Harlan-Belegschaft erzielt mit Warnstreik höchstens einen Teilerfolg

Der internationale Forschungskonzern Harlan plant einen massiven Stellenabbau in Itingen und Füllinsdorf. Die Gewerkschaft kämpft für eine Verlängerung der Konsultationsphase, doch die Geschäftsleitung schenkte ihr kein Gehör. Nun trat die Belegschaft in den Warnstreik, die erhoffte Resonanz von Seiten der Politik blieb aber aus.

(Bild: Alexander Preobrajenski)

Der internationale Forschungskonzern Harlan plant einen massiven Stellenabbau in Itingen und Füllinsdorf. Die Gewerkschaft kämpft für eine Verlängerung der Konsultationsphase, doch die Geschäftsleitung schenkte ihr kein Gehör. Nun trat die Belegschaft in den Warnstreik, die erhoffte Resonanz von Seiten der Politik blieb aber aus.

Mittagspause bei Harland Laboratories Ltd. in Itingen BL. Während einige im Gebäude bleiben, um in Ruhe ihr Essen zu geniessen, versammelt sich draussen eine wachsender Teil der Belegschaft. Die Gewerkschaft Unia verteilt rote Fahnen, Trillerpfeifen und Plakate. «Swiss Quality Harland» steht darauf, oder «Wir wollen mehr Zeit».

Es ist der Auftakt zum Warnstreik, der über 200 Angestellten der Firma Harland in Itingen und Füllinsdorf den Arbeitsplatz erhalten soll. So zumindest fordern das die demonstrierenden Vertreter der Belegschaft unter der Leitung der Unia und der Arbeitnehmervertretung.

Versprechen und Realität

Rückblende: Am 1. Mai 2014 wird der weltweit operierende Forschungskonzern Harlan Laboratories vom englischen Konzern Huntingdon Life Sciences (HLS) übernommen. In der Medienmitteilung ist von der Erschaffung einer «führenden globalen Organisation» die Rede, die «eine starke Plattform für zukünftiges Wachstum und Investitionen in die Zukunft» bietet.

Ein halbes Jahr später sieht die Realität anders aus: Die HLS zieht die Schliessung der Harlan-Niederlassung in Itingen und Füllinsdorf in Betracht, hiess es am 17. September in einem internen Schreiben an die Belegschaft, das Konsultationsverfahren wurde bereits eröffnet.

Der Betrieb sei seit mehr als fünf Jahren defizitär, zudem seien «die Marktbedingungen des Bereichs Auftragsforschung am Schweizer Standort anhaltend schwierig, die Auftragsvolumen und Margen bescheiden», zitiert die BZ am 18. September aus dem Bericht (online nicht verfügbar).

Itingen/Füllinsdorf: Leidgeprüfter Standort

Bereits 2011 hatte Harlan Schweiz Massenentlassungen ausgesprochen, damals beschäftigte der Betrieb 539 Angestellte. Nun stehen auch die verliebenen 228 Mitarbeitenden vor dem Job-Verlust, doch Arbeitnehmervertreter Thomas Schmidt traut der Erklärung von Harlan nicht über den Weg. «Es heisst, wir sind nicht rentabel, aber diese Zahlen müsste man sorgfältiger prüfen», sagt er. Und dafür braucht es Zeit.

Zeit, die die Arbeitnehmervertretung nicht hat. Das bei Massentlassungen obligatorische Konsultationsverfahren endet am Dienstag, den 14. Oktober, um 15:00 Uhr. Trotz dringender Forderung von Seiten der Belegschaft war die Geschäftsführung der Harlan nicht dazu bereit, die Konsultation bis zum 31. Dezember zu verlängern, sondern sie machte ein Zugeständnis von lediglich vier Tagen.

Konsultationsverfahren

Für den Fall einer Massenentlassung ist der Arbeitgeber nach Schweizerischem Obligationenrecht dazu verpflichtet, ein Konsultationsverfahren  einzuleiten. Damit gibt «der Arbeitgeber (…) der Arbeitnehmerschaft zumindest die Möglichkeit, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Kündigungen vermieden oder deren Zahl beschränkt sowie ihre Folgen gemildert werden können. Der Arbeitgeber muss die Vorschläge zur Kenntnis nehmen und ernsthaft prüfen.

Die Belegschaft nimmt die Politik in die Pflicht

Vor dem Harlan-Niederlassung in Itingen haben sich mittlerweile gegen 80 Mitarbeitende versammelt. Zwei Busse bringen die Gruppe nach Liestal, dort will die Belegschaft die Kantonsregierung um Unterstützung für ihr Anliegen erbitten. «Wir sind Harlan, wir sind hier», skandieren die Arbeiter vor dem Regierungsgebäude in Liestal, davor steht Regierungsrat Thomas Weber und verschränkt die Arme.

Hansueli Scheidegger, Co-Leiter der Unia Nordwestschweiz, formuliert klare Forderungen: Den Einsatz einer Task-Force, bestehend aus Mitgliedern der Baselbieter Regierung und des Amts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga), der Geschäftsleitung von Harlan und Vertretern der Arbeitnehmer sowie der Gewerkschaft. Gemeinsam soll eine Lösung für den drohenden Abbau der Arbeitsplätze ausgearbeitet werden.

Die Demonstrierendenden applaudieren, Weber ergreift das Wort. Er habe sich bei der Geschäftsleitung bereits für eine «angemessene Erstreckung der Konsultationsfrist eingesetzt», sagt er, auch eine Teilnahme an einem Gespräch zwischen Arbeitnehmenden und Firmenleitung «im vermittelnden Sinn» wurde angeboten.

Aber Weber sagt auch: «Ich möchte (…) klar betonen, dass am Schluss der Entscheid betreffend Schliessung, Teilverkauf etc. nicht beim Kanton liegt, sondern bei der Unternehmung.»

Bedingter Erfolg

Scheidegger ist enttäuscht. Weber sei nicht daran interessiert, bestehende Arbeitsplätz zu retten. Als wirtschaftsliberaler Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion vertrete er den Standpunkt, «Privatwirtschaft und Profit gehen vor». Die Gesprächsbereitschaft sei ein positives Signal, treffe aber den Kern der Forderung nicht. «Wir wollen keine Wirtschaftsförderung, die zwischen dem Kapital in England und den Arbeitsplätzen bei uns vermittelt, sondern eine, die sich klar für unsere Arbeitnehmer einsetzt», sagt Scheidegger.

Der Geschäftsleitung von Harlan bleibt nun bis Dienstag 15:00 Uhr Zeit, auf den Warnstreik der Belegschaft einzugehen. Sollte dies nicht geschehen, könnten bereits im Verlauf der nächsten Woche erste Kündigungen ausgesprochen werden. «Das werden wir aber nicht akzeptieren», sagt Scheidegger.

Für den Fall, dass am Dienstag keine Einigung gefunden werden kann, kündigt Scheidegger bereits einen nächsten, längeren Warnstreik an. Und das könnte den Konzern treffen: Harlan ist noch immer an laufende Forschungsverträge gebunden, bis diese erfüllt werden, ist der Konzern auf seine Mitarbeitenden angewiesen. Zudem, sagt Scheidegger, zeige sich die Belegschaft ausserordentlich initiativ, eine strikte Kompromissverweigerung der Geschäftsleitung schade auch dem Image des Mutterkonzerns Huntingdon.

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