«Ich trage das kollegial mit»

Der neue Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr bestreitet seine ersten Dehnübungen. Als erklärter Gegner des Hooligan-Konkordats muss er nun den Beitrittsentscheid der Regierung vertreten. Das tut er auffällig widerwillig.

In der Regierung unterlegen: Baschi Dürr konnte sich in seinem ersten Kerngeschäft nicht durchsetzen. (Bild: Nils Fisch)

Der neue Basler Sicherheitsdirektor Baschi Dürr bestreitet seine ersten Dehnübungen. Als erklärter Gegner des Hooligan-Konkordats muss er nun den Beitrittsentscheid der Regierung vertreten. Das tut er auffällig widerwillig.

Das Schweizer Regierungssystem hat einige Eigenarten in der Kommunikation hervorgebracht, und Baschi Dürr hat sie in seiner erst kurzen Zeit als Vorsteher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD) bereits verinnerlicht. «Ich trage das kollegial mit», sagt er anlässlich des Regierungsentscheids zu einem Beitritt zum überkantonalen Hooligan-Konkordat. Heisst: «Ich bin dagegen, darfs aber nicht sagen, aber ihr wisst ja, wie ichs meine.»

Herauszulesen war das auch aus der von Dürrs Departement verschickten Regierungsmitteilung: «Der Regierungsrat erachtet das aktuelle reglementarische und gesetzliche Instrumentarium in Basel-Stadt als derzeit ausreichend», schreibt das JSD.

Und weiter: «Die oft zitierte Spirale der Gewalt lässt sich über die letzten zehn Jahre statistisch nicht nachweisen. Unbestreitbar ist aber eine Spirale der Regelverschärfungen im Gang – mit schwierig messbaren Resultaten. Der Regierungsrat ist skeptisch, ob die ständigen Regelverschärfungen, die gewisse Fangruppierungen weiter radikalisieren könnten, den für alle Kantone gleichermassen Erfolg versprechenden Weg zum gemeinsamen Ziel der Prävention – mehr Sicherheit und weniger Kosten – darstellt.»

Politische Debatte erwünscht

So hatte Baschi Dürr schon getönt, bevor er letzten Oktober in die Exekutive gewählt wurde. Die Gesamtregierung stimmte der umstrittenen Verschärfung nun gleichwohl zu. Laut Dürr vor allem aus grundsätzlichen Überlegungen. Hätte die Regierung Nein gesagt, wäre die Vorlage nicht in den Grossen Rat gekommen. «Wir wollten die politische Debatte nicht verunmöglichen», sagt Dürr. Diese soll noch vor Ende Jahr erfolgen.

Dürr wird dann seine Gelenkigkeit unter Beweis stellen können. Er werde dem Grossen Rat nicht empfehlen, gegen die Regierungsvorlage zu stimmen, aber durchaus seiner Skepsis Ausdruck verleihen. Dürr will dem Parlament eine liberale Auslegung des Massnahmenpakets versprechen. «In der Praxis wird sich nichts ändern» sagt der FDP-Politiker, da es sich bei den meisten Verschärfungen um Kann-Bestimmungen handle. Einzige Pflicht wäre, dass FCB-Spiele vorgängig durch die Behörden bewilligt werden müssen – was in Basel bereits praktiziert wird.

«Wir müssen vom Worst Case ausgehen»

Für SP-Grossrat Tobit Schäfer widerspricht dieser Umgang mit dem Konkordat seinem Verständnis von Gesetzgebung. «Wir müssen vom Worst Case ausgehen, wenn wir Gesetze erlassen.» Er habe durchaus Vertrauen in Dürr, aber wer garantiere, dass sich nach einem personellen Wechsel an der Spitze des Departements oder der Polizei, die Haltung nicht ändere, fragt Schäfer. Oder auch im Fall von Ausschreitungen: «Dann wird der liberale Umgang infrage gestellt.»

Zweiter Grund für die Zustimmung der Regierung sei, dass die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren das Konkordat einstimmig verabschiedet hatte – inklusive der Stimme von Dürrs Vorgänger Hanspeter Gass. Eine Basler Kehrtwende wäre schwierig zu erklären gewesen.

Vorteile des Konkordats sieht Dürr auf Nachfrage einzig darin, dass schweizweit das gleiche rechtliche Framework gelten würde. Das neue Hooligan-Konkordat sieht etwa vor, dass Rayonverbote um alle Stadien von maximal einem Jahr auf drei Jahre ausgedehnt werden können. Aktenkundigen Straftätern, die beispielsweise wiederholt Sachbeschädigungen begangen haben, könnte zudem eine Meldepflicht an Spieltagen auferlegt werden.

Disziplinierung durch die Alteingesessenen

Nicht nur der demonstrative Widerwillen Dürrs deutet daraufhin, dass die Regierung den neuen Mann in ihren Reihen hat auflaufen lassen. Beim ersten wichtigen Geschäft hat sich das Kollegium gegen die Meinung des zuständigen Departements und des Amtsinhabers ausgesprochen. Dürrs Ablehnung des Konkordats im Wahlkampf hatte den Charakter eines Wahlversprechens.

Selbst die SP-Regierungsräte versagten Dürr nun die Gefolgschaft. Dabei hatten sich diese als Teil der Fraktion im Grossen Rat vor einem Jahr noch gegen das Konkordat ausgesprochen. Auch bei den Grünen von Regierungspräsident Guy Morin ist der Widerstand gegen die Verschärfungen gross. Im Nein-Komitee sind mehrere grüne Parlamentarier vertreten.

Dürrs Disziplinierung durch die Alteingesessenen ausgerechnet in seinem ersten Kerngeschäft lässt auf einen harzigen Start der neuen Regierung schliessen. Zumal Dürr offen zum Audruck bringt, was er vom Entscheid des Gremiums hält: nichts.

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