Jahr für Jahr nimmt die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) als parlamentarische Oberaufsicht die «staatliche Tätigkeit» von Regierung, Verwaltung und Gerichtsbehörden unter die Lupe. Nach der aufsehenerregenden Kritik an der umstrittenen Millionenzahlung an Frankreich im Zusammenhang mit der Verlängerung der Tramlinie 3 im vergangenen Jahr sorgt der aktuelle Bericht für vergleichsweise wenig Wind.
Ein paar Punkte fallen aber dennoch auf.
Staatsanwaltschaft am Limit
So konstatiert die GPK bei der Staatsanwaltschaft einen regelrechten Stau an unerledigten Strafverfahren. Ende 2017 waren es 6771 Fälle, die nicht abgeschlossen waren – 1000 mehr als noch ein Jahr zuvor. Die GPK spricht in ihrem Bericht von einem «inakzeptablen Zustand», nicht nur für die Mitarbeitenden der Kriminalpolizei, sondern auch für Verdächtigte, Straftäter «und vor allem auch Geschädigte und Opfer».
Dieser Rückstau verletze das sogenannte «Beschleunigungsgebot» der Schweizerischen Strafprozessordnung, wonach Anzeigen unverzüglich behandelt und Strafverfahren ohne Verzögerung abzuschliessen seien. Diesem Gebot steht aber die grosse Belastung der Strafbehörden durch «administrative Auflagen und Formalien» entgegen. Diese Belastung – die Staatsanwaltschaft spricht laut GPK von einer «Behinderung der staatsanwaltschaftlichen Kernarbeit» – werde durch die vom Bundesrat angekündigte Revision der Strafprozessordnung noch weiter steigen, heisst es im Bericht.
Was für Fälle in der Warteschlaufe landen, geht aus dem GPK-Bericht nicht hervor. Kommissionspräsident Christian von Wartburg (SP) verwies hier auf den aktuellen Bericht der Aufsichtskommission über die Staatsanwaltschaft. Bei den meisten liegen gebliebenen Fällen handelt es sich um «Bagatelldelikte», bei denen mit einer Strafe von höchstens drei Monaten Gefängnis zu rechnen ist. Bei ganzen 300 Fällen geht es aber um häusliche Gewalt, bei weiteren 80 um Sexualdelikte, die zu einem grossen Teil über zwölf Monate hängig geblieben sind.
Die Staatsanwaltschaft hofft laut GPK-Bericht, dass die Regierung diese Alarmzeichen ernst nimmt und «geeignete Massnahmen» in die Wege leitet. Konkret ist – wenig überraschend – von einer Aufstockung des Personals die Rede. Denn «die in vielen Fällen systembedingte Rechtsverzögerung» könne «einzig mit signifikant mehr Personal wenn nicht gestoppt, so doch zumindest entschärft werden», zitiert die GPK die betroffene Behörde.
Ewiges Sorgenkind BVB
Im Fokus der GPK-Kritik blieb das grosse Sorgenkind der vergangenen Jahre, nämlich die BVB. Im Bericht zum Jahr 2016 hatte die Kommission neben der Millionenzahlung auch den Sanierungsstau auf dem Tramnetz kritisiert. Im aktuellen Bericht konzentriert sich die GPK nun auf die Baustellenkoordination zwischen Tiefbauamt, BVB und IWB, bei der die Verkehrsbetriebe in Vergangenheit ebenfalls ein überaus schwaches Bild abgaben.
Die Betonung liegt allerdings auf Vergangenheit, namentlich die Jahre bis 2016. Denn mit der neuen BVB-Führung habe sich die Situation spürbar verbessert, wie Kommissionspräsident von Wartburg sagte.
Konkret unter die Lupe genommen wurde das sogenannte Geschäftsmodell Infrastruktur, kurz GMI, das die Regierung 2009 ins Leben rief, um die Bautätigkeit der erwähnten Dienststellen und ausgelagerten Betriebe zu koordinieren. Ziel war es zu verhindern, dass die IWB eine Strasse aufreissen lassen, um Leitungen zu erneuern, und die BVB ein halbes Jahr am selben Ort mit der Sanierung der Gleisanlagen erneut für eine Grossbaustelle sorgen.
Das GMI als Tool bezeichnete von Wartburg als «hervorragendes und kluges Instrument für koordiniertes Bauen». Es könne aber nur funktionieren, wenn alle Beteiligten ernsthaft mitmachen würden. Bei den BVB sei dies in Vergangenheit nun aber ganz und gar nicht der Fall gewesen. «Die BVB waren im Bereich der Erhaltungsplanung nicht bereit, die eigenen Hausaufgaben zur Infrastrukturerhaltung zu machen, und auch nicht willens, das Konzept des GMI mitzutragen», ist in aller Deutlichkeit im Kommissionsbericht zu lesen.
Im für die Baustellenkoordination federführenden Tiefbauamt sei das Problem erkannt worden. Ein runder Tisch sei einberufen worden, allerdings vorerst ohne Erfolg, «weil die BVB teilweise gar nicht erschienen oder jemanden delegierten, der im fraglichen Bereich über keine Kompetenzen verfügte», heisst es im Bericht.
Die GPK fordert nun den Regierungsrat als Eignervertreter der BVB und auch der IWB auf, deutlicher darauf zu achten, dass die Baukoordination von allen beteiligten Stellen ernst genommen wird.
Sorgenkind Bau- und Gastgewerbeinspektorat
Quasi als Ceterum censeo tauchen im aktuellen Bericht – wie in den vergangenen Jahren auch – einmal mehr die Öffnungszeiten und die telefonische Erreichbarkeit des Bau- und Gewerbeinspektorats (BGI) auf. Die Sprechstunden von Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr und am Mittwoch von 14 bis 15 Uhr werden als ungenügend taxiert. Trotzdem habe der Regierungsrat eine Ausdehnung der Öffnungszeiten bislang abgelehnt.
Die betroffene Amtsstelle selber habe die beschränkten Öffnungszeiten mit dem Argument gerechtfertigt, dass die Kunden «teilweise sehr anspruchsvoll und vereinzelt gegenüber den Mitarbeitenden ausfällig» seien, wie es im Bericht heisst. Dieser Argumentation kann die GPK aber ganz und gar nicht folgen. Sie «erwartet» entsprechend, «dass das BGI umgehend seine Öffnungszeiten und telefonischen Sprechstunden einer modernen und kundenfreundlichen Erreichbarkeit anpasst», schreibt die Kommission.
Legionellen in der Luft
Mit 28 Infektionen im Jahr 2017 sorgen die Legionellen als Krankheitserreger in Basel nicht unbedingt für eine Alarmsituation. Die GPK stellt in ihrem Bericht aber fest, dass die Zahl der Infektionen ansteigt. Grund dafür könnten Verdunstungskühlanlagen sein, die von Legionellen befallen sind und diese über weite Strecken in der Luft verbreiten. Die Kommission ist der Ansicht, dass das Gesundheitsdepartement diese Gefahr bislang nicht ernst genug genommen habe.