Im Auge des Sturms

Ein Staatsanwalt eröffnet eine Strafuntersuchung gegen Christoph Eymann. Doch das ist nicht der einzige Unruheherd um den LDP-Regierungsrat.

Viel Ärger vor den Wahlen: Regierungsrat Christoph Eymann (Bild: Michael Würtenberg)

Ein Staatsanwalt eröffnet eine Strafuntersuchung gegen Christoph Eymann. Doch das ist nicht der einzige Unruheherd um den LDP-Regierungsrat.

Als ob Regierungsrat Christoph Eymann nicht schon genug am Hals hätte: Schülerinnen und Schüler wehren sich lautstark vor den Türen des Erziehungsdirektors gegen die angekündigte Abschaffung des beliebten Schwerpunktfachs «Philosophie, Päda­gogik und Psychologie» am Gymnasium am Münsterplatz. Keine 24 Stunden vorher beauftragt die Basler Regierung einen ausserordentlichen Staatsanwalt, eine Untersuchung gegen Eymann zu eröffnen. Und das ist bei Weitem nicht der einzige Unruheherd rund um den 61-jährigen Magistraten.

Ihren Anfang nahm die Geschichte zur Strafuntersuchung im Januar. Damals stellte sich der verurteilte Straf­täter D. M. (Name der Redaktion bekannt) der Polizei, nachdem er zuvor während Jahren abgetaucht war. Im Gepäck hat er eine DVD, prall gefüllt mit brisanten Dokumenten. Es geht um die Affäre des Treuhandunternehmens Cosco, das in den 1990er-Jahren mit Anlagebetrügereien für Schlagzeilen sorgte. Es geht um Verstrickungen zwischen Justiz und Politik – und um Regierungsrat Christoph Eymann. Der Kernvorwurf: Eymann soll vor Jahren mit einer Art Schweigegeld eine Hanfplantage finanziert haben, die D. M. zusammen mit anderen betrieb.

Schweigegeld für Hanfplantage

Im Gegenzug habe D. M. brisante In­formationen zur Cosco-Affäre zurückbehalten zur Verstrickung von Politik und Justiz und zu Eymanns damaliger Ehefrau. Denn D. M. sass in den 1990er-Jahren mit Raffaele Klages im Verwaltungsrat der Cosco Finanz & Treuhand. Gegen Christoph Eymanns damalige Ehefrau ermittelte zu dieser Zeit tatsächlich die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Cosco-­Affäre, stellte die Ermittlungen aber ein. Eymann war damals Nationalrat und Gewerbedirektor.

Eymann bestätigte die Recherchen der TagesWoche: D. M. werfe ihm vor, mehrere Zehntausend Franken als Schweigegeld bezahlt zu haben. «Ich habe mir nichts vorzu­werfen und vertraue auf die Ermittlungen des ausserordentlichen Staatsanwalts», sagte Eymann. Seit Längerem kursierten in anonymen Blogs und E-Mails Vorwürfe gegen ihn. Dagegen habe er schon vor einiger Zeit rechtliche Schritte eingeleitet.

Eymann scheint Unruhen anzuziehen wie ein Magnet

Nicht zum ersten Mal hat der seit 2001 amtierende Erziehungsdirektor Ärger. Auf Kriegsfuss steht Eymann etwa mit drei muslimischen Familien in Basel, die ihre Töchter nicht in den gemischten Schwimmunterricht schicken möchten und dafür gebüsst wurden. Eine der betroffenen Familien will den Fall nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nach Strassburg ziehen.
Im Jahr 2005 wählte die Regierung Eymanns Jugendfreund Ueli Vischer (LDP) zum neuen Uniratspräsidenten – und zwar auf Eymanns Vorschlag. Auch sieben Jahre später ist in der ­Basler Politik noch immer von ­Vetternwirtschaft die Rede. Die TagesWoche deckte auf, dass Vischer im ­Verwaltungsrat einer Firma sitzt, die in Pharma-Startup-Firmen investiert, während die Uni gleichzeitig eine lukrative Forschungsarbeit an eben solche Firmen zum Spottpreis verhökerte.

2006 sorgte das Aushängeschild der Liberalen mit einem weiteren Perso­nalentscheid für Furore: Er engagierte den Eventveranstalter Thomas Kastl (heute bei Good News), um die staat­liche St. Jakobshalle zu vermarkten – und musste dafür Rüffel von der ­Geschäfsprüfungskommission des Grossen Rats einstecken. Grund: Das ­Doppelmandat ermögliche Kastl, abzukassieren.

Und wieder geriet der ehemalige ­Gewerbedirektor ins Visier der Geschäftsprüfungskommission: 2008 untersuchte diese, ob bei der Klasseneinteilung im Kleinbasler Theodors-Schulhaus eine privilegierte Klasse mit weniger Ausländern gebildet wurde, der Eymanns jüngste Tochter angehörte. Die Vorwürfe lösten sich jedoch in Luft auf. Für eine Einflussnahme des Erziehungsdirektors gab es keine Hinweise.
Eymann wirke derzeit etwas verunsichert, hört man aus seinen Umfeld. Trotzdem kann er gelassen bleiben, denn obwohl er Unruhen wie ein Magnet anzuziehen scheint, hat dies seiner Wiederwahl noch nie geschadet.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 31.08.12

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