Am 1. Dezember eröffnete die GGG die Kontaktstelle Gastfamilien für Flüchtlinge. Aufnahmewillige können sich melden und Flüchtlinge aufnehmen. Die Verantwortung und die finanzielle Last bleibt bei der Sozialhilfe.
Seit diesem Sommer haben sich bereits zahlreiche Privatpersonen gemeldet, die bereit sind, eine oder mehrere Person auf der Flucht bei sich aufzunehmen. Wer sich bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) als Gastfamilie angemeldet und Basel als Wohnort angegeben hat, landet nun direkt bei Gabi Mächler, der Leiterin der Kontaktstelle Gastfamilien für Flüchtlinge. Die Kontaktstelle wird von der Gesellschaft für das Gute und Gemeinnützige (GGG) betrieben.
Gemäss Angaben der Asylkoordinatorin Renata Gäumann sind in Basel momentan 1300 Personen unterzubringen. Neben 200 Asylsuchenden sind dies 600 Flüchtlinge mit B- oder F-Ausweis und 500 vorläufig Aufgenommene.
Der grösste Teil dieser Personen wohnt weiterhin in Infrastruktur der Sozialhilfe (Wohnungen und Zivilschutzanlagen). Von rund 950 Plätzen seien etwa 850 belegt.
Die Kontaktstelle Gastfamilien für Flüchtlinge wird nur anerkannte Flüchtlinge aufnehmen, die dementsprechend längerfristig in der Schweiz bleiben. Personen in offenen Asylverfahren werden nicht in Privathaushalten untergebracht.
Mächler ist verantwortlich für die Abklärungen bei der Gastfamilie. Bei einem Besuch schätze sie die Wohnsituation und Motivation der «Kandidaten» ein. Welche Infrastruktur ist vorhanden? Welche Erwartungen haben die Menschen, die ein Zimmer zur Verfügung stellen wollen? Was für Flüchtlinge können sie sich als Mitbewohner vorstellen? Das seien die wichtigen Fragen, erklärte Mächler an der Medienkonferenz im Schmiedenhof.
Nach ihrem Besuch verfasst Mächler einen anonymisierten Bericht über die Gastfamilie, die Wohnsituation und das bevorzugte Profil der aufzunehmenden Person. Diese Daten werden an die Asylkoordination Basel-Stadt unter Renata Gäumann weitergeleitet, die in der Folge geeignete Personen vorschlägt. Die Gastfamilien können nicht aus mehreren Kandidaten auswählen, aber sie können Vorschläge ablehnen.
«Viele Leute können sich eine alleinreisende Frau oder eine Frau mit Kind als Gast vorstellen. Diesen Menschen werden wir nicht einfach so einen alleinreisenden Mann vorschlagen, auch wenn die Nachfrage bei diesen Plätzen besonders hoch ist», sagt Mächler.
Freiwillige Gastgeber, freiwillige Gäste
Auf beiden Seiten sei die Freiwilligkeit zentral, sagt Mächler. Keine Gastfamilie muss einen bestimmten Flüchtling aufnehmen und kein Flüchtling muss das Angebot zur privaten Unterbringung bei einer Familie annehmen.
Voraussetzung für die Aufnahme eines Flüchtlings ist ein möbliertes und abschliessbares Zimmer. Der Gast solle nicht einfach auf der Couch im Wohnzimmer schlafen, sondern seine Privatsphäre haben, sagt Mächler. Ein eigenes Badezimmer sei dagegen nicht zwingend.
Ruth Ludwig-Hagemann, Dieter Erb, Renata Gäumann und Gabi Mächler stellen die Kontaktstelle Gastfamilien für Flüchtlinge vor. (Bild: Sebastian Wirz)
Wichtig für die Aufnahme eines Flüchtlings seien aber nicht nur die Wohnung, das Zimmer und die Infrastruktur. Je nach Gast sei vor allem mehr oder weniger Zeit gefordert. Wenig integrierte Flüchtlinge könnten beispielsweise dankbar sein, wenn der Gastgeber Zeit mit ihnen verbringt und sie vermehrt mit der hiesigen Kultur bekannt macht.
In der Vorstellung der Organisatoren sind Gast und Gastgeber Vertragspartner. An einem Treffen mit der Kontaktstelle wird ein Untermietvertrag ausgehandelt. Die Höhe der Miete orientiert sich dabei an der Anzahl der Zimmer und der Bewohner. Ein Maximalwert ist jeweils festgelegt, der Vermieter kann aber auf einen Teil des Betrags verzichten.
Keine finanzielle Entlastung der Sozialhilfe
Am Treffen soll aber nicht nur der Mietzinsanteil Gesprächsthema sein. Auch die Haushaltsführung muss vorbesprochen werden. Wird getrennt eingekauft und getrennt gekocht? Oder soll eine engere Interaktion zu Stande kommen? Die Kontaktstelle mache hier keine Vorschriften, es müsse aber klar abgesprochen werden, sagt Mächler.
Finanziell soll die Aufnahme des Gastes keinen grossen Aufwand bedeuten. Die Verantwortung für den Gast liegt weiterhin bei der Sozialhilfe, die neben der Kranken- und Unfall- auch die Haftpflichtversicherung übernimmt. Die Untermiete, die an den Gastgeber entrichtet wird, kommt ebenfalls von der Sozialhilfe.
Dementsprechend handelt es sich für Renata Gäumann, die Leiterin der Asylkoordination Basel-Stadt, nicht um eine finanzielle Entlastung. Die Kontaktstelle sei ein unterstützender Partner. Die privaten Unterbringungsmöglichkeiten können der Asylkoordination bei Raumknappheit helfen. Wie diese Unterstützung quantitativ ausfällt, lässt sich noch nicht sagen.
Ziel: Integration und Selbstständigkeit
Die Kontaktstelle ist erst seit dem 1. Dezember geöffnet, bisher sind 20 bis 40 Familien angemeldet. Viel mehr könnte Gabi Mächler alleine auch gar nicht bewältigen. Der Geschäftsführer der GGG Basel, Dieter Erb, präzisiert: «Es handelt sich weniger um einen quantitativen, als um qualitativen Einfluss auf die Situation.»
Die Unterbringung bei Gastfamilien soll nämlich auch die Integration der Flüchtlinge fördern. Die Untermietverträge sind jeweils auf neun Monate befristet. Nach vier Wochen soll es eine erste Besprechung zwischen Gastgeber, Gast und Kontaktstelle geben. Wenn es keine Probleme gibt, folgt nach acht Monaten ein zweites Treffen, an dem eine Verlängerung der Zusammenarbeit und des Zusammenlebens diskutiert wird.
Idealerweise ist der Gast nach neun Monaten integriert, hat vielleicht Arbeit gefunden und kann selbstständig wohnen. Auch wenn der Vertrag verlängert wird und der Flüchtling weiterhin in der Gastfamilie wohnt, soll das Projekt als gelungen gelten. Nicht gelungen wäre die Aktion, wenn der Flüchtling nach neuen Monaten bei einer Gastfamilie wieder in die Infrastruktur der Sozialhilfe eingegliedert werden muss.