Hunderte demonstrieren in Basel gegen Volksentscheid

Mit einem Marsch durch die Basler Innenstadt protestierten am Sonntagabend gegen 500 Teilnehmer gegen den Abstimmungsentscheid zur Masseneinwanderungsinitiative. Auslöser sei der «rassistische Konsens in der Schweiz». Die Demo blieb friedlich.

(Bild: Alex Preobrajenski)

Mit einem Marsch durch die Basler Innenstadt protestierten am Sonntagabend gegen 500 Teilnehmer gegen den Abstimmungsentscheid zur Masseneinwanderungsinitiative. Auslöser sei der «rassistische Konsens in der Schweiz». Die Demo blieb friedlich.

Die Bestürzung im linken Lager in Basel ist gross: Wenige Stunden nach dem überraschenden Ausgang der Abstimmung über die SVP-Initiative gegen «Masseneinwanderung» versammelten sich auf dem Kleinbasler Claraplatz mehrere hundert Demonstranten, um gegen den Volksentscheid zu protestieren. Der Demo-Zug schwoll auf seinem Marsch über die Mittlere Brücke durch die Innenstadt auf geschätzte 500 Demonstrierende an. Mobilisiert hatte gemäss Aussagen von Teilnehmern der revolutionäre Aufbau.

«Gegen den rassistischen Konsens in diesem Land, der langsam zum System werde», richte sich der Marsch, rief ein Teilnehmer durchs Megaphon. Und gegen die «rechte Hetze», wie auf einem grossflächigen Transparent stand. «Gegen eine Schweiz, die sich all ihrer Werte vergisst und sich in einer Abwärtsspirale zu einer hasserfüllten, selbstsüchtigen Gesellschaft entwickelt.» Das sagt einer der Teilnehmer, der Student Ludovic. Es sei vor allem die Ignoranz, die Selbstüberschätzung, es alleine besser zu können, die ihn fassungslos mache. Der 23-Jährige zählt sich selber zum linken Lager, ohne einer Partei anzugehören.

Sommaruga solle zurücktreten

Es tue ihm gut, dass er nicht alleine so denke, sagt Ludovic noch mit Blick in die beachtlich grosse Menge, unter denen sich auch Basler Politiker, darunter die Basta-Angehörigen Sibel Arslan und Hansueli Scheidegger (Unia) gemischt hatten. Ein SP-Angehöriger äusserte auch seine Enttäuschung über die eigene Bundesrätin Simonetta Sommaruga und deren Kommentar zur Abstimmungsniederlage. Sommaruga sagte an der bundesrätlichen Medienkonferenz, «das Ergebnis ist Ausdruck der grossen Sorge in der Bevölkerung». Der Entscheid müsse nun konsequent umgesetzt werden. Der Basler Parteikollege meinte dazu: «Als die Schweiz 1992 dem EWR nicht beitrat, sagte Jean-Pascal Delamuraz, ein FDPler, dies sei ein schwarzer Tag für die Schweiz.» Gehe es nach ihm, müsse Sommaruga nun zurücktreten.

Auf der Demo durch die Basler Innenstadt, die bis dato friedlich blieb und von zwei BVB-Mitarbeitern angeführt wurde, die den Verkehr regelten, wurden auch grundsätzliche linke Parolen skandiert. «Hoch die Internationale Solidarität». Oder: «Bleiberecht für alle». Auf dem Marktplatz traf der Zug auf ein paar wenige SP-Politiker, die gemeinsam mit den Juso, eine Mahnwache abhielten. «Heute ist die fortschrittliche Schweiz gestorben», sagte stellvertretend der Basler Juso-Chef Beda Baumgartner.

Dessen Mitglieder hatten sich längst der Demo des revolutionären Aufbaus angeschlossen. Auch für Baumgartner war die hohe Zahl der Protestierenden erbaulich: «Deshalb bin ich den Juso beigetreten.» Die Leute indes waren eher angetan vom Protestmarsch als von der stillen Mahnwache im schummrigen Kerzenschein vor dem Rathaus. Die SP lockt keine Empörten mehr auf die Strasse. Bereits nach der Minarett-Abstimmung hatten linke Gruppierungen erfolgreich demonstriert.

Breite Mobilisierung

Unter den vielen Demonstranten befanden sich auch Migranten (einer skandierte auf einer beschriebenen Pizza-Schachtel «Kein Flüchtling kommt aus Spass») und Teilnehmer aus einem eher linksbürgerlichen Spektrum. Das Ehepaar Pregger-Laufner etwa, das sich zumindest äusserlich von den schwarzgekleideten Jugendlichen unterschied. «Die Abstimmung hat mich schockiert», sagt Beatrice Pregger-Laufner. Sie habe den Aufruf zum Protest in ihrem Bekanntenkreis weitergeschickt, zumindest die Familie liess sich mobilisieren. «Nie hätte ich geglaubt, das die Schweiz zu so einem Entscheid fähig ist», sagt sie noch und taucht ab in der Menge.

Diese wurde auf ihrem Marsch immer wieder von Anwohnern angefeuert, Autos hupten. Aus einem Fenster an der Feldbergstrasse hing ein Transparent: «Wir schämen uns!». Eine jubelnde Menge, Böller und rote Fackeln: Die linke Splittergruppe war für einmal Stimme eines empörten Basels.

Die Gegner der SVP-Initiative mobilisieren in Schweizer Grossstädten: In Bern, Luzern und Zürich kam es zu spontanen Kundgebungen. Während in Bern und Luzern zumindest bis um 21.00 Uhr alles friedlich verlief, berichtet die Zürcher Polizei von vereinzelten Sachbeschädigungen an Gebäuden durch Sprayereien und geworfene Gegenstände. In Zürich nehmen rund 700 Personen an den Demonstrationen teil, in Bern sollen es laut Agenturmeldungen geschätzte 600 Demonstrierende sein, in Luzern rund 300.

Nächster Artikel