Die Zürcher FDP-Gemeinderätin Elisabeth Schoch versteigt sich auf Facebook zu irritierenden Aussagen über den Schweizer Waffenexport. TagesWoche-Leserin Michèle Meyer antwortet Schoch.
Die Wogen gehen hoch in den sozialen Medien, nachdem der Nationalrat am Donnerstag beschlossen hat, die Hürden für Waffenexporte zu senken. Bislang war die Ausfuhr in Länder untersagt, in denen Menschenrechte «systematisch und schwerwiegend» verletzt werden.
In Zukunft darf die Waffenindustrie nur dann keine ihrer tödlichen Produkte absetzen, wenn ein «hohes Risiko besteht», dass die Waffen für «schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen» angewendet werden. Hintergrund sind rückläufige Zahlen der Schweizer Waffenindustrie und gewünschte Deals mit Regimes wie jenem in Saudiarabien.
Hitziger Schlagabtausch
Darüber geriet TagesWoche-Leserin Michèle Meyer auf Facebook in einen hitzigen Meinungswechsel mit der Zürcher FDP-Gemeinderätin Elisabeth Schoch. Die Debatte ist auf der Rückseite des Artikels angeführt. Hier ein Auszug.
Schoch: «Naja, mit Gutmenschentum können wir unsere Wirtschaft auch versenken… Es sind ja nicht nur keine Waffen, die gefordert werden, keinen Rohstoffhandel, keine risikoreichen Bankgeschäfte, kein Geschäft mit dem Wasser… und und und… Unser Wohlstand kommt nicht vom Bauerndasein. Dann wären wir längst verhungert.»
…worauf Meyer antwortet: «Dann muss das Schlechtmenschentum DIE Lösung sein. Ich seh’s ein.»
…und Schoch sich zur Aussage versteigt: «Kriege haben übrigens die Menschheit vorwärts gebracht.»
«Der Mensch findet immer eine Waffe»
Auf Nachfrage der TagesWoche, wie ihr Votum zu verstehen ist, behauptet die Unternehmensberaterin und Präsidentin der FDP Kreis 4+5, das Zitat sei aus dem Kontext gerissen worden:
«Ich habe mit diesem Zitat darauf hinweisen wollen, dass es immer zwei Seiten gibt. Das ist mir offensichtlich nicht gelungen. Natürlich ist es schlimm, wenn Menschen im Krieg sterben. Jedoch ist Krieg ein Mittel der Menschheit, um das wir nicht herum kommen (ob wir das gut finden oder nicht). Kriege – respektive die Vorkehrungen zur Vermeidung von Kriegen – haben uns sehr viel Wissen und Innovation (nicht zuletzt z.B. das Internet) gebracht. Mein Votum ist also dahingehend. Ich habe mir dann ob der Reaktionen jedoch nicht mehr die Mühe gemacht, dies zu erklären, denn die Meinungen (oder Empörungen) waren gemacht.
Meiner Meinung nach ist es Augenwischerei, wenn wir denken, dass wir einen Krieg verhindern, wenn wir keine Waffen produzieren und verkaufen. Der Mensch findet immer eine Waffe. Ich kann daher mit dieser Empörung wenig anfangen.»
«Es gibt Krieg, also können wir daran auch verdienen.»
Meyer hält dieses Argument für entsetzlich zynisch, wie sie auf Anfrage ausführt:
«Die Argumentation, dass Waffen so oder so eingesetzt werden, egal von wem hergestellt und es darum nicht problematisch sein soll, selber Waffen zu produzieren und zu verkaufen, ist für mich nach wie vor unerträglich zynisch und unverständlich. Dahinter steht einzig der Profitgedanke. Es gibt Krieg, also können wir daran auch verdienen.
Ich behaupte nicht, weil in der Schweiz Waffen hergestellt werden, und damit gehandelt wird, gäbe es Krieg. Aber Waffen werden zum Bedrohen, Verletzen und Töten hergestellt und nicht etwa, weil Mensch sich täglich sein ‹Fleisch› damit jagen müsste. Waffen werden vorwiegend im Krieg eingesetzt, darum ist die Frage ob die Entwicklung, Herstellung und der Handel damit verantwortbar ist, sehr wohl zu stellen. Ich für meinen Teil finde, es ist nicht zu verantworten.
Schlicht und einfach. Ich will keinen Krieg. Nirgendwo. Daran zu verdienen ist nicht einfach ein Nebeneffekt, sondern bedeutet Beteiligung.»