In Kroatien finden bald Parlamentswahlen statt. Um keine Stimmen an die Opposition zu verlieren, hinterlassen die regierenden Sozialdemokraten verbrannte Erde in der Nachbarschaft. Ein Überblick über die bilateralen Streitigkeiten Kroatiens.
Am Montag wird offiziell das kroatische Parlament aufgelöst. In spätestens 60 Tagen müssen daher Wahlen stattfinden. Derzeit hat die nationalkonservative HDZ in Umfragen die Nase vorne. Doch die amtierende Mitte-links-Regierung des sozialdemokratischen Premierministers Zoran Milanovic versucht, mit populistischen Massnahmen im Wahlkampf zu punkten. Nach dem überraschenden Wahlsieg von Kolinda Grabar Kitarovic bei den Präsidentschaftswahlen im Januar wollen die Sozialdemokraten nicht auch noch das Parlament an die Opposition verlieren.
Mit nationalistischer Rhetorik und populistischen Massnahmen hinterlässt die Regierung aber verbrannte Erde bei den Nachbarländern. Dabei geht es um Flüchtlinge, Grenzstreitigkeiten und Franken-Kredite. Ein Überblick:
Serbien
Die kroatische Regierung hat den Grenzübergang für den Güterverkehr aus Serbien am 20. September geschlossen. Auslöser des Konflikts sind die Flüchtlinge, die über die Balkanroute in die EU gelangen wollen. Seitdem Ungarn die Grenze zu Serbien mit einem Zaun geschlossen hat, reisen die meisten Flüchtlinge über Serbien nach Kroatien in die EU ein. Die Blockade gegen die Flüchtlinge hat sich zu einem Handelskrieg zwischen Serbien und Kroatien entwickelt.
Aus dem serbischen Aussenministerium folgte eine Protestnote, in der Kroatien vorgeworfen wird, in Verhaltensmuster der faschistischen Vergangenheit des Landes zurückzufallen. In Kroatien funktioniert Wahlkampf mit dem Schüren antiserbischer Ressentiments und der Angst vor Flüchtlingen scheinbar ganz gut. Auch die serbischen Medien nahmen den Konflikt dankbar auf.
Nachdem Kroatien am Freitag auf Druck aus der EU wieder Grenzübergänge öffnete, titelte das serbische Boulevardblatt Kurir: «Milanovic hat den Krieg gegen Serbien verloren».
Ungarn
Seit die Flüchtlinge vor zwei Wochen erstmals Kroatien als Transitland wählten, reisten über 65’000 Menschen durchs Land, wie das Innenministerium meldete. An manchen Tagen kommen knapp 10’000 Flüchtlinge, um durch Kroatien zu reisen. Fast alle werden mit Bussen und Zügen an die ungarische Grenze gebracht, von wo sie nach Österreich weitergeleitet werden. Ein kleinerer Teil versucht nach Slowenien zu gelangen. Obwohl die kroatische Regierung im Glashaus sitzt und selbst Flüchtlinge nach Ungarn weiterschickt, wirft sie Serbien vor, die Flüchtlinge nach Kroatien zu bringen.
Ungarn ist nicht nur verstimmt, weil Kroatien die Flüchtlinge ins Land weiter schickt, sondern auch weil Zagreb Druck auf Belgrad macht, um die Flüchtlinge nach Ungarn und nicht nach Kroatien zu bringen. Deswegen droht Budapest mit einem neuen Grenzzaun, diesmal an der Grenze zu Kroatien.
Slowenien
Der Grenzstreit um die Bucht von Piran belastet die Beziehungen zwischen Kroatien und Slowenien seit der Unabhängigkeit der beiden Staaten 1991. Kroatien hält an einer direkten Verbindung seiner Hoheitsgewässer zu Italien fest und schneidet damit Sloweniens direkten Zugang zu internationalen Gewässern ab. Der Streit war einst sogar Grund dafür, dass Slowenien den EU-Beitritt Kroatiens in die Länge zog.
Eigentlich sollte der Konflikt von einem Schiedsgericht in Den Haag gelöst werden. Kroatien zog sich jetzt aufgrund eines Skandals, bei dem der von Slowenien bestellte Schiedsrichter, Jernej Sekolec, interne Informationen an slowenische Regierungsbeamte weitergegeben hatte, aus dem Schiedsgericht zurück. Aus dem Gespräch, das abgehört wurde, geht hervor, dass Slowenien als Verfahrenssieger aus dem Verfahren geht und zwei Drittel der Bucht von Piran zugesprochen bekommen sollte.
Die Slowenen können von ihren Häfen bislang problemlos ins offene Meer gelangen, allerdings wollen die Slowenen nicht auf das Wohlwollen der Nachbarn angewiesen sein. Wie sich bei der Grenzschliessung zu Serbien gezeigt hat, kann Kroatien solche Abhängigkeiten zu seinen Gunsten nutzen.
Montenegro
Im Juli entschieden sich die beiden Öl-Förderunternehmen Marathon Oil und OMV aus geplanten Ölbohrungen an der Adria auszusteigen. Der Hauptgrund war der niedrige Ölpreis, doch die kroatische Regierung gab lieber den Nachbarn die Schuld.
Bereits im November 2014 drängte der kroatische Premierminister Zoran Milanovic auf eine Beilegung der Grenzstreitigkeiten zwischen Montenegro und Kroatien, da ansonsten Investoren für Öl und Gasfelder abgeschreckt würden. Dabei machte er Montenegro den Vorwurf, das Land würde Hoheitsgewässer beanspruchen, die ihnen nicht gehörten. Konkreter Streitpunkt zwischen Kroatien und Montenegro ist die Prevlaka-Halbinsel südlich von Dubrovnik und der damit einhergehende Zugang zu der Bucht von Kotor.
Österreich
Per Gesetz werden Banken in Kroatien dazu gezwungen, Kredite in Schweizer Franken in Euro umzutauschen. In Kroatien wird der Bankenmarkt vor allem von österreichischen Tochterbanken dominiert. Sie argumentieren, dass der Umtausch gegen EU-Recht und Investitionsschutz-Abkommen verstösst. Dies geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme von Erste Group, Hypo-Group Alpe Adria AG, RBI, Sberbank Europe und UniCredit Bank Austria hervor.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) warf Zagreb eine «rein nationalistische Vorgehensweise» vor. Mit dem Schritt sollen vor allem kroatische Privathaushalte geschützt werden, die sich verzockt haben. Es ist wohl kein Zufall, dass dies direkt vor den Wahlen passiert. Die Kosten für den Zwangsumtausch werden laut kroatischer Notenbank bei über einer Milliarde Euro liegen.