Na also, das klingt doch schon mal ganz gut. Nachdem die drei Regierungskandidaten Reformen versprochen haben, kündigen sie in der zweiten Fragerunde konkrete Verbesserungen an. Der Grünliberale Gerhard Schafroth distanziert sich zudem klar von seinen beiden Konkurrenten.
Deutliche Kritik an der aktuellen Regierung und klare Erwartungen gegenüber dem neuen Regierungsrat: Das bekamen wir auf unserer kleinen Wahl-Tour durchs Baselbiet schon sehr bald zu hören. Mehrfach.
Zu ersten Forderungen haben die drei Regierungsratskandidaten Eric Nussbaumer (SP), Gerhard Schafroth (GLP) und Thomas Weber (SVP) bereits Stellung bezogen und dabei die Erwartungen wohl nochmals erhöht. Alle drei haben nämlich zu verstehen gegeben, dass sie Reformen wollen, dass sie für Reformen stehen.
Umso interessanter ist es nun, was sie zur ersten konkreten Frage zu sagen haben. Zum Vorwurf der Buusner Gemeindeverwaltung, im Baselbiet gebe es zu viel amtlich vorgegebener Leerlauf, zu viel Papierkram und viele Reformen, die kaum durchgeführt, schon von der nächsten abgelöst werden.
Ein Problem, das vor allem auch der Grünliberale Schafroth sieht. «Die Buusner haben recht», sagt er. Die Gemeinden würden «überschwemmt mit Administration»; sie bräuchten mehr Autonomie. Ähnlich der SVPler Thomas Weber. Er regt einen «Dienststellen-Check» an, der zeigen soll, welche Regelungen sinnvoll sind und welche besser gestrichen würden. Eric Nussbaumer würde dagegen einfachere Lösungen bevorzugen. «Administrative Leerläufe müssen sofort beseitigt werden», sagt er. Und zwar so: «Anrufen, klären, Leerlauf abschaffen.»
Mehr Persönlichkeit gefordert
Daneben sieht man in Buus auch noch in einem ganz anderen Bereich dringenden Handlungsbedarf in der Baselbieter Politik. «Es fehlen die Persönlichkeiten», sagte uns der Weinbauer Fredy Löw. Was ist davon zu halten? Und wie kann es gelingen, einerseits klare Haltungen zu vertreten (was eine Persönlichkeit ja wohl ausmacht) und andererseits kompromissfähig zu sein (was einer Persönlichkeit nicht minder gut ansteht)?
Auch das wollten wir in der zweiten Runde von den Kandidaten wissen. Die klarste Antwort kam dabei wiederum von Schafroth, zumindest zur Frage, welche Haltung die drei vertreten und wie pointiert sie diese vertreten. Nussbaumer sei stramm links, Weber stramm rechts und er «liberale Mitte», schreibt Schafroth. Team- und konsensfähig seien dagen alle drei.
Ein strammer Linker, ein strammer Rechter – und ein Befürworter des Grundeinkommens
Deutliche Worte, die sich mit dem Bild der Online-Wahlhilfe Smartvote bei früheren Abstimmungen aber zumindest bis zu einem gewissen Grad deckt (online sind die Smartspider leider nicht mehr verfügbar im Internet-Archiv von Smartvote). Nussbaumer steht demnach klar für einen «ausgebauten Sozialstaat» und gegen eine «restriktive Migrationspolitik». In gesellschaftlichen Fragen ist der gläubige Christ allerdings eher konservativ; so spricht er sich zum Beispiel gegen aktive Sterbehilfe aus. Thomas Weber wiederum steht beim Smartspider vor allem wegen seiner Sympathie für eine «restriktive Ausländerpolitik» als «Hardliner» da, wie die Basellandschaftlichen Zeitung festgestellt hat (online leider ebenfalls nicht verfügbar). Die Personenfreizügigkeit mit der EU unterstützt er gemäss eigenen Aussagen ebenfalls nur «mit Vorbehalten». Eher zurückhaltend ist er dagegen, wenn es um «Law and Order» geht.
Schafroth schliesslich ist ähnlich umweltfreundlich wie Nussbaumer eingestellt, gesellschaftspolitisch aber liberaler und in sozialen Fragen vor allem kritisch gegenüber dem jetzigen System. «Statt der zahlreichen lückenhaften und teils widersprüchlichen Sozialeinrichtungen wäre es wahrscheinlich effizienter, ein Grundeinkommen für jedermann zu haben. Mit weniger Geld wäre damit mehr soziale Sicherheit zu erreichen», sagte er der Basellandschaftlichen Zeitung.
Unsere Fragen an die Regierungskandidaten
2. Ebenfalls in Buus wurde uns gesagt, es brauche in der Regierung wieder Persönlichkeiten, denen die Sache wichtiger ist als das Parteibüechli. Persönlichkeiten auch, die Klartext reden. Fehlt das tatsächlich im Baselbiet? Und falls ja: Inwiefern können Sie dieses Manko beheben?
3. Lässt sich beispielsweise dem politischen Profil eines Politikers in Wahlkampfhilfen wie Smartvote ableiten, wer auch im politischen Alltag klare Haltungen vertritt und wer nicht? Und wer konsenstauglich ist und wer nicht?
Die Antworten der drei Kandidaten:
1. Die Buusner haben recht: Die Arbeitsteilung zwischen Kanton und Gemeinden ist nicht mehr sinnvoll eingerichtet. Die Gemeinden sind zu oft nur Ausführungsorgane des Kantons und dieser überschwemmt sie dabei mit Administration. Es ist für alle besser, wenn die Gemeinden mehr Autonomie erhalten und ganze Aufgaben wieder selbständiger erledigen. Das gilt ganz besonders für die Primarschulen.
2. Ich bin auch da gleicher Meinung wie die Buusner: Regierungsrats-Wahlen sind Persönlichkeitswahlen und haben mit dem Parteibüchlein nicht zu tun. Das Wohl der Einwohner/innen muss im Zentrum stehen.
3. Das Baselbieter/innen haben die Wahl zwischen stramm rechts, Weber, stramm links, Nussbaumer und der liberalen Mitte, Schafroth. Ihre Konsens- und Teamfähigkeit haben alle drei mehrfach bewiesen.
1. Ich kann mir beispielsweise vorstellen, einmal einen Check bei den Dienststellen einzuleiten: Wie viele Regelungen gibt es aus welchen Gründen? Wer braucht sie, und fängt überhaupt jemand etwas damit an? Und natürlich: Was wären die Konsequenzen, wenn wir sie weglassen (und der entsprechende Personalaufwand auch nicht mehr zu Buche schlägt)? «Wenn es nicht unbedingt notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, ist es unbedingt notwendig, es nicht zu erlassen.» (Montesquieu)
2. Ja, ich bin für mehr Klartext. Dafür braucht es Grundwerte. Die Parteien vertreten diese zum Glück unterschiedlich. Ich habe eine freiheitlich-konservative Grundhaltung und bilde mir meine Meinung frei. Ein Regierungsrat soll politisch denken. Er braucht Weitblick, Bodenhaftung und «Gspüri» für Mehrheiten. Das Regierungsamt erfordert Ernsthaftigkeit, denn die Herausforderungen sind gross. Und dann gilt: «Nimm immer deine Aufgabe ernst, niemals dich selbst» (Eisenhower).
3. Politiker mit einem pauschalen Etikett zu versehen wie links, rechts, liberal, konservativ, greift zu kurz, weil alle etwas anderes darunter verstehen. Elektronische Wahlhilfen, wie sie vor allem vor Parlamentswahlen angeboten werden, helfen hier etwas weiter. Man beantwortet mehrere Fragen zu Politik und Gesellschaft mit «Ja» oder «Nein» (wenn man mutig genug ist, ansonsten halt mit «eher ja», «eher nein»). Wer sich deutlich äussert, erhält eine entsprechend klare grafische Darstellung, links oder rechts, oben oder unten in einem Koordinatensystem. Bei andern liegt sie eher undefiniert, was aber noch lange nicht auf Mehrheitsfähigkeit schliessen lässt.
1. Wenn ich die Kritik aus Buus richtig verstanden habe, dann ist es eine Einzelkritik des Gemeindeverwalters. «Administrative Leerläufe» müssen sofort beseitigt werden. Anrufen, klären, Leerlauf abschaffen, das wäre mein Anspruch an Leerläufe, die aus meinem Departement kämen. Aber: Eine politisch gewollte Reform zum Beispiel im Bildungsbereich ist kein administrativer Leerlauf, sondern das Resultat von demokratischen Entscheidungen. Hier erwarte ich, dass sorgfältig unterschieden wird.
2. Ich politisiere seit jeher als eigenständige Persönlichkeit und immer um die Sache. Dabei fühle ich mich mit meiner Politik und meinen Weltanschauungen am besten in der Sozialdemokratie aufgehoben. Ich muss jetzt keine «andere» Kampagne machen und meine parteipolitische Herkunft verleugnen. Wer mit mir politisiert, wer meinen beruflichen und politischen Werdegang miterlebt hat, weiss auch, dass ich klare Aussagen mache, dass ich konstruktiv und sachlich bin und am Schluss für mich nur die politisch tragfähige Lösung zählt.
3. Klare und ehrliche politische Aussagen sind Bestandteil eines verlässlichen Politikers und mein Anspruch an meine Politik. Wer im Wahlkampf Schlagwörter verwendet, die nicht zur eigenen Parteiverortung passen, der liegt schief in der Landschaft. Aus irgendwelchen Online-Wahlhilfen lässt sich bei keinem Kandidaten die Führungspersönlichkeit und die Konsensfähigkeit ableiten. Dafür zählen nur die wirklichen Leistungsausweise und die heissen bei mir politische Führungsperson, KMU-Führungsperson, unternehmerische Kompetenz, Führungserfahrung in der Energie- und Bankwirtschaft. Ohne Konsensfähigkeit kann ich keine politischen Kompromisse finden und auch keine Lösungen mit Mitarbeitenden entwickeln.