Der stockende Ausbau der Osttangente erhitzt die Gemüter. Nach Bundesrätin Doris Leuthard üben jetzt auch Wirtschafts- und Autoverbände Kritik am Basler Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels. Seine Teiltunnellösung sei unbrauchbar.
Die Lokalität war geschickt gewählt, um die Entschärfungsanleitung zur «Zeitbombe Osttangente» zu präsentieren. In einem Grossraumbüro im zwölften Stock des St-Jakob-Turms war heute Montag die geballte Macht der regionalen Wirtschafts- und Autolobby versammelt: Freier Blick auf das Corpus delicti war gewährleistet, auch wenn der Verkehr doch recht flüssig die Autobahn rauf und runter lief.
«Zeitbombe Osttangente» – aufgeschreckt von der deutlichen Kritik aus Bern am schleppenden Fortgang des Ausbauprojekts der Stadtautobahn zwischen Schwarzwaldtunnel und Gellertdreieck mahnen die Verbände, es müsse nun zügig eine Lösung gefunden werden. Der Autobahnabschnitt gilt als der meistbefahrene der Schweiz. Bis zu 150’000 Fahrzeuge pro Tag bewegen sich oder bewegen sich eben nicht auf diesem Teilstück. Bis 2030 rechnet das Bundesamt für Strassen (Astra) mit täglichen Staus von bis zu vier Stunden.
Verbreiterung bevorzugt
Infrage kommen aus der Sicht von Gabriel Barell, Direktor des Basler Gewerbeverbands, zwei Varianten: Entweder die Maximallösung mit zweispurigem Tunnel in beide Richtungen oder eine offene Erweiterung, «die mittelfristig eingehaust», also mit einem Dach versehen wird. Darauf könne beispielsweise ein Park angelegt werden.
Da eine Voll-Tunnellösung länger dauern würde, bis sie realisiert ist und kaum finanzierbar wäre – der Bund steuert eine Milliarde Franken an den Ausbau bei, ein Tunnel wäre zwei bis dreimal so teuer – kann Barells Einschätzung als ein Votum für die ursprünglich geplante Verbreiterungslösung gewertet werden. Dagegen hatten sich die Anwohner und sämtliche Parteien sowie der Gewerbeverband unter dem verstorbenen Direktor Peter Malama zur Wehr gesetzt.
Für Barell stellt seine Position gleichwohl keine Kehrtwende dar, schliesslich würde er eine offene Lösung nur mit Einhausung befürworten. Auch dafür müssten allerdings Häuser in den anliegenden Quartieren abgerissen werden.
«Nicht das Problem von ein paar Autosexuellen»
Die Dringlichkeit des Projekts habe die Verbände veranlasst, jetzt Druck zu machen, sagt FDP-Landrat Christoph Buser, Chef der Baselbieter Wirtschaftskammer: «Das ist nicht das Problem von ein paar Autosexuellen, ohne rasche Kapazitätserweiterung droht uns der völlige Verkehrskollaps.» Mit dem Ausbau ist es für Buser aber nicht getan: «Das ist nur der erste Schritt hin zu einem Autobahnring um die Stadt.»
Als untauglich erachten die Lobbyisten den Kompromissvorschlag, den Wessels zur Prüfung neben der Maximallösung an das Astra überwiesen hat. Dieser würde vorsehen, nur den Transitverkehr in Süd-Nord-Richtung durch einen zweispurigen Tunnel laufen zu lassen, was günstiger käme. Auf einer einzigen oberirdischen Spur würde in dieser Richtung der Lokalverkehr abgewickelt.
Handelskammer-Vertreter Martin Dätwyler argumentiert, dass diese Spur nicht ausreichen würde, um den gesamten Lokalverkehr zu bewältigen, zudem wären dadurch die Messe und die Roche schlechter angebunden sowie die Kosten durch einen notwendigen Rettungsstollen zu hoch.
«Gibt es keine Einigung, droht die Zurückstufung des Projekts. Das hiesse, die Osttangente würde um weitere Jahre verzögert.»
Sorgen mache ihm vor allem, dass sich Kanton und Bund nicht einig werden: «Hier tickt die Zeitbombe, von der wir heute sprechen. Gibt es keine Einigung, droht die Zurückstufung des Projekts. Das hiesse, die Osttangente würde um weitere Jahre verzögert. Um das zu verhindern, fordern wir, dass sich der Regierungsrat noch im Jahr 2014 für eine Variante entscheidet.»
Wirtschaftskammer-Mann Buser wiederholte dazu die Aussage von Verkehrsministerin Doris Leuthard, die den ganzen Wirbel ausgelöst hatte: «Der Ball liegt im Departement Wessels.» Tatsächlich hat das Astra mittlerweile eingeräumt, sämtliche relevanten Informationen aus Basel erhalten zu haben und mit der Prüfung der Varianten beschäftigt zu sein.