Klangbad für Musikhungrige

Zwei Neugeburten, zwei Geschenke an die Stadt: Mit diesen Worten eröffneten Guy Morin und Christoph Eymann die Musikbiennale «Klangbasel» und den Jazzcampus. Die ersten Konzerte des reichhaltigen Musikwochenendes zeugten von schwindelerregender Energie. Von Jenny Berg

Mitbringsel der Regierung: Nicht mehr ganz frische Notenschlüssel-Brezel vom Vortag. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Zwei Neugeburten, zwei Geschenke an die Stadt: Mit diesen Worten eröffneten Guy Morin und Christoph Eymann die Musikbiennale «Klangbasel» und den Jazzcampus. Die ersten Konzerte des reichhaltigen Musikwochenendes zeugten von schwindelerregender Energie. Von Jenny Berg

Nein, nicht einmal der Chef wurde mehr hereingelassen: Beim Eröffnungskonzert des neuen Jazzcampus an der Utengasse 15 waren die Türsteher strikt. 150 Menschen dürfen sich im Campus-eigenen Club aufhalten – eine Zahl, die beim Gastspiel der Jazz-Grössen Wolfgang Muthspiel, Larry Grenadier und Jorge Rossy innert Minuten erreicht war. Viele junges, aber auch viel älteres Publikum wärmte geduldig die Sitzflächen an und freute sich über den ergatterten Platz, bis das Trio mit subtilen Rhythmen, wilden Drums und zarten Soli («Cambiata») den Club einweihte.

Eine Tour durch den neuen Jazzcampus

Dass der Raum atmosphärisch noch ein wenig neu und steril wirkt, tat der Stimmung keinen Abbruch. Überall waren nur positive bis euphorische Stimmen über den Neubau zu hören – gekoppelt mit der staunenden Erkenntnis, dass hier an keiner Ecke gespart wurde. Ermöglicht wurde der Jazzcampus von Beatrice Oeri bzw. deren Stiftungen Levedo und Habitat; und «ihrer unglaublichen Energie, etwas Gutes, etwas Schönes zu machen» (Bernhard Ley) wurde in den Eröffnungsreden mehr als einmal gedankt.

Aber auch Bernhard Ley, Leiter der Jazzschule, dessen «sympathische Hartnäckigkeit und liebenswerte Sturheit» diesen «Höhepunkt im Bildungsprogramm von Basel» erst über all die politischen Hürden geholfen habe, wurde von Christoph Eymann hervorgehoben.



Verpasst keine Einweihung: Regierungspräsident Guy Morin

Verpasst keine Einweihung: Regierungspräsident Guy Morin (Bild: Hans-Jörg Walter)

Einen «Kristall» nannte Regierungspräsident Guy Morin den neuen Campus, der in seiner architektonischen Anlage gleichzeitig altertümliche Gemütlichkeit und hochmoderne Technik vereint. Wie ausgefeilt das Konzept ist, darüber berichtete Ley bereits in einem Interview, und auch jetzt, nach den ersten Wochen in diesem «Wohlfühlort» sagte er: «Das Haus klingt wirklich gut, jeder Raum eröffnet einen neuen musikalischen Horizont.»

Auch die Studenten sind über die einzigartigen Arbeitsbedingungen sehr angetan. «Wir haben hier viel Platz, genügend Übungsräume; in jedem steht ein wirklich gutes Klavier, und man muss nicht, wie beim alten Standort, erst nach einem Verstärker suchen – alles ist schon da», sagt Ajda (25).



Viel Geld verbaut: Campus-Innenleben.

Viel Geld verbaut: Campus-Innenleben. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Über das ganze Wochenende hinweg wird gefeiert und gejazzt, mit einem Programm, das Lehrer und Schüler, Installationen und Liveacts, Stile und Besetzungen bunt mischt – und für sich schon ein eigenes Ereignis darstellt.

Wäre da nicht noch ein noch grösseres Festival, das zeitgleich in Basel stattfindet: Die Musikbiennale «Klangbasel». Ein Festival aus der Region für die Region soll es nach Guy Morins Worten sein; mit dem Ziel, all die Stars, die hier leben, auch hier gemeinsam auftreten zu lassen. 500 Künstler und 30 Ensembles treten in 90 Konzerten auf 20 Bühnen auf: ein geradezu verschwenderisches Angebot.



Durften den Jazzcampus musikalisch aus der Taufe heben: Das Jazz-Trio Wolfgang Muthspiel, Larry Grenadier und Jorge Rossy.

Durften den Jazzcampus musikalisch aus der Taufe heben: Das Jazz-Trio Wolfgang Muthspiel, Larry Grenadier und Jorge Rossy. (Bild: Benno Hunziker)

Man kann schon im Voraus stundenlang über dem Programm brüten, weil man sich entscheiden muss zwischen so vielen interessanten Angeboten. Vieles läuft parallel – das ist schade, denn jeder einzelne Programmpunkt ragt in mindestens einem Aspekt – der Raumwahl, der Ensemblezusammensetzung, dem Programm oder der Stilmischung – aus dem alltäglichen Konzertangebot heraus. Zwangsläufig verpasst man etwas an diesem reichhaltigen Wochenende.

Dennoch zeigte der Eröffnungsabend vor gut gelauntem Publikum, dass den Baslern der Musikhunger nicht ausgeht. Die Konzertatmosphäre war überall durch persönliche Ansprachen ans Publikum aufgelockert; überall durfte gegessen, getrunken, gelustwandelt werden. Die Einzigartigkeit des Festivals liegt denn auch in der Begegnung verschiedenster Musikstile. Wo sonst kann man so einfach und so hürdenlos zwischen den Musikstilen switchen, für einen kleinen Preis Jazz, Pop, historische Aufführungspraxis und zeitgenössische Klanginstallationen auf höchstem Niveau und in experimentellen Räumlichkeiten erleben? – In diesem Sinne: Stürzen Sie sich ins Musikgetümmel!

Die Highlights der kommenden Tage:

Samstag, 20.9.: 
15.30 – 05.00 Nothing but Flavour! «Internationales urbanes Tanzfestival» Volkshaus 
20.00 Lisette Spinnlers New Quintet feat. Guillermo Klein / Patrice Moret «Jazz-Persönlichkeiten» Jazzcampus
21.00 A Tree In A Field Records und Interkantonaler Männerchor «Chor trifft Musikperformer» Kaserne Basel 22.00 Tango Crash «Tango Sounds» Union  

Sonntag, 21.9.: 
11.00 – 18.00 Swissvocalarts «Blind Dates, Singles & Dates» Turnhalle Klingental
12.00 Julia Schröder, Martin Zeller, Michael Kleiser «Schubertiade 2» BauArt Basel 
13.00 Rudolf Lutz & Hans Feigenwinter «Cembalo versus Jazzpiano» Clarakirche 
16.00 Paolo Pandolfo «Carte Blanche!» BauArt Basel

Nächster Artikel