Beim Neujahrsempfang der Basler Regierung kamen Gummipuppen zum Einsatz. Gleich danach schlug Guy Morin ernste Töne an. Am Schluss wurde es ein schöner und geselliger Abend.
Aus journalistischer Sicht stellte sich am Neujahrsempfang der Basler Regierung am Montagabend vor allem eine Frage: Was wollte Guy Morin mit den Gummipuppen mitteilen?
Das kulturelle Rahmenprogramm des traditionell ersten Termins auf Basels gesellschaftlicher Agenda bestand aus einem Auftritt der Tanz-, Athletik- und wahrscheinlich Comedy-Truppe «Starbugs». Verdankt wurde die Darbietung vom irritierten Publikum zuerst mit verhaltenem, dann immer unverhohlenerem Plaudern. Besonders laut parliert hat ausgerechnet ein grüner Regierungsvertreter aus dem Baselbiet.
Nur da und dort wippte ein Fuss zu Queens «Bohemian Rhapsody», welche die drei Starbugs für ihre pantomimischen Nummern verhunzt ausgewählt hatten. Seltsames Finale: ein Tänzchen mit den Beischlafhilfen aus Plastik. Alle blond übrigens.
Mahnende Worte nach pantomimischen Witzchen
Die politische Deutung fällt schwer. Rief Morin Wirtschaft, Politik und Medien dazu auf, sich echten Problemen statt populistischer Selbstbefriedigung zuzuwenden? Hielt er aufgeblasenen Selbstdarstellern den Spiegel vor? Sollte so die Frauenquote in der Verwaltung durchgesetzt werden? Oder sollten die auf ihre sexuellen Grundfunktionen reduzierten Frauenreplikas einen Kontrapunkt setzen zu den phallussymbolischen Wohn- und Rochetürmen, die in seiner Rede aufragten?
Eine Rede, in der er den Wutbürgern von links bis rechts, die nur noch staatsträge und nicht mehr staatstragend seien, ins Gewissen redete. Morin plädierte in seinem engagierten Rück- und Ausblick für eine konstruktive Politik, die nicht nur heisse Luft verströme, sondern von substanzieller Zusammenarbeit geprägt sein solle.
Nach der magistralen Ermahnung wandten sich die Gäste dem informellen Teil zu. Ihr Schuldbewusstein verdünnte sich mit jedem Cüpli etwas mehr, bis es einer aufgeräumten Gelöstheit wich. Das Eis war schnell gebrochen. Beim Fremdschämen über die Tanz-und-Lach-Darbietung kamen sich politische Gegner näher und publizistische Gräben wurden zugeschüttet.
Neue Duz-Bekanntschaften im Schummerlicht
Die knappe Zusammenfassung eines Abends, der von einem Catering begleitet wurde, das Getränke prioritärer behandelte als Essbares:
LDP-Grossrat Heiner Vischer wartet noch immer auf sein Porträt in der TagesWoche; Regierungssprecher Marco Greiner fand für den imposanten Umfang der TagesWoche-Delegation lobende Worte; Eva Herzog unterzog (für einmal Cüpli statt Bier trinkend) bürgerliche Budgetzurückweiser einer Standpauke; Noch-SP-Grossrat Tobit Schäfer schwänzte die Fraktionssitzung; Joël Thüring rezitierte aus seinem SMS-Austausch mit Freunden bekannter Fussballer («Maschine, bisch in Pause? – «Ich ha no e Vortrag, Alte»); René Brigger holte einmal mehr zu seinem Ceterum censeo gegen die Stadtbildkommission aus; BaZler Jonas Hoskyn wanzte sich mit dem Terminus «Schugger» (ein Idiom aus dem Gundeli-Quartier) an Sicherheitsdirektor Dürr heran, wobei Dürr «Sugar» zu verstehen schien (ein Idiom aus der Drogenfahndung); Lokaljournalist M. O. (Name der Redaktion bekannt), mit den gesellschaftlichen Riten derartiger Anlässe noch nicht vertraut, verwechselte bei der Begrüssung am Eingang die beiden Christophe der Regierung (Sorry, Herr Eymann!).
Und während das Licht im Saal stufenweise heller wurde, verzogen sich manche frisch verbrüderten Trink- und Plauderrunden in die umliegenden Bars, um sich in den schmeichelhaft abgedunkelten Räumen gegenseitig das Du anzubieten. Ein einig Partyvolk von Brüdern und Schwestern. Eigentlich genau das, was Regierungpräsident Morin in seiner Rede so nachdrücklich eingefordert hatte.