Der vermeintlich cleverste Spartrick der Basler Regierung dürfte vor Gericht landen. Die Basler Regierung will Millionenzustüpfe ans Unispital auf die Krankenkassen abwälzen. Die Versicherer stellen sich quer.
Als cleversten Sparbeschluss beklatscht die «Basellandschaftliche Zeitung» die Verkleinerung der Finanzhilfen des Kantons an das Unispital. Basel-Stadt will die Überweisung von 23 Millionen Franken ans Spital stornieren, die zur Finanzierung von Lehre und Forschung gedacht sind.
Es ist der grösste Sparposten im Entlastungspaket. Stopfen sollen das Loch die Krankenkassen über einen erhöhten Spitaltarif.
Wie clever der Schachzug tatsächlich ist, muss sich noch weisen. Die Krankenkassen, das zeigt eine Nachfrage beim Dachverband Santésuisse, verspüren wenig Lust, in die Bresche zu springen. «Es ist nicht an den Prämienzahlenden, die fehlenden Gelder des Kantons an Lehre und Forschung des Universitätsspitals über erhöhte Spitaltarife mit Prämiengeldern zu finanzieren», hält Daniel Wiedmer fest, Rechtsanwalt in Diensten von Santésuisse.
Ein Urteil – zwei Interpretationen
Im sich anbahnenden Streit stützen sich beide Seiten, also das Gesundheitsdepartement und die Kassen, auf dasselbe Leiturteil des Bundesverwaltungsgerichts. Im April letzten Jahres entschieden die St. Galler Richter, dass die Spitäler genau abgrenzen müssen, welche Kosten für Lehre und Forschung anfallen. Sind die Kosten einmal ausgewiesen, dürfen wiederum die Krankenversicherer nicht mehr wie bisher einen Pauschalabzug von bis zu 23 Prozent geltend machen auf die Betriebskosten.
In Basel fühlt man sich schon länger von den Kassen über den Tisch gezogen. «Die Versicherer ziehen dem Unispital 45 Millionen Franken zu viel ab», sagt Peter Indra, Leiter Gesundheitsversorgung im Departement. Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (CVP) spricht von nicht nachvollziehbaren Abzügen.
Zweifel an den Zahlen
Über den Tisch gezogen fühlten sich in der Vergangenheit auch die Versicherer, unterstützt vom Schweizer Preisüberwacher. Sie kritisieren seit Jahren, die Unispitäler würden Forschungs- und Ausbildungskosten verstecken und sich über den Behandlungstarif von den Versicherten bezahlen lassen – was das Gesetz untersagt. Legten die Spitäler einen Kostenschlüssel vor, wurde dieser oft zurückgewiesen, weil man ihn nicht für glaubhaft hielt.
Beim Basler Unispital behalten die Kassen bislang 110 Millionen Franken zurück, also den vollen Pauschalabzug. Laut Indra dürften es nicht mehr als 65 Millionen Franken sein.
Von den 45 Millionen Differenz fordert der Kanton nun gut die Hälfte von den Versicherern ein. Auf den Rest verzichte man aus sozialen Gründen – damit die Prämien nicht noch höher ansteigen.
Prämienanstieg im Baselbiet
Zwar will die Regierung einen Prämienanstieg auffangen, indem sie die Beteiligung an den Behandlungskosten erhöht. Doch in den Genuss davon kommen nur Baselstädter. Im Baselbiet, wo ein Viertel aller Patienten des Unispitals zu Hause ist, würde die Prämie deutlich ansteigen, das hat die «Basellandschaftliche Zeitung» in Erfahrung gebracht. Im Landkanton spielt man bereits mit dem Gedanken, die Patientenfreizügigkeit wieder einzugrenzen.
Bis zur Tariferhöhung wird es aber noch dauern. Einigen sich Kassen und Unispital nicht, kann der Kanton zwar einschreiten und den Tarif eigenmächtig anpassen. Doch dann können die Versicherer den fast schon klassischen Weg der Streitschlichtung im Gesundheitswesen einschlagen – und vor Bundesgericht klagen.
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