Die Kroaten haben zum ersten Mal eine Frau ins höchste Staatsamt gewählt: Kolinda Grabar Kitarovic setzte sich in der Stichwahl gegen den amtierenden Präsident Ivo Josipovic durch. Eine doppelte Überraschung.
Es blieb spannend bis zum Schluss. Erst im Laufe des heutigen Morgens war klar, dass Kroatien eine neue Präsidentin bekommt. Kolinda Grabar Kitarovic, Kandidatin der konservativen HDZ, konnte sich mit 50,74 Prozent (nach Auszählung von 99,98 Prozent der Stimmen) gegen den amtierenden Präsidenten Ivo Josipovic durchsetzen, der knapp mit 49,26 unterlag. Sie ist damit die erste Frau, die das höchste Staatsamt in Kroatien übernimmt.
Die Wahlbeteiligung bei den Stichwahlen lag mit 59,06 Prozent um elf Punkte höher als in der ersten Runde vor zwei Wochen. Grabar Kitarovic hat ihren Wahlsieg vor allem den im Ausland lebenden Kroaten zu verdanken, die sie mit einer überwältigenden Mehrheit wählten. Insbesondere die Kroaten in Bosnien Herzegowina stimmen traditionell für die Konservativen.
Die 46-jährige Grabar Kitarovic sammelte ihre politische Erfahrung in der Aussenpolitik. Sie konnte sich als kroatische Botschafterin in Washington D.C und stellvertretende Generalsekretärin der Nato einen Namen machen. Ihr Gesicht steht zudem für das neue Image der HDZ. Noch in der jüngeren Vergangenheit war die Partei bei vielen als rechtspopulistisch und ultranationalistisch verschrien. In den vergangenen Jahren jedoch orientierte sich die HDZ immer weiter in Richtung Mitte.
Der Wahlsieg von Grabar Kitarovic ist eine echte Sensation in Kroatien. Noch vor drei Wochen lag die Kandidatin bei Umfragen acht Prozentpunkte hinter ihrem Konkurrenten Josipovic. Kaum einer hat damit gerechnet, dass der amtierende Präsident sich einen neuen Job suchen muss. Der Überraschungserfolg zeichnete sich bereits vor zwei Wochen ab. Zwar lag Josipovic mit 38,5 Prozent noch vor Grabar Kitarovic mit 37,2 Prozent, aber bei weitem nicht mit dem erwarteten Vorsprung.
Wirtschaftliche Lage kostete Josipovic das Amt
Im Wahlkampf spielten Wirtschaftsfragen eine grosse Rolle. Die schlechte wirtschaftliche Lage (Kroatien steckt seit sechs Jahren in der Rezession, Arbeitslosigkeit beträgt 19 Prozent) wirkt sich traditionell zu Ungunsten der regierenden Partei aus – und somit für Josipovic. Die Wähler trauten bei dieser Frage seiner Konkurrentin mehr zu. Das der Präsident in Kroatien mit der Wirtschaftspolitik kaum etwas zu tun hat, ging im Wahlkampf unter. Grabar Kitarovic hingegen wusste, was sie ihren Wählern versprechen musste: «Ich verspreche euch, dass Kroatien ein wohlhabendes und reiches Land sein wird», rief sie ihren Anhängern an, während diese ihren Namen skandierten, «eines der reichsten Länder der EU und der Welt.»
Ein Versprechen zum Antritt von Kitarovic: «Ich verspreche euch, dass Kroatien ein wohlhabendes und reiches Land sein wird.»
Josipovic erfreut sich einer gewissen Beliebtheit, weil ihm zugesprochen wird, einen grossen Anteil am EU-Beitritt Kroatiens 2013 zu haben. Da das lang ersehnte Wirtschaftswunder auf sich warten lässt, half ihm dieser Vertrauensvorsprung wenig. Doch selbst die Unbeliebtheit der regierenden SDP und die geringe Unterstützung durch die Kroaten im Ausland reichen noch nicht aus, um Josipovics überraschende Niederlage zu erklären.
Der amtierende Präsident steht für eine wirtschaftsfreundliche, sozialdemokratische Politik des dritten Weges nach dem Vorbild von Tony Blair. Dadurch entstand eine starke Opposition links der Sozialdemokraten, welche der Regierung und dem Präsidenten eine unsoziale und neoliberale Ausrichtung vorwerfen.
Trotz der Beliebtheit in Kroatien muss er sich überraschend vom Präsidentenposten verabschieden: Ivo Josipovic. (Bild: ANTONIO BRONIC)
Ein Sieg auch dank der Linkspopulisten
Eine Überraschung ist Ivan Silibor Sincic gelungen. Der 24-jährige Student konnte bei den Stichwahlen vor zwei Wochen überraschend 16,5 Prozent der Stimmen holen. Sein Wahlprogramm bestand aus einem Potpourri aus Antiamerikanismus, EU-Feindlichkeit und der Forderung nach einer monetären Unabhängigkeit Kroatiens.
Der Rechtsaussenkandidaten Milan Kujundzic (6,3 Prozent) sprach eine Wahlempfehlung für Grabar Kitarovic aus, weswegen ihr diese Stimmen zugutekamen. Der Antikapitalist Sincic jedoch forderte seine Wahler dazu auf, keinen der beiden Kandidaten eine Stimme zu geben. So gesehen hat die neue kroatische Präsidentin ihren Wahlsieg dem Linkspopulisten zu verdanken.