Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik will ihre über die ganze Stadt verteilten Stationen in einem Neubau auf dem Gelände der Universitären Psychiatrischen Klinik (UPK) zusammenführen. Das Vorhaben ist umstritten. Doch der Grosse Rat hat zum geplanten Neubau nichts mehr zu sagen. Entscheiden wird der frisch gewählte Verwaltungsrat der UPK.
Statt über die ganze Stadt verstreut sollen die Abteilungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie unter einem Dach zusammengefasst werden und zwar in einem Neubau auf dem Gelände der Universitären Psychiatrischen Klinik (UPK). Dieses Vorhaben kritisieren Kinder- und Jugendpsychiater heftig: Kranke Kinder würden an den Stadtrand abgeschoben und stigmatisiert. Dort entstehe eine Ghetto für psychisch Kranke, sagt der Kinderpsychiater Christoph Strebel, ehemaliger Präsident der Kinderpsychiater, stellvertretend für seine Kolleginnen und Kollegen. Er möchte das Neubau-Projekt stoppen und intensiv nach einem anderen Gelände suchen.
Auf Goodwill angewiesen
Doch mit ihrem Wunsch sind die Kinderpsychiater voll und ganz vom Goodwill des frisch gewählten UPK-Verwaltungsrats abhängig. Zwar gab die Basler Regierung grünes Licht für das Neubau-Projekt einer Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik auf dem UPK-Areal. Ob der geplante Neubau auch tatsächlich für rund 30 Millionen Franken gebaut wird, entscheidet aber der frisch gewählte sechsköpfige Verwaltungsrat der UPK. Bekanntestes Mitglied dieses Verwaltungsrats: Alt-Regierungsrat Ralph Lewin.
Der UPK-Verwaltungsrat wird nächstes Jahr, nach Abschluss des Architekturwettbewerbs, entscheiden, ob die Kinder- und Jugendpsychiaterische Klinik (KJPK) auf dem Gelände der UPK gebaut wird oder nicht. Der Grosse Rat hingegen hat zum Neubauprojekt nichts zu sagen. Dies bestätigt die Basler Gesundheitsdirektion auf Anfrage der TagesWoche. Hintergrund ist die neue Spitalfinanzierung, die ab 1. Januar 2012 in Kraft tritt. Basel-Stadt hat auf diesen Zeitpunkt seine Kliniken und Spitäler verselbständigt. Neu entscheidet nicht mehr der Kanton, wo und wie viel investiert wird. Die Institutionen erhalten für jede Behandlung fixe Beträge, darin eingerechnet ist auch ein Anteil für Investitionen. Wo und wie sie investieren, können die Spitäler und Kliniken weitgehend selbst entscheiden.
Das hat den Vorteil, dass Spitäler rascher und flexibler auf die Bedürfnisse reagieren können. Doch bei umstrittenen Vorhaben wie der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Klinik fehlt der demokratische Mehrheitsentscheid: Die Bevölkerung respektive die Volksvertreterinnen und -vertreter können nicht mehr mitreden und entscheiden. Damit sinkt die Akzeptanz.
Demokratische Legitimation fehlt
«An diesem Neubau-Projekt zeigt sich das Problem der Verselbständigung exemplarisch: Es fehlt schlicht die demokratische Legitimation», kritisiert denn auch Urs Müller, Basta-Grossrat und Mitglied des Vereins «Gesundheit für alle». Er reicht jetzt einen Vorstoss ein und fragt die Regierung, ob und wie sie kontrollieren will, dass Spitäler und Kliniken «bereits geleisteten Investitionsanteil auch tatsächlich für Investitionen verwenden» und nicht, um Verluste zu decken oder das Geld für Quersubventionierung zweckentfremdet zu verwenden.
Urs Müllers Vorstoss wiederum zeigt exemplarisch, wie eingeschränkt der Spielraum des Parlaments bei den selbständigen Institutionen ab nächstem Jahr noch sein wird: mitreden und entscheiden ist passé. Das Parlament muss sich mit Rolle der Oberaufsicht begnügen.
Urs Müllers Vorstoss im Wortlaut finden Sie auf der Rückseite dieses Artikels.