Die Schweizer Verkehrsministerin Doris Leuthard übt scharfe Kritik an der Basler Regierung. Insbesondere Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels wirft sie vor, den Entscheid über den Ausbau der Osttangente seit Jahren zu verschleppen. Eine Abfuhr erteilt Leuthard einer Bahnanbindung an den EuroAirport.
Der Auftritt der eigenen Bundesrätin Doris Leuthard sollte eigentlich den Wahlkampf von CVP-Regierungsaspirant Lukas Engelberger beflügeln. Stattdessen nutzte die Schweizer Verkehrsministerin ihren Auftritt vor Parteileuten im Basler Schützenhaus, um mit scharfen Worten die Basler Regierung unter Druck zu setzen.
«Der zuständige Departementsvorsteher muss sich entscheiden, was er will», sagte Leuthard ohne den Namen des angeblichen Zauderers zu nennen. Ihr Thema war der seit 2008 geplante Ausbau des Autobahnabschnitts zwischen dem Gellertdreieck und dem Schwarzwaldtunnel, gennant Osttangente. Und gemeint war er: SP-Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels.
«Hinauszögern ist einfach – ich bin es mir gewohnt, Entscheidungen zu treffen», sagte Leuthard auf Wessels gemünzt. Seitdem sie das Verkehrsdepartement 2010 übernommen habe, stehe der Ausbau der Osttangente um je eine Fahrspur pro Richtung auf der Prioritätenliste, ohne dass Basel eine Lösung habe finden können.
Tunnelvariante vom Tisch?
Der Bund bevorzugt einen oberirdischen Ausbau. Geschätzte Kosten: rund eine Milliarde Franken. Die von Basel-Stadt nach energischem Widerstand von Anwohnern vorgebrachte Tunnelvariante wäre deutlich kostspieliger. Jedoch zeigte sich das Astra 2012 noch aufgeschlossen gegenüber dieser Lösung. Heute ist von diesem Verständnis nicht mehr viel vorhanden. «Irgendwann muss man einen Schritt vorwärts machen und das Wünschbare vom Machbaren auseinander halten», sagte Leuhard. Der Bund könne nicht mit Steuermilliarden jeder Region und jeder Stadt die optimale Lösung finanzieren.
Weshalb Leuthard derart deutliche Worte wählte, bleibt unklar. Auf die Nachfrage, welche Ausbauvariante nun wahrscheinlich sei, wollte sie keine Antwort geben, da «die Chancen gut stehen, dass wir uns einigen können und ich diesen Prozess nicht gefährden will.»
CVP-Granden in der ersten Reihe: Lukas Engelberger, Doris Leuthard und Carlo Conti im Schützenhaus. (Bild: Hans-Joerg Walter)
Sie liess aber durchblicken, über die Basler Unentschlossenheit verärgert zu sein: «Wir würden gerne anfangen zu bauen, aber wenn man immer wieder die Pläne ändert, dann passiert nichts. Niemand bei uns weiss, was die Basler wollen. Wir wissen, was die beste Lösung ist und hoffen, dass sich das Departement endlich entscheidet.»
Unbestritten ist, dass die Zeit drängt. Der Engpass zwischen Augst und dem Badischen Bahnhof zähle zu den dringendsten Problemen im Schweizer Autobahnnetz, sagte Leuthard. 2030 stehe man gemäss den Prognosen des Astra auf diesem Abschnitt jeden Tag zwischen zwei und vier Stunden im Stau.
Selbst bei einer Einigung in diesem Jahr könne erst mit Baubeginn 2025 gerechnet werden. Nicht nur wegen möglicher Einsprachen von Einwohnern ist mit Verzögerungen zu rechnen. Eine Vorlage der Regierung müsste erst durch den Grossen Rat und allenfalls vom Volk abgesegnet werden.
«Andere Städte sind geschickter» – Doris Leuthard bemängelt die Basler Standortpolitik. (Bild: Hans-Joerg Walter)
Die jahrelange Prüfung der richtigen Variante habe soviel Zeit gekostet, dass der Streckenabschnitt noch vor dem Ausbau saniert werden müsse, so Leuthard. Was zu schmerzhaften Verkehrsbehinderungen und damit zusätzlichem Stau im Raum Basel führen werde.
Im Seilziehen um die Osttangente erkennt Leuthard eine Kernschwäche der Basler Position im Kampf um Bundesgelder: «Andere Städte sind geschickter. In Basel wird alles lange diskutiert.»
«Euroairport wird immer französischer»
Mit umgekehrten Vorzeichen ist das Basler Wunschprojekt eines Bahnanschlusses an den EuroAirport versehen. Hier tritt der Bund auf die Bremse. Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich seien derzeit so belastet, dass eine schnelle Realisierung nicht zu erwarten sei, sagte Leuthard. Sie führte einen französischen Gerichtsentscheid an, wonach auf dem gesamten Flughafen französisches Arbeitsrecht anzuwenden ist. «Wir finanzieren nicht die Bahn und Frankreich macht den Flughafen immer französischer.»