Herr Zwick, was bringt Ihre Vorlage eigentlich den Patienten?

Die Verselbständigung der Baselbieter Spitäler sei schlecht für das Personal, sagen die einen. Die Vorlage werde dem «Kantonsspital Baselland» nicht die nötige Wettbewerbsfähigkeit bringen, sagen die anderen. Nur über die Patienten hat bis jetzt kaum jemand gesprochen. Das holt die TagesWoche im Gepräch mit Gesundheitsdirektor Peter Zwick (CVP) nun nach.

Verspricht bessere Spitäler: BL-Gesundheitsdirektor Peter Zwick. (Bild: Keystone)

Die Verselbständigung der Baselbieter Spitäler sei schlecht für das Personal, sagen die einen. Die Vorlage werde dem «Kantonsspital Baselland» nicht die nötige Wettbewerbsfähigkeit bringen, sagen die anderen. Nur über die Patienten hat bis jetzt kaum jemand gesprochen. Das holt die TagesWoche im Gepräch mit Gesundheitsdirektor Peter Zwick (CVP) nun nach.

Dem Baselbieter Gesundheitsdirektor Peter Zwick (CVP) steht am 11. März eine schwierige Abstimmung bevor. Die Gewerkschaften wehren sich gegen die Auslagerung der Spitäler, weil sie negative Auswirkungen für die rund 4500 Angestellten befürchten. Der SVP wiederum geht die Verselbständigung viel zu wenig weit. Hinzu kommen Probleme in der Zusammenarbeit zwischen den beiden Basel. Im Interview verspricht Peter Zwick nun baldige Lösungen. Und gute Lösungen, auch für die Patienten.

Herr Zwick, in letzter Zeit haben Sie sich einiges anhören müssen. Was geht Ihnen bei der Kritik jeweils durch den Kopf?

Kritik ist für mich etwas Positives, weil es wichtig ist, dass man sich immer wieder hinterfragt.

Widerstand regt sich auch gegen die Zusammenführung und Verselbständigung der Baselbieter Spitäler. Den einen geht die Revision mit Blick auf das Personal und die mögliche Liberalisierung der Arbeitsbedingungen zu weit, den anderen zu wenig weit. Von den Patienten reden die wenigsten – kann denen die Abstimmung vom 11. März egal sein?

Nein, aber unsere Spitäler sind jetzt schon sehr gut, was sich etwa daran zeigt, dass sich ein Topsportler wie der kroatische Skistar Ivica Kostelic regelmässig hier behandeln lässt. Das ist für uns eine Bestätigung, auch wenn Kostelic’s Besuch im Februar uns schon ein bisschen in die Zwickmühle gebracht hat. Je besser er sich von seiner Meniskus-Operation im Bruderholzspital erholt, desto grösser sind seine Chancen auf einen Sieg im Gesamtweltcup – und desto schlechter die Chancen unseres Schweizers Beat Feuz (lacht.)

Für was haben sich die Ärzte schliesslich entschieden – für die Berufsehre oder für die Skination?

Kostelic wurde selbstverständlich sehr gut operiert, das geht gar nicht anders in unseren Spitälern.

Dann braucht es aber auch keine tief greifende Veränderungen.

Doch. Die Spitäler werden in der Selbstständigkeit noch besser auf die Patienten und ihre Bedürfnisse reagieren können. Gemeinsam lassen sich Synergien nutzen und an den Standorten in Liestal, auf dem Bruderholz und in Laufen neue Schwerpunkte bilden und ausbauen. So bestehen unsere Spitäler im Wettbewerb, der mit der neuen Spitalfinanzierung schweizweit lanciert worden ist.

In der Selbstständigkeit kann der neue Spital-Verwaltungsrat Entscheide fällen und rasch umsetzen. Das kann ein Vorteil sein. Der Nachteil ist, dass die demokratische Legitimation wegfällt.

Falsch. Der wohl wichtigste Entscheid wie jener über die Schliessung eines Standorts liegt weiterhin bei der Regierung und dem Landrat. Das bedeutet auch, dass der Standort Laufen noch besser abgesichert wird. Angst muss man also auch im Laufental keine haben.

Der Entscheide über das konkrete Angebot an den einzelnen Angeboten fällt aber in der neuen Organisation.

Die Eigenverantwortung der Spitäler wird im Hinblick auf den Wettbewerb gefördert, das will auch der Bund so. Dazu gehört auch eine gewisse Spezialisierung. Ein Spital, das eine spezifische Operation 40 mal pro Jahr durchführt, macht das effizienter und besser als ein Spital, das es nur auf eine Operation bringt.

Diese Spezialisierung und Effizienzsteigerung sind und mit dem neuen System der Fallkostenpauschalen ja eigentlich auch versprochen worden.

Zu Recht. Im Baselbiet wollen wir sogar noch einen Schritt weiter gehen. Es wäre vorstellbar, dass es an allen drei Standorten ein möglichst breites Angebot geben wird, so dass der Patient selber entscheiden kann, wo er hin will. Dafür wechseln dann die Spezialisten je nach Bedarf von einem Standort zum anderen, um die gewünschte Behandlung vorzunehmen. Insofern könnte man sich das neue «Kantonsspital Baselland» als eine Organisation mit drei Filialen vorstellen. Nicht zu vergessen die daneben ebenso verselbstständigte «Psychiatrie Baselland».

Sehr viele offene Fragen gibt es rund um den Standort Bruderholz. Das dort gemeinsam mit Basel-Stadt geplante Geriatriezentrum ist aus Kostengründen gescheitert. 

Das Problem ist, dass die Kostenvoraussagen laufend gestiegen sind. Zuerst war von 750 Millionen Franken für den Neubau mit Akutspital und Geriatrie die Rede. Inzwischen geht man von 911 Millionen Franken aus – dies bei einer Kostengenauigkeit von plus minus 20 Prozent. Das können wir uns nicht leisten. Wobei die Hauptverantwortung bis jetzt übrigens beim Hochbauamt lag und nicht bei uns in der Gesundheitsdirektion, damit das auch einmal klargestellt ist.

Warum sind die Kosten denn laufend gestiegen?

Einen Kostenschub gab es in erster Linie im Geriatriebereich wegen der verschiedenen Bedürfnisse, die in den vergangenen Monaten für den Innenausbau neu angemeldet worden sind. Zusätzlich verkompliziert – und verteuert – wird die Situation dadurch, dass die beiden Basel in der Alterspolitik unterschiedlich organisiert sind. Auf dem Land sind die einzelnen Gemeinden zuständig, in der Stadt der Kanton.

Wie lassen sich diese Probleme lösen? Basel-Stadt hat bereits einen Plan B. Ihr Amtskollege Carlo Conti (CVP) sprach im Grossen Rat davon, dass nun die Planung eines Alterszentrumns auf dem Gelände des Felix Platter-Spitals vorangetrieben werde. Das wäre die Initiative für den Fall, dass sich die Baselbieter Regierung gegen ein gemeinsams Projekt entscheidet. Wie sieht Ihr Plan B?

Bei den Planungen rund ums Felix Platter-Spital sind wir ebenfalls involviert. Der Kanton Baselland könnte dort bei einem Ausbau eine bestimmte Anzahl Betten übernehmen und danach den Alterspatienten aus dem Unteren Kantonsteil die Wahl lassen, wo sie hingehen wollen – ob ins Felix Platter- oder aufs Bruderholz. Dort könnte ein neues Akutspital gebaut werden, das ein paar Stockwerke weniger hätte als das jetzige. Unabhängig davon liesse sich auf dem Bruderholz auch ein neues Geriatriespital realisieren.

Beim gestoppten Projekt waren beide Bereiche ineinander verzahnt. Das war offenbar der falsche Ansatz. Um die ideale Lösung zu finden, brauchen wir nun noch etwas Zeit. Darum ist es wichtig, dass wir das Bruderholzspital für 30 bis 40 Millionen Franken sanieren, damit es noch weitere zehn Jahre genutzt werden kann.

Warum verzichtet man nicht ganz auf den Standort Bruderholz und konzentriert alle Angebote in der Stadt?

Das Bruderholzspital deckt die Grundversorgung für 150 000 Menschen im unteren Kantonsteil ab, die kann Basel nicht einfach so übernehmen.

Bis jetzt haben stets wieder die Kritiker recht bekommen, die sagen, die Neubauprojekte auf dem Bruderholz seien zu teuer.

Das stimmt so nicht. Ein Neubau ohne Geriatrie kostet 300 Millionen, das ist finanzierbar.

Wann steht der Entscheid fest?

Am 24. April gibt es eine gemeinsame Sitzung der beiden Regierung Basel-Stadt und Baselland. Danach werden die Entscheide kommuniziert.

Eigentlich hätte es ja schon eine Lösung gegeben – das Projekt eines Geriatriezentrums beim Bethesda-Spital, das Sie kurz nach Ihrer Wahl in die Regierung gestoppt haben.

Diese Behauptung wird nicht richtig, nur weil sie ständig wiederholt wird. Es blieb damals keine andere Wahl, als das Projekt zu stoppen. Das hing aber nicht mit mir zusammen, sondern mit dem Bethesda-Spital, dass nur einen Teil der Rheumatologie ans Bruderholz abgeben wollte – jenen Teil, der kein Geld einbringt. So ging das Gesamtkonzept mit der Geriatrie beim Bethesda und der Rheumatologie auf dem Bruderholz nicht mehr auf.

Vehementen Widerstand gegen die Verselbständigung der Spitäler gibt es von Seiten der SVP, insbesondere von Nationalrat Thomas de Courten, Ihrem neuen Wirtschaftsförderer. Das wird Ihnen kaum Freude machen.

Thomas de Courten arbeitet erst ab dem 1. April in unserer Direktion, und er wird auch nach seiner Anstellung noch ein freier Mensch sein, der seine Meinung äussern kann. Hinzu kommt, dass der SVP ja nicht gegen eine Verselbstständigung der Spitäler ist. Im Gegenteil: Die Vorlage geht der Partei zu wenig weit.

Einigen bereitet genau das Sorgen: dass Thomas de Courten auch als Wirtschaftsförderung weiterhin seine persönliche Meinung vertritt, die ziemlich kritisch ist gegenüber dem wichtigsten Partnerkanton, der Stadt Basel und den Nachbarn ennet der Grenze.

Wir haben Thomas de Courten nicht als SVP-Politiker engagiert, sondern als ausgewiesenen Fachmann, der alles mitbringt, um das ansässige Gewerbe zu unterstützen. Diese Bestandespflege hat er bereits bei der Wirtschaftskammer gemacht, und ich habe noch nie jemanden gehört, der seine Kompetenz in Frage stellen würde.

In der Vergangenheit hat sich Thomas de Courten auch über die Personenfreizügigkeit sehr kritisch geäussert, die nach Ansicht der Baselbieter Regierung sehr wichtig ist für die regionale Wirtschaft. Wird er sich in diesem Bereich mit seinen Äusserungen künftig etwas zurücknehmen?

Darüber haben wir vor der Anstellung lange gesprochen, wobei er mir gesagt hat, dass er die Personenfreizügigkeit grundsätzlich unterstütze, selbst wenn diese auch einige Probleme verursache. Das sehe ich übrigens genau gleich.

An welche Probleme denken Sie?

An die vermehrte Schwarzarbeit auf unseren Baustellen, an Lohndumping und Scheinselbstständigkeit.

Was unternehmen Sie dagegen?

Das ist nicht einfach und vor allem auch Aufgabe der Sozialpartner, die selber kontrollieren müssen, ob sich alle an die Bestimmungen der allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge halten. Ein wichtiges Mittel könnte dabei die Kautionspflicht sein, die in ersten Branchen in grösseren Gebieten oder sogar landesweit eingeführt worden ist. Dieses System könnte nun auch noch auf weitere Branchen übertragen werden. Die im Voraus geleistete Kaution ist wohl eine der wenigen Möglichkeiten, um fehlbare Unternehmer einfach zum Zahlen zu bringen, da die ausländischen Gerichte auf entsprechende Klagen aus der Schweiz nicht eingehen.

Was unternimmt der Staat gegen die Probleme?
Wir können zum Beispiel dafür sorgen, dass die Baustellenkontrolleure von Polizisten begleitet werden, die verhindern, dass sich verdächtige Arbeiter aus dem Staub machen, bevor man ihre Papiere anschauen kann.

Warum gehen Sie nicht vermehrt gegen die Auftraggeber vor, die von den tiefen Preisen wahrscheinlich am meisten profitieren?

Das ist nur schwer möglich, da die Auftraggeber häufig nur direkt mit dem Generalunternehmer zu tun haben, welche die einzelnen Verträge dann an weitere Betriebe herausgeben.

Als Wertepolitiker müsste es Sie doch stören, dass die Arbeiter selbst auf Grossbaustellen von renommierten Firmen wie Actelion, Roche oder CS (Aquabasilea) häufig miese Löhne erhalten, die eigentlich gar nicht zulässig wären.

Gerade auf den Grossbaustellen sind die Anstellungsverhältnisse häufig komplex und der Zugang für die Kontrolleure nicht immer einfach. Hinzu kommt, dass die Probleme auf kleineren Baustellen genau gleich auftreten. Verhindern kann man das nur, wenn man verlangt, dass in erster Linie Betriebe aus der Region berücksichtigt werden.

Zum Schluss dürfen Sie noch einen Wunsch äussern: Welche Schlagzeile würden Sie nach der Bekanntgabe der weiteren Spitalplanung am liebsten lesen?

Basel-Stadt und Baselland haben die optimale Lösung gefunden.

Und was wird in den Medien wirklich zu lesen sein?

Basel-Stadt und Baselland haben die optimale Lösung gefunden – hoffentlich.

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