Die Welt im Basler Rathaus scheint in perfekter Ordnung zu sein. Finanzdirektorin Eva Herzog (SP) schüttelt lachend eine Frosch-Schneekugel («Der Frosch kann ja zum Prinzen werden»), SP-Präsident Pascal Pfister blickt verträumt in der Gegend herum und selbst SVP-Grossrat Joël Thüring, der ein Strafverfahren am Hals hat, grinst ununterbrochen vor sich hin.
In bester Laune präsentierten sich die Vertreter von SP, SVP, FDP, CVP, LDP, GLP, EVP und Grünen am Dienstagnachmittag an der Seite von Eva Herzog – wenn auch eine Woche früher als geplant. Am Samstag hatte die «bz Basel» über den geheimen Deal der Basler Parteien zur Unternehmenssteuerreform berichtet, die Pressekonferenz musste deshalb vorgezogen werden. Genervt zeigte sich Herzog aber nicht darüber. Vielmehr betonte sie, wie «toll» es sei, dass dieser Kompromiss zustande gekommen sei.
150 Millionen an die Bevölkerung
Nachdem in den letzten Monaten bürgerliche und linke Politiker unvereinbare Forderungen zur kantonalen Umsetzung der Steuervorlage 17 gestellt hatten, setzte Herzog alle Parteipräsidenten an einen Tisch und handelte mit ihnen ein Abkommen aus. Mit dem Deal werden die Unternehmen unter dem Strich um rund 100 Millionen Franken, natürliche Personen um 150 Millionen Franken pro Jahr, entlastet.
Darauf haben sich die im Grossen Rat vertretenen Parteien (ausser BastA!, die nun das Referendum prüft) mit Herzog geeinigt:
- Die Gewinnsteuer für Unternehmen sinkt auf 13 Prozent (heute zwischen 15 und 22 Prozent).
- Unternehmen können via eine Patentbox Abzüge auf den steuerbaren Gewinn machen.
- Die Teilbesteuerung der Dividenden wird für Unternehmen von heute 50 auf neu 80 Prozent erhöht.
- Der untere Einkommenssteuersatz soll für die Bevölkerung schrittweise von 22,25 Prozent auf 21,5 Prozent gesenkt werden. Das bedeutet laut Herzog eine Senkung des Steuerbetrags um bis zu 1500 Franken pro Person. Bedingung dafür ist, dass es keine Rezession gibt und die Nettoschuldenquote nicht mehr als 4 Promille beträgt.
- Der Versicherungsabzug wird um 1200 Franken auf 3200 Franken pro erwachsene Person erhöht. Der Steuerbetrag wird demnach um 267 Franken pro Person gesenkt.
- Die Kinder- und Ausbildungszulagen sollen zulasten der Wirtschaft neu 270 bzw. 325 Franken betragen (derzeit 200 bzw. 250 Franken).
- Die Prämienverbilligungen werden um 10 Millionen Franken aufgestockt.
Referendum droht
Mit dem Deal werden die Unternehmen unter dem Strich um rund 100 Millionen Franken, natürliche Personen um 150 Millionen Franken pro Jahr, entlastet.
Die kantonale Umsetzung der Steuervorlage kostet den Kanton 150 Millionen Franken pro Jahr. Ursprünglich ging die Regierung noch von 110 Millionen aus, später dann von 140 Millionen. Nun ist es noch mehr geworden. «Das halten wir für vertretbar», sagte Herzog. Zumal mit einer solchen Einigung die Vorlage grössere Chancen habe durchzukommen.
Dennoch: Die Umsetzung der Steuervorlage 17 wird in den nächsten Jahren ein Defizit in die Staatskasse reissen. Laut Herzogs Prognosen ist ab der geplanten Umsetzung im Jahr 2020 mit einem Defizit von 23,6 Millionen Franken zu rechnen, 2024 sollen es sogar 77 Millionen sein.
Patrick Huber, CVP-Vizepräsident, betonte bei der Medienkonferenz die Wichtigkeit des Deals: «Es geht um Tausende Arbeitsplätze in der Region, deshalb war es möglich, dass wir alle am gleichen Strick ziehen.» Und SVP-Grossrat Joël Thüring sagte: «Wir mussten alle über unseren Schatten springen. Aber schön, ist uns diese Einigung gelungen.»
SP-Präsident Pascal Pfister, der wegen des Deals parteiintern unter Druck steht, verteidigte seine Vorgehensweise: «Natürlich habe ich mich zuvor intern abgestützt. Wir haben definiert, was für uns infrage kommt und was nicht.» LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein betonte, dass trotz der geheimen Einigung der demokratische Prozess immer noch gewährleistet sei: «Es gehört dazu, dass wir als Politiker Kompromisse suchen.»
Bis im Herbst soll das Bundesparlament die Steuervorlage 17 verabschieden, anschliessend folgt der Grosse Rat. Geräuschlos wird dies trotz Segen der Parteispitzen nicht über die Bühne gehen. Die BastA!, die den Verhandlungstisch nach der zweiten Runde verlassen hat, droht bereits mit dem Referendum. Immerhin: Die Handelskammer beider Basel, der Gewerbeverband und der Arbeitgeberverband tragen den Deal mit.