Kleinbasler Wirte wehren sich gegen den grossen Turm

Der Claraturm kam im Grossen Rat schlank durch. Zu schlank, nach Ansicht der Wirte in den Warteckhäusern. Sie wollen das Projekt mit einem Referendum zu Fall bringen.

Gegen den Claraturm: Wirte und Sympathisanten der Bars Ecke Clarastrasse und Riehenring wehren sich gegen den geplanten Claraturm (Bild: Hans-Jörg Walter)

Der Claraturm kam im Grossen Rat schlank durch. Zu schlank, nach Ansicht der Wirte in den Warteckhäusern. Sie wollen das Projekt mit einem Referendum zu Fall bringen.

Wenn ein Koloss den Fuss ins Wasser setzt, verursacht das meistens Wellen. Solche schlagen derzeit um die Häuser des Kleinbasels – da, wo die alten Warteckhäuser einen Kontrast zum neuen Messebau bilden und gemäss Planung bald nur noch eine weitere Erinnerung der Stadtgeschichte sein sollen.

BastA! unterstützt Referendum

Die BastA! hat an der Koordinationssitzung des Vorstand vom 17. Juni beschlossen, das Referendum gegen den Claraturm zu unterstützen. «Unsere Grossrätinnen und unser Grossrat haben sich schon in der Ratsdebatte klar gegen dieses Vorhaben ausgesprochen», schreibt die Partei in einer Mitteilung. Mitten «im eh schon dicht besiedelten Kleinbasel» ein weiteres Hochhaus zu bauen, sei «ein städteplanerischer Unsinn», begründet die BastA!. (amc)

Der Koloss, der am Mittwoch im Grossen Rat gutgeheissen wurde, ist der Neubau «Claraturm» und wird nicht von allen so begrüsst wie von der Basler Regierung. Aufgeben will man trotz des politischen Entschlusses nicht, heisst es nun aus den Gastrobetrieben in der Bauzone.

Andreas Bernauer von der Pianobar hat mit einer Kunstaktion nun den Startschuss zum Referendum gegeben. Es sei ein Kampf gegen den Turm, gegen die Überwucherung des Kleinbasels und die Zerstörung von Kultur, sagt Bernauer. Drei befreundete Künstler hat er gebeten, für seinen Vorstoss Plakate und Schilder anzufertigen. Kunstwerke, die mittlerweile in den Bäumen am Riehenring hängen und eingeklemmt zwischen Strasse und Barhocker unter den Passanten für Aufmerksamkeit sorgen sollen. Für diese Aktion hat er bewusst den Zeitpunkt der Art Basel abgewartet, geplant wurde die Aktion schon im vergangenen Dezember.

«Volk verblendet»

Mit seiner Aktion will Bernauer die Bevölkerung aufwecken, die seiner Ansicht nach verblendet ist. «Der Ball wurde bewusst flach gehalten. Die Bevölkerung bekam gar nicht mit, was dieses Hochhaus fürs Kleinbasel bedeutet», sagt er. Konkret kritisiert er den Schatten, den der rund 96 Meter hohe Turm mit 29 Stockwerken auf die Clarastrasse und Umgebung werfen wird.

Ähnlich kritisch beurteilt er das Vorgehen der Messe. «Sie ist eine Allesfresserin», sagt Bernauer, «sie annektiert das umliegende Areal, bis alles gleich ausschaut.» Hinzu käme, dass sie sich zu einer kontinuierlichen Baustelle entwickelt habe. «Erst der Messeturm, dann der Neubau der Messe selbst, derzeit das Hotel Mercure – künftig der Claraturm. Die Anwohner leben mit Dauerlärm.»

Der 41-Jährige weiss, dass es keinen einfachen, vielleicht überhaupt keinen Weg zur Verhinderung des Baus geben wird. Aber das sei auch nicht unbedingt das Ziel. Ein Dorn im Auge sei nicht, dass gebaut werde, sondern wie das Konstrukt daher komme: «Von Anfang an war klar, dass unser Standort auf einem Provisorium beruht. Das habe ich immer akzeptiert. Das Problem ist für mich die fehlenden Ästhetik des Claraturms. Ich finde ihn widerlich und er passt hier nicht ins Bild.» Gerne gesehen hätte Bernauer einen Bau, der die alten Gebäude zwischen Clarastrasse und Drahtzugstrasse miteinbezieht. «Die Häuserreihe hat solch einen charmanten Charakter, innen und aussen. Das dies nicht verwertet werden kann, ist mir ein Rätsel. Der Turm hingegen hat eine billige Bausubstanz.»

Der Kampf für den eigenen Laden

Mit seiner Abneigung gegen den Claraturm steht Bernauer jedenfalls nicht allein da. Frank Keller, bekannt als Musiker-Original mit dem Künstlernamen Graf Seismo, der zwei Türen nebenan den Secondhand-Laden «Musicarte» betreibt, sieht das Ganze sehr ähnlich: «Ein Platz braucht Licht. Dieser geplante Turm nimmt, was nach dem Bau des Messeturms und dem Messeneubau noch davon übrig ist.»

Doch im Gegensatz zu Bernauer, der nicht für die eigene Bar sondern gegen den Turm kämpft, geht es Graf Seismo auch um den eigenen Laden, den er gerne behalten würde. Die Häuserreihe rund ums Alte Warteck sorge für Kontrast, für Individualität. Viele Messebesucher hätten genau aus diesem Grund die Kamera erfreut vom Messebau auf die traditionellen Hauswände geschwenkt. «Wir dachten alle, zumindest dies hier gehöre uns und nicht dem Kapital. Das einzige, was irgendwann vom Kleinbasel noch übrig bleiben wird, ist eine Häuserschlucht.»

Referendum mit geringen Chancen

Wie Bernauer seinen Kampf fortsetzen wird, weiss er noch nicht genau. Klar ist dagegen, dass er die grosse Unterstützung erst noch erarbeiten muss. Ein Komitee werde derzeit gebildet. «Ich habe bereits mit einigen Leuten gesprochen, die mich unterstützen wollen», so Bernauer, der im Moment noch keine Namen nennen will. Zu erwarten ist jedoch, dass sich unter den Sympathisanten Politiker befinden, die sich im Grossen Rat gegen den Bau ausgesprochen haben.

Parallel zum politischen Vorstoss werde Bernauer ausserdem eine Beschwerde einreichen, dafür habe er noch bis Ende Juni Zeit. Auch eine Mahnwache möchte er organisieren. Bernauers Motivation ist gross; die Aussicht auf Erfolg eher weniger, betrachtet man die Einstellung der Parteien gegenüber dem Claraturm nach der Abstimmung im Grossen Rat vom Mittwoch.

Mit 62 gegen 12 Stimmen bei sieben Enthaltungen wurde das 100-Millionen-Projekt angenommen. Gegensteuer bot einzig ein Teil des Grünen Bündnis – allerdings nicht geschlossen. Die Grüne Anita Lachenmeier gibt auch dem Referendum nur geringe Erfolgschancen: «Nach der Abstimmung scheinen die Chancen einfach zu klein, um etwas zu erreichen.» Bernauer denkt allerdings noch lange nicht ans Aufgeben.

Artikelgeschichte

Der Artikel wurde am 18. Juni mit der Box zur BastA! ergänzt.

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