Vom steinigen Boden der Realität aus betrachtet, war der Beruf der Stewardessen und Stewards selbst in der Pionierzeit der Fliegerei nie ein Traumjob, auch wenn man das im Höhenrausch allenfalls so empfinden mochte.
Wer sich dem Metier der Stewardess hingab, den erwartete in den engen Kisten nur eines: knochenharte Arbeit unter eher abenteuerlichen als traumhaften Bedingungen.
Eine exklusive Schinderei in Cockpit und Kabine muss es bei aller Leidenschaft für den Dienst am Himmel auch heute noch sein, sonst stünden die stolzen Vögel wohl kaum mit startklaren Motoren am Pistenrand, während das Personal, wie gerade jetzt bei der Lufthansa, für menschlichere Arbeitsbedingungen streikt. Doch sobald sie wieder in die Luft gehen, gilt für die Flight Attendants, wie man sie heute nennt, nach wie vor die gleiche operettenhafte Devise, wie sie schon bei den Stewardessen und Stewards zur Zeit der geflügelten Schüttelbecher oberstes Gebot war: immer nur lächeln und immer vergnügt …
So war es auch bei der Basler Fluggesellschaft Globe Air, die nach ihrer Gründung 1958 dank dem boomenden Chartergeschäft Ende der Fünfzigerjahre zu einem alle Skeptiker verblüffenden Höhenflug ansetzte. Hinter dem Unternehmen steckten zwei automobilsportbegeisterte Hobbyflieger, der von Haus aus begüterte Kaufmann Peter G. Staechelin und der Mechaniker Karl Rüdin, den Staechelin vom Rennsport her kannte. Dank langfristiger Verträge mit der Reiseagentur des Frankfurter Versandgeschäfts Neckermann und dem Schweizer Reiseunternehmen Hotelplan ging es mit der Globe Air rasant aufwärts.
Am 20. April 1967 wurde der Traum zum Albtraum. Im Landeanflug auf Nikosia zerschellten die ehrgeizigen Pläne. 126 Menschen fanden den Tod. Drei Passagiere und eine Stewardess überlebten. Die Untersuchung ergab, dass der Pilot seine vorgeschriebene Ruhezeit beim Aufprall um fast drei Stunden missachtet hatte. Dem Copiloten fehlte gar die gültige Verkehrsfluglizenz. Die Globe Air war am Ende.
Um den Schuldenberg zumindest zu einem Teil abzutragen, griff Peter G. Staechelin auf die privaten Kunstschätze zurück und verkaufte vier berühmte Gemälde von Cézanne, Monet, Sisley und van Gogh. Als dies bei Weitem auch nicht reichte, wollte er auch noch Picassos «Arlequin assis» und «Les deux frères» veräussern. In einer beispiellosen Aktion unter Beteiligung von Regierung, Parlament und Volk wurden die Gemälde für Basel erhalten. Das für die Rettung der Bilder veranstaltete «Bettlerfest» bleibt unvergessen. Den Konkurs der Globe Air im Oktober 1967 konnte es nicht verhindern. Die Lehre daraus war bitter, gelernt fürs Fluggeschäft hat man nicht allzu viel.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 14.09.12