötig. «Ich gehe davon aus, dass er es ernst meinte», sagte Schwaller und meinte damit SVP-Fraktionschef Caspar Baader und seine deutliche Ansage vom Dienstagmorgen, auf einen Angriff auf die FDP zu verzichten. Damit ist klar: Auch die CVP wird am 14. Dezember auf den Status quo hoffen.

18.00 Uhr: FDP hofft auf «wahre Konkordanz»

Es war ein typischer Auftritt der Gabi Huber: Etwas trocken – und mit grosser und wiederholter Betonung auf die «Konkordanz» zeigte die FDP-Fraktionschefin kurz nach halb sechs Uhr die bereits bekannten Linien auf: Man habe vor vier Jahren Eveline Widmer-Schlumpf nicht gewählt und fühle sich darum auch heute nicht in der Verantwortung, der BDP einen Sitz in der Regierung zu geben. Konkordanz sei eben mehr, als die wohlbekannte Formel «3 mal 2 plus 1», Konkordanz sei eine wesentliche Errungenschaft dieses Landes: «Sie hat unserem Land Erfolg und Wohlstand gebracht.»

Allerdings ist der FDP-Chefin auch bewusst, dass diese «wesentliche Errungenschaft» im bisherigen Sinne wohl kaum Bestand haben wird bis nach dem 14. Dezember. «Wir und die SVP sind die einzigen mit der gleichen Auffassung von Konkordanz. Und das reicht nicht für eine Mehrheit.» Was die Freisinngen unternehmen werden, sollte die Konkordanz nach FDP-Lesart gebrochen werden, entscheidet die Fraktion am kommenden Dienstag. Huber: «Unser oberstes Ziel ist die Wiederwahl unserer beiden Bundesräte. Wir bauen die Strategie rund um diese Frage auf.»

Die Fraktionschefin sparte nicht mit Kritik am Verhalten der SP. «Die schieben die Verantwortung auf die SVP ab und halten sich nicht an eigene Vorgaben.» Noch vor einigen Tagen sei als Bedingung für die Unterstützung von Eveline Widmer-Schlumpf das Zusammengehen von BDP und CVP genannt worden, «und heute ist das plötzlich nicht mehr so wichtig».

Eine Präferenz bei den Kandidaten von SP und SVP gibt es bei der FDP noch keine. Sämtliche Nominierten waren am Dienstagnachmittag zu einem Hearing geladen, sämtliche Kandidaten seien bundesratstauglich. «Die von der SP sind halt links. Und auch die von der SVP haben ihre Herkunft nicht verleugnet», sagte Huber. Aber eben genau darum gehe es bei der Konkordanz – um das Aushalten von anderen Meinungen.

17.15 Uhr: SP einstimmig für Widmer-Schlumpf

Nun ist offiziell, was in den vergangenen Tagen bereits ein Gerücht an der Grenze zur Tatsache war: Die SP hat an ihrer Fraktionssitzung einstimmig beschlossen, Eveline Widmer-Schlumpf bei den Bundesratswahlen vom Mittwoch in einer Woche zu unterstützen. Das geschehe aus drei Gründen, erklärten Fraktionschefin Ursula Wyss und Parteipräsident Christian Levrat vor den Medien im Bundeshaus: Erstens sei die «Annäherung» von BDP und CVP ein Argument im Sinne der Konkordanz und rechtfertige eine Wiederwahl. Zweitens sei Widmer-Schlumpf eine gute Finanzministerin und drittens bilde die Wahl der BDP-Frau den Volkswillen ab, hätten doch SVP und FDP bei den Wahlen auf Kosten der Mitte insgesamt 16 Mandate verloren.

Offen bleibt, ob die SP der SVP am 14. Dezember zu einem zweiten Sitz in der Regierung verhelfen wird. Grundsätzlich akzeptiere man den doppelten Sitzanspruch der SVP, sagte Wyss, nur der Zeitpunkt sei strittig. Unterstützung von der SP kann sich die SVP nur erhoffen, wenn sie ihre Strategie offenlegt. Heisst im Klartext: Bis spätestens nächsten Dienstag will die SP wissen, ob die SVP auch einen Sitz der FDP angreifen wird. Nur bei einem klaren «Ja» zu dieser Frage wird die SP die SVP unterstützen. «Wir bieten keine Hand für Sitzungsunterbrüche während der Wahl oder andere Manöver», sagte Wyss. Ziel sei, am nächsten Dienstagabend die Wahlstrategie zu verkünden – und danach an dieser festzuhalten.

16.45 Uhr: Die Grünen beschliessen Stimmfreigabe

Als erste Fraktion melden sich die Grünen. Sie haben heute Nachmittag beide Kandidaten der SP angehört und nach einer anschliessenden Diskussion Stimmfreigabe beschlossen. Sowohl Berset als auch Maillard würden sich als Bundesrat eignen. Ebenfalls beschlossen wurde die Unterstützung der Kandidaturen von CVP und BDP, wie es in einer Mitteilung heisst. Die Unterstützung von Eveline Widmer-Schlumpf begründen die Grünen mit der Energiepolitik: Weil Eveline Widmer-Schlumpf und Doris Leuthard mitgeholfen haben, den Atomausstieg zu realisieren, werden sie von den Grünen wiedergewählt. Nichts verlauten liess die Partei zu den Kandidaturen von SVP und FDP.

15 Uhr: Vorschau

Indirekt sagen es die Chefs der SVP schon lange, ausgesprochen hat es nun erstmals Fraktionschef Caspar Baader. Auf die Frage eines Bundeshausjournalisten von Radio DRS, ob die SVP einen Angriff auf einen Bundesratssitz der FDP ausschliesse, antwortete Baader am Dienstagmorgen: «Ja, das schliesse ich aus. Die FDP hat Anspruch auf zwei Sitze.»

Dieses klare Bekenntnis, soweit es für bare Münze genommen werden kann, hat direkte Auswirkungen auf das Verhalten der SP: Die zweitgrösste Fraktion im Bundeshaus wird die beiden offiziellen SVP-Kandidaten Jean-François Rime und Bruno Zuppiger nur anhören, wenn die SVP bereit ist, einen Sitz der Freisinnigen anzugreifen. Bereits am Sonntag hat die Spitze der SP verlauten lassen, Eveline Widmer-Schlumpf wieder wählen zu wollen. Heute Nachmittag wird die Fraktion über diese Vorgabe beraten und sie wohl auch beschliessen. Ebenfalls traktandiert ist an der Sitzung die erneute Forderung an die SVP, sich zu einem Angriff auf einen FDP-Sitz zu bekennen. Neu verknüpft mit einem Ultimatum: Bis spätestens einen Tag vor der Wahl muss die SVP ihre Strategie offenlegen – ansonsten will die SP den Status quo unterstützen. Verhindern wollen die Sozialdemokraten, dass die SVP am Wahltag das Prozedere unterbricht und «eine grosse Show abzieht», wie es Generalsekretär Thomas Christen ausdrückt. Ebenfalls thematisiert wird die von Grünliberalen-Chef Martin Bäumle vorgeschlagene Änderung der Wahlreihenfolge. Nachdem die SP am Montag noch mit einer solchen Änderung geliebäugelt hatte, sieht es nun eher danach aus, als ob nur noch die SVP auf einer Änderung beharren wird – und sie damit keine Mehrheit findet. Die Resultate der SP-Sitzung werden um 17.30 Uhr erwartet.

Zum gleichen Zeitpunkt lädt auch die FDP-Fraktion die Medien vor ihr Sitzungszimmer. Bahnbrechendes ist von den Freisinnigen kaum zu erwarten – vielmehr wird Fraktionschefin Gabi Huber den Medientermin einmal mehr dazu nutzen, für die althergebrachte arithmetische Konkordanz zu werben, nach der die FDP ihre beiden Sitze behalten könnte.

Unterstützung erhält die FDP dabei von den Grünen. Parteipräsident Ueli Leuenberger hat sich im Interview mit der TagesWoche vom vergangenen Freitag für den Status quo und die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf ausgesprochen. Diese Haltung dürfte auch in der Fraktion eine Mehrheit finden. Allerdings gibt es auch bei den Grünen eine Gruppe um Nationalrat Daniel Vischer, die der SVP bereits jetzt einen zweiten Sitz zuhalten möchte – wenn es auf Kosten der FDP geht. Ein Entscheid ist aber noch nicht zu erwarten, die Strategiesitzung der Grünen zur Bundesratswahl findet erst nächste Woche statt. Auch CVP und SVP werden sich heute noch nicht in die Karten blicken lassen. Gänzlich offen ist, wann BDP und GLP ihre Absichten kommunizieren werden.

Quellen

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