In der Not sind auch ICF und Scientology als Mieter recht

Die Betreiberfirma des Gundeli Casinos erzielt rund einen Drittel ihres Umsatzes mit Vermietungen an die Freikirche ICF. Grösster Aktionär des seit Jahren defizitären Unternehmens ist der Kanton Basel-Stadt.

Hat in seiner 30-jährigen Geschichte noch nie rentiert: das Gundeli Casino am Tellplatz. Kein Wunder ist man froh um jeden Kunden. (Bild: Nils Fisch)

Die Betreiberfirma des Gundeli Casinos erzielt rund einen Drittel ihres Umsatzes mit Vermietungen an die Freikirche ICF. Grösster Aktionär des seit Jahren defizitären Unternehmens ist der Kanton Basel-Stadt.

Von Freikirchen wie dem ICF (International Christian Fellowship) kann man halten, was man will, ­sicher ist nur: Sie sind höchst umstritten. Noch weitaus umstrittener ist Scientology. Beide Organisationen gehören zu den Kunden der Gun­del­dinger-­Casino Basel AG (GuCa), welche für die ­Vermietung der Räume im Gundeli ­Casino verantwortlich ist. Grösster Aktionär der GuCa ist der Kanton ­Basel-Stadt. Ihm gehören seit 2001 noch 20 Prozent der Aktien mit ­einem Nennwert von etwas über 300 000 Franken, zuvor war der Anteil des Kantons an dem Unternehmen doppelt so hoch.

Der ICF feiert seit über zehn Jahren seine wöchentlichen Gottesdienste im grossen Festsaal im dritten Untergeschoss des prägnanten Gebäudes am Tellplatz. Scientology wiederum hat in den letzten zwei Jahren für insgesamt 14 interne Veranstaltungen Räume im Gundeldinger Casino in Anspruch genommen. Dies zeigt der Belegungsplan, welcher der TagesWoche vorliegt. «Mit den rund 50 Veranstaltungen pro Jahr im Festsaal, dem teuersten der mietbaren Räume, ist der ICF unser grösster Kunde», bestätigt GuCa-Verwaltungsratspräsident Vincent Hoehn. Insgesamt ein Drittel des Umsatzes im Kerngeschäft (der Saalvermietung) von rund 300 000 Franken entspringe den Kassen der Freikirche.

«Wir sind nicht in der Position, gross wählerisch zu sein»

Es habe Diskussionen gegeben im Verwaltungsrat, ob man eine umstrittene Freikirche zu seinen Kunden zählen wolle, sagt Hoehn. «Letztlich sind wir aber nicht in der Position, gross wählerisch zu sein», gibt er zu bedenken. Man habe sich mit dem ICF arrangieren können, die Vermietung des Festsaals sei an strikte ­Bedingungen gebunden. «Wir wollen zum Beispiel nicht, dass der ICF hier vor den Türen des Gundeli Casinos Mitglieder anwirbt.» Auch Scientology­ habe man nur zugesagt, weil es sich um interne Veranstaltungen gehandelt habe. Hoehn würde jedoch andere Kunden vorziehen, wenn er die Wahl hätte. «Am liebsten würde ich im Festsaal Konzerte veranstalten», dafür sei der Saal jedoch zu klein. Dies hätten verschiedene Gespräche mit Konzertveranstaltern der Region ergeben, sagt Hoehn.

Beim Kanton hingegen hat man wenig Vorbehalte gegenüber dem Grosskunden ICF. Kaspar Sutter, Generalsekretär des Finanzdepartements und damit kantonaler Vertreter in der Gundeldinger-Casino AG: «Ich weiss, dass mit dem ICF Basel ein wichtiger Anteil des Umsatzes erzielt wird.» Er sei froh, habe das GuCa überhaupt Kunden, die Einnahmen generieren, sagt Sutter. Allerdings sei der Kanton hauptsächlich an einer öffentlichen Nutzung des Festsaals interessiert, «und die Vermietung an den ICF ist keine öffentliche, sondern eine private Nutzung».

Kanton hat bisher rund 20 Millionen investiert

Das Gundeli Casino hat eine lange Geschichte. Früher war es Treffpunkt zahlreicher Vereine im Quartier, es fanden kulturelle und sportliche Anlässe statt. Im letzten Juni hat die Gundeldinger-Casino Basel AG ihr dreissigjähriges Bestehen gefeiert (Auf der Rückseite dieses Artikels findet sich eine Jubiläumsbroschüre mit weiteren Informationen zur Geschichte des GuCa). Teil dieser langen Geschichte ist auch der Kanton, insgesamt fast 20 Millionen Franken hat dieser in den dreissig Jahren bereits in das Gundeli Casino investiert. Das Geld floss dabei vor allem in den aufwendigen Bau des Festsaals, 2001 wurde der GuCa zudem im Rahmen einer Sanierung ein grösserer Kredit erlassen.

Damals hat der Kanton auch seinen Anteil halbiert, indem er 600 Aktien gratis an die UBS, die BKB und die Bank Coop abtrat. Im Gegenzug verzichteten diese Banken ebenfalls auf die Tilgung eines Kredits. Dies alles ist einem Ausgabenbericht der Regierung an den Grossen Rat aus dem Jahr 2001 zu entnehmen (Siehe Rückseite). In diesem ­Bericht steht auch, dass die GuCa-Aktien eher eine «Verpflichtung zur Aufrecht­erhaltung des defizitären Saalbetriebs bedeuten, als lukrative Vermögens­werte darstellen». Die GuCa, heisst es im Bericht weiter, habe in all den Jahren noch nie Gewinn abgeworfen. Zu teuer ist der Unterhalt des Festsaals, zu aufwendig die Belüftungs- und Feuerschutztechnik.

Missglückte Sanierung

«Mit der Sanierung wollte der Kanton damals das Unternehmen auf gesunde Füsse stellen», sagt Sutter. Im letzten Jahr habe sich aber gezeigt, dass ein rentabler Betrieb noch immer nicht möglich sei. «Und da der Festsaal der Grund ist, weshalb wir noch immer am Gundeli Casino festhalten, gilt es diese Nutzungsform zu hinterfragen.» Aktuell sei die GuCa zusammen mit der Christoph Merian Stiftung daran, eine Nutzungsstudie zu erstellen. Der Kanton begrüsse diese Versuche, über die ­Positionierung der GuCa nachzudenken. «Sind die Ergebnisse da, wird der Kanton seine Beteiligungsstrategie neu definieren müssen», sagt Sutter.

Verwaltungsratspräsident Vincent Hoehn fühlt sich vom Kanton alleinegelassen. «Von einem Eigentümer e­rwarte ich, dass ein Interesse am ­Unternehmen besteht.» Hoehn hat ­allerdings das Gefühl, dass man beim Kanton froh sei, wenn man möglichst wenig vom Gundeli Casino höre. Als Indiz für das Desinteresse des Kantons wertet Hoehn beispielsweise, dass dieser auf die Einsitznahme im Verwaltungsrat verzichte, obwohl ihm als grösster Aktionär eine solche zustehen würde.

Der Verwaltungrat fühlt sich vom Kanton übergangen

Übergangen gefühlt habe man sich auch, als der Kanton die Hälfte seiner Anteile an die drei Banken abgetreten hat. «Dies war nicht in unserem Sinne», das Wasser sei dem Verwaltungsrat damals allerdings bis zum Hals ­gestanden. Man habe einfach keine Wahl gehabt, auch wenn die Statuten der AG eine Übertragung der Aktien an die Zustimmung des Verwaltungsrats knüpfen. Hoehn wäre es am liebsten, wenn der Kanton seine übrigen Anteile auch noch veräussern würde, denn: «Ich wünsche mir Eigentümer, die Verantwortung übernehmen wollen.»

Kaspar Sutter will diese Vorwürfe nicht gelten lassen. «Der Kanton nimmt seine Rechte und Pflichten als Minderheitsaktionär wahr.» Die operative und strategische Verantwortung liege bei Geschäftsführung und Verwaltungsrat, sagt er. ­Natürlich sei das Engagement des Kantons als Eigner auch von der Grösse­ der Beteiligung abhängig. Er habe sich übrigens im letzten Jahr zweimal mit dem Verwaltungsrat ­getroffen und im Namen des Kantons verlangt, dass Strategien entwickelt würden, um das Gundeli Casino aus der Verlustzone zu führen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 07.12.12

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