Die Initianten der Bodeninitiative lancieren eine neue, aktualisierte Vorlage. Der Clou daran: Basis für die neue Initiative ist der Gegenvorschlag der Regierung. Dieser war im Grossen Rat mit einem Mehr von nur einer Stimme versenkt worden. Warum es eine «Neue Bodeninitiative» braucht, erklärt Klaus Hubmann, Mitglied des Initiativkomitees, im Interview.
Die Initianten der ersten Basler Bodeninitiative («Boden erhalten – Basel gestalten») lassen nicht locker. Mit der am Freitag lancierten «Neuen Bodeninitiative» wollen sie dafür sorgen, dass Basel-Stadt künftig prinzipiell kein Land mehr an Private verkaufen, sondern nur noch im Baurecht an Dritte abgeben darf.
Der Bodenmarkt sei «total aus den Fugen» geraten, was unter anderem zu immer höheren Mietpreisen führe, sagt SP-Nationalrat Beat Jans, der neu im Komitee vertreten ist. Mit der «Neuen Bodeninitiative» könne dieser Entwicklung Einhalt geboten werden.
Eine Stimme entschied
Neben der SP Basel-Stadt unterstützen neu auch der Hausverein Nordwestschweiz, der Mieterinnen- und Mieterverband Basel, die EVP, der Verein Greenhattan, das Unternehmen Mitte, BastA!, die Grünen, das Junge Grüne Bündnis sowie die Juso die «Neue Bodeninitiative». Mit dabei sind weiterhin die Stiftungen Habitat und Edith Maryon sowie der Dachverband der Wohnbaugenossenschaften Nordwestschweiz, die bereits die erste Vorlage 2011 lanciert hatten.
Die «Neue Bodeninitiative» ist ein kleiner Coup. Sie übernimmt 1:1 den Text des Gegenvorschlags der Regierung, der im vergangenen Dezember im Grossen Rat mit einem Mehr von nur einer Stimme abgelehnt worden war. Im Unterschied zur ersten Bodeninitiative wird das generelle Verkaufsverbot leicht entschärft: Der Kanton darf Land veräussern, wenn die Reserven in der entsprechenden Kategorie (Bauland, Altstadt, nicht eingezontes Land) innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen oder erhöht werden können.
Taktik der Gegner ging nicht auf
Mit der Verhinderung des Regierungsvorschlags, der wichtige Forderungen der Initianten aufnahm, wollten die bürgerlichen Gegner im Rat den Rückzug der ersten Bodeninitiative unterlaufen, den die Initianten im vergangenen Dezember in Aussicht gestellt hatten: Damit wäre die im Gegenvorschlag der Regierung vorgesehene Teilrevision des Finanzhaushaltsgesetzes ohne Volksabstimmung umgesetzt worden und hätte von den Gegnern der Bodeninitiative nur mit einem Referendum gestoppt werden können.
Eine Neuauflage der Initiative habe sich auch aufgedrängt, da im Zusammenhang mit dem neuen baselstädtischen Wohnraumfördergesetz, das im Herbst 2013 angenommen wurde, ein wichtiges Element der Bodeninitiative zwischenzeitlich verwirklicht worden sei, sagt Klaus Hubmann, Geschäftsführer der Stiftung Habitat und Mitglied des Initiativkomitees: die Förderung des familien- und umweltfreundlichen Wohnungsbaus.
Herr Hubmann, wie sind sie auf die kühne Idee gekommen, den Regierungsvorschlag Wort für Wort zu übernehmen?
Klaus Hubmann (Bild: Hans-Jörg Walter)
Klaus Hubmann: Jemand, der nicht zum Initiativkomitee gehört, hat gesagt: Man könne ja auch gescheiter werden, wenn sich die Dinge in die richtige Richtung entwickeln. Das fanden wir auch. Eine Initiative zu bringen, die zum Teil bereits überholt ist, wäre nicht sinnvoll gewesen. Der Regierungsvorschlag ist, was den Umgang mit dem Boden betrifft, absolut überzeugend. Deshalb haben wir diesen Wort für Wort übernommen.
Befürchten Sie nicht, mit der neuen Unterschriftensammlung jene Leute zu verwirren und zu verärgern, die bereits die alte Initiative unterschrieben haben?
Nein, diese Leute haben für ein Anliegen unterschrieben. Dafür, dass die Stadt ihr Tafelsilber, also den Boden, nicht mehr verscherbelt. Das haben wir bei der ersten Sammlung klar festgestellt. Und diese Forderung ist momentan noch nicht realisiert.
Tragen Sie nicht Wasser in den Rhein? Die Regierung agiert bereits schon heute vorsichtiger mit dem Boden.
Absolut nicht. Es gibt noch keine Gesetzesgrundlage, die den Boden langfristig sichert.
«Ich finde es skandalös, dass der Kanton die Hüningerstrasse an Novartis verkauft hat.»
Bürgerliche Kreise sagen, bei einer Annahme der Initiative würde die künftige wirtschaftliche Entwicklung gehemmt. Was sagen Sie dazu?
Das stimmt nicht. Man könnte das Beispiel der Neudorfstrasse nennen, wo der Kanton einen Gewerbebau im Baurecht lanciert und der Quadratmeterpreis pro Jahr nur 12 Franken beträgt – was ein subventionierter Preis ist.
Der Kanton kann ja aber nicht jeden Quadratmeter subventionieren…
Nein, natürlich nicht. Wenn der Staat aber Land im Baurecht abgibt, nimmt er langfristig mehr ein, als wenn er den Boden auf einen Schlag verkauft.
Projekte wie der Novartis-Campus wären nach einer Annahme der Initiative nicht mehr möglich.
Aber sicher doch. Ich finde es skandalös, dass der Kanton die Hüningerstrasse an Novartis verkauft hat. Das Campus-Projekt wäre auch möglich gewesen, wenn das Land im Baurecht abgegeben worden wäre. Mit einem Vorteil: Wenn es den Novartis-Campus vielleicht in 100 Jahren nicht mehr so gibt, wie er heute existiert, wovon auszugehen ist, hätte der Kanton das Recht zu sagen: So, jetzt öffnen wir die Hüningerstrasse wieder.
«Das Campus-Projekt wäre auch möglich gewesen, wenn das Land im Baurecht abgegeben worden wäre – sogar mit einem Vorteil.»
Im Zusammenhang mit der Initiative ist immer von Wohnen die Rede. Mit familienfreundlichen Wohnungen und schönen Parks allein wird der Wohlstand im Kanton nicht gesichert.
Es geht uns nicht nur ums Wohnen, sondern um die ganze Stadtentwicklung. Indem der Kanton den Boden nicht mehr veräussert, kann er künftig noch besser bestimmen, wo Wohn- und wo Geschäftsraum entstehen soll. Das hat der Kanton übrigens beim Kinderspital getan, wo attraktiver Wohnraum auf Boden im Baurecht entsteht.
Mit durchzogenem Erfolg. Die Wohnungen sind so teuer, dass sie keiner kaufen will. Ist das nicht ein schlechtes Beispiel für die Bodeninitiative, die familienfreundlichen und bezahlbaren Wohnraum fördern will?
Diese Wohnungen werden in einem Jahr alle verkauft sein. Das Bewerbungsverfahren der Verkäuferschaft war heikel: Die Interessenten mussten vorweg einen Bankauszug liefern, um überhaupt vorsprechen zu können – das funktioniert so in Basel einfach nicht. Es war die Arroganz dieses Vorgehens, das beim Verkauf für Ärger sorgte, und nicht die Bodenabgabe im Baurecht, wie es die Verkäuferschaft behauptet.
Hat hier nicht auch die Regierung versagt?
Durchaus, sie hätte mit Auflagen das Vorgehen der Verkäuferschaft verhindern können. Richtig war aber, dass die Regierung den Kauf der Wohnungen von einer Wohnsitzpflicht abhängig macht. So bleibt das Steuersubstrat im Kanton.