Der Vatikan vermietet künftig an McDonalds. Einigen Kardinälen passt das gar nicht.
Papst Franziskus hat sich bislang nicht als wirtschaftsliberaler Befürworter der selbstregulierenden Kräfte des Marktes geoutet. Im Gegenteil, «diese Wirtschaft tötet», postulierte der Argentinier zu Beginn seines Pontifikats. In diesem Zusammenhang ist ein Mietvertrag von nicht geringem Interesse, den die vatikanische Güterverwaltung Apsa vor Wochen unterschrieben hat. In ein seit Jahren leerstehendes Geschäft in einer Vatikan-Immobilie zu Füssen des Apostolischen Palastes im Borgo Pio zieht im kommenden Frühjahr die Fast-Food-Kette McDonald’s ein.
Künftig werden sich im Schatten des Petersplatzes also Weihrauch und der unwiderstehliche Geruch von Frittieröl zu einer höllischen Note vermischen. Ganz abgesehen von der Frage, wie die Geschäftspraktiken des US-Konzerns mit der katholischen Soziallehre und der jüngst veröffentlichten Umwelt-Enzyklika des Papstes in Einklang zu bringen sind, hat die Vermietung auch Unbehagen in der Nachbarschaft ausgelöst. Die Bewohner des Borgo Pio befürchten das Ende des autochthonen Idylls aus überteuerten Trattorien, Klerikerbedarf und Souvenirläden. Sie wollen es der Stadt Florenz gleichtun, die im Sommer die Niederlassung einer McDonald’s-Filiale auf dem Domplatz verhinderte.
Jetzt herrscht Kulturkampf in Rom. Besonders ungehalten sind eine Handvoll Kardinäle, die im selben Palazzo wohnen und ihre fürstlichen, bis zu 500 Quadratmeter grossen Gemächer zu Schleuderpreisen mieten. Bislang waren vor allem Nachbarschafts-Streitigkeiten im Zusammenhang mit stundenlangem Klavierüben eines hochrangigen Prälaten bekannt. Nun fürchten die Eminenzen, unter ihnen vor allem Italiener und zwei Lateinamerikaner, ganz und gar irdischen Krach, Schmutz und vielleicht sogar Mehrkosten durch den notwendig gewordenen Umbau. Beim Papst sei eine Beschwerde eingereicht worden.
Protestierende Kardinäle?
Als 1986 die erste italienische McDonald’s-Filiale an der römischen Piazza di Spagna eröffnet wurde, protestierten Hunderte Italiener gegen den Fast-Food-Koloss. Die Demonstrationen waren der Startschuss für die Gründung der alternativen Slow-Food-Bewegung, die nachhaltige Ernährung fördern will. Ob auch die erbosten Kardinäle öffentliche Protestveranstaltungen initiieren wollen, ist nicht bekannt.
Die Vorstellung einer alternativen Volksküche vor dem betreffenden Palazzo mit einer Spaghetti-Speisung aus Prälaten-Hand ist allzu verlockend. Wahrscheinlich ist hingegen eine interne Klärung der Vorgänge, schliesslich hat die vatikanische Güterverwaltung selbst den neuen Mieter ins Haus geholt. Die Rede ist von einer Monatsmiete von mehreren Zehntausend Euro. Wenn man so will, trägt also künftig auch McDonald’s zur Finanzierung der katholischen Kirche bei.
Nun fragt sich, welche Rolle Franziskus in der Neuorganisation der päpstlichen Immobilien wirklich spielt. Die päpstliche Ferienwohnung in der vatikanischen Sommerresidenz Castel Gandolfo wird kommende Woche in ein Museum umgewandelt, im zugehörigen Biobauernhof machen sich Existenzängste breit. Über die Subversivität dieses Papstes sind sich die meisten römischen Beobachter einig. Sie fragen sich inzwischen nur, auf wessen Seite er steht.