Auf dem Weg zur Velostadt hat sich Basel an den Coolsten orientiert. Das ging zweimal gut – und einmal in die Hose.
Die Stadt ist in letzter Zeit ja ziemlich zum Hipster geworden, wenn es ums Velofahren geht. Sie hat einiges unternommen, um dem trendigen Single-Speed-Lifestyle entgegenzukommen.
Rechtsabbiegen bei Rot zum Beispiel. Macht in jenen Kreisen ja eh jeder, dachten sich die zuständigen Beamten. Warum also nicht auch selbst mal ein bisschen cool sein? Wenigstens probehalber? Ein Jahr später konnte dieser Probelauf bereits als Erfolg verbucht werden.
Vom Erfolgserlebnis beflügelt, machte sich die Stadt an das bislang grösste Hipsterisierungsprojekt im Strassenverkehr: die Umsetzung des neuen Verkehrskonzepts Innenstadt. Dass ein Hipster von seinem Sattel aus schon mal einem Autofahrer mit dem Stinkefinger zuwinkt, das kennt man aus dem Alltagsverkehr. Dass es gleich die ganze Stadt vom Beamtensessel aus nachmacht, konnten selbst am 11. Januar noch nicht alle Autofahrer glauben. Aber warum auch nicht? Da darf Basel ruhig auch mal ein bisschen cool sein.
Voll im Trend
Bei so viel Hipster-Spirit, würde man meinen, könnte es die Stadt eigentlich für eine Weile bewenden lassen. Aber wie das so ist, wenn man mal richtig in Fahrt kommt: Man beginnt gerne mal ein wenig über die Stränge zu schlagen. Das trifft inzwischen auch auf die Stadt zu. Sie läuft Gefahr, die in den letzten Jahren erlangten Coolness-Punkte auf einmal wieder zu verspielen.
«Wir denken bei allen Projekten des Bau- und Verkehrsdepartements das Velo immer mit», heisst es auf der Website des Amts für Mobilität. Nachdem die Beamten sich erfolgreich an des Hipsters Art, Fahrrad zu fahren, orientiert hatten, haben sie sich in letzter Zeit vor allem für dessen Gefährt zu interessieren begonnen.
Da haben die Beamten sehr richtig beobachtet: Der Hipster, der hat ja gar keinen Ständer am Velo. Vielleicht ein Trend mit Zukunft? Doch wie könnten wir den umsetzen?
Eine grössere Herausforderung, als man denkt. Schliesslich verfügt die Stadt selbst ja nicht über eigene Velos, denen man die Ständer einfach hätte abmontieren können. Wohl aber über eigene Veloparkfelder! Und dort haben wir ja auch Ständer, dachten sich die Beamten. Wäre womöglich auch noch cool, wenn wir die abmontierten.
Chic, aufs Minimum reduziert, fast so wie die Hipster-Velo – nur leider mit einem Denkfehler behaftet: die neuen Velo-Plätze. (Bild: Tino Bruni)
Und so verschwand zum Beispiel der Veloständer aus meiner Strasse. Man hatte die Gelegenheit gleich genutzt, als man diese zur Begegnungszone umfunktionierte. Und zugegeben, so ein Veloparkplatz ohne Ständer sieht wirklich chic aus. Schön schlicht, reduziert aufs Wesentliche, fast so wie ein Fixie-Bike. Blöd nur, dass jetzt keiner aus der Nachbarschaft sein Velo dort hinstellen will. Selbst die nicht, die einen Ständer am Velo hätten, aber auch gerne eine Möglichkeit, das Velo irgendwo anketten zu können.
Man lernt nie aus
Die verschwundenen Ständer findet demnach niemand so richtig cool. Es scheint vielmehr, als hätte die Stadt bei dieser Ständersache etwas grundlegend falsch verstanden.
Dass so ein Ständer noch ganz praktisch wäre, anerkennen selbst die Hipster. Gerade die Hipster. Die stehen voll auf Anlehnen. Das kann man auch in ihren Szene-Lokalen sehen. Dort würden sie ja auch nicht auf den Bartresen verzichten wollen, an welchem man durch simples Anlehnen die eigene Identität positiv zum Ausdruck bringen kann.
Liebes Basel, für einmal warst du leider zu cool für dich selbst. Du hast dem Hipster-Fixie seine Bar eliminiert. Das kommt nicht so gut an, tut mir leid. Aber noch ist es ja nicht zu spät, dein «Veloparkierungs-Konzept» ein klein wenig zu überarbeiten, bevor du dir die nächste Begegnungszone vornimmst. Dann vielleicht eher wieder mehr den Fahrer als sein Velo mitdenken. So kommt das schon wieder gut mit dem Coolsein.