Mit ihren schicken roten Backsteinhäusern ist Toulouse eine der elegantesten Städte Südfrankreichs – und lädt nicht nur am Ufer der Garonne zum Müssiggang ein. Da darf das Pflichtprogramm ruhig ein wenig gekürzt werden.
Ehrlich gesagt sind meine Schwester und ich in Toulouse gelandet, ohne vorher viel über die Stadt zu wissen. Airbus hat dort seinen Hauptsitz, und einem Kinderlied zufolge haust im Walde dort ein Räuberpack, so viel hatten wir im Kopf.
Das reichte uns, denn wir wollten einfach ein Wochenende in einer französischen Stadt verbringen, die wir noch nicht kannten. Es sollte der Süden sein, um dem Frühling entgegenzureisen. Als ein französischer Kollege und die Mitbewohnerin meiner Schwester unabhängig voneinander Toulouse vorschlugen, war die Wahl schnell getroffen.
Die grösste Attraktion der Stadt sprang uns schon bei der Ankunft ins Auge: ihre Farbe. Toulouse wird auch la ville rose genannt – rosarote Stadt. Es sind nicht nur ein paar rote Häuser, die der Stadt diesen Kosenamen schenken, nein, quasi alle Strassen der Innenstadt sind in diesem Farbton gehalten.
Aus profanen Backsteinen errichtet, üben sich die Bürgerhäuser in vornehmer Zurückhaltung – um in Details eleganten Putz zu präsentieren. Wie feine Spitzen auf sonnenbrauner Haut zieren weisse, hellblaue und türkisfarbene Fenster und Balkone die Fassaden, die sich zu freundlichen Strassenzügen reihen, die allesamt entweder zum Hauptplatz mit dem Rathaus führen oder aber ans Ufer der Garonne.
Das Garonne-Ufer ist einer der beliebtesten Orte der Stadt – und bei Sonnenschein voller Leben. (Bild: Sarah Portner)
Dort am Fluss verbringen wir gefühlt die Hälfte unserer Zeit. Wir haben das Gefühl, an diesem Ort in das Alltagsleben der Toulousains eintauchen zu können. Zum Sonnenuntergang sitzen die Menschen an der Kante der Uferpromenade wie Spatzen auf dem Dachfirst. Die – natürlich rote – Mauer in ihrem Rücken strahlt die Wärme eines ganzen Tages ab.
Dann wird musiziert. Junge Leute mit Gitarre, Geige und Trommeln treffen sich zur Jam-Session nach Feierabend, ihre Musik erzählt von fremden Ländern, während die Sonne zum Abschied das Wasser der Garonne golden einfärbt. In diesem Ambiente schmeckt unser Picknick mit frischer Baguette, Käse, Oliven und Tapenade einfach köstlich.
Vom Wochenmarkt zum Strassenfest
Besorgt haben wir die Esswaren auf dem Markt rund um die Kirche Saint-Aubin. Den sollte sich, wer sonntagvormittags in Toulouse weilt, auf keinen Fall entgehen lassen. Alles wird so üppig und frisch feilgeboten, wie man es von einem französischen Markt erwartet, ab acht Uhr morgens präsentieren die Händler Obst und Gemüse, Blumen und Gartenpflanzen, frisches Brot und würzigen Käse.
Im Laufe des Vormittags verwandelt sich der Markt in eine Mischung aus Flohmarkt und Strassenfest. An kleinen Ständen verkaufen Menschen auf die Hand hausgemachte Spezialitäten aus ihrem Heimatland: spanische Paella, türkische gefüllte Gözleme und arabische Süssigkeiten mit Minztee. Anwohner wollen Dinge vom Dachboden loswerden und ein junger Mann fragt die Passanten, was ihr Traum sei. Viele schreiben lachend eine Antwort auf sein Pappschild.
Ein wunderbarer Zeitvertreib am Sonntagvormittag ist der Markt rund um die Kirche Saint-Aubin. (Bild: Sarah Portner)
Ein Mann spielt wunderschön auf dem Cello und eine Gruppe Jugendlicher mit afrikanischen Wurzeln beeindruckt die Umstehenden mit ihren Breakdance-Künsten. Wie wir über vier Stunden auf dem Markt verbracht haben, können wir am Ende nicht mehr genau rekonstruieren.
Zugegeben: Wir haben in Toulouse vieles nicht gesehen, was wir hätten sehen wollen oder können. Wir haben das Airbus-Werk nicht besichtigt, wir waren nicht am Canal du Midi spazieren, wir haben nicht die Sonderausstellung «Fenêtres sur cours» im Musée des Augustins angeschaut.
Aber wir haben die Seele baumeln lassen, den Frühling gefeiert und sind immer wieder mit sehr netten Menschen ins Gespräch gekommen. Am Ende jedenfalls haben wir die Backsteinstadt sehr ins Herz geschlossen. Voir la vie en rose heisst auf Französisch: das Leben durch die rosarote Brille sehen. Ein Wochenende lang darf man das getrost mal machen.
- Hinkommen
Wir sind mit dem Zug gefahren – machten allerdings einen Zwischenstopp in Avignon. Von Basel aus mit der Bahn nach Toulouse zu reisen, ist kaum jedermanns Sache. Die Fahrt dauert neuneinhalb Stunden, immerhin muss man nur einmal umsteigen. EasyJet fliegt vom Flughafen Basel-Mühlhausen in anderthalb Stunden nach Toulouse. - Anziehen
Bei Etam gibt es so viele verschiedene und einfach schöne Dessous, dass am Ende jede Frau die Unterwäsche findet, die genau ihrem Körper schmeichelt. Unterstützung liefern bei Bedarf sehr kompetente und angenehme Verkäuferinnen. - Einkehren
Leckere Crêpes in gemütlicher Umgebung haben wir im «Le Sherpa» in der Rue du Taur genossen. Besonders der süsse Pfannkuchen mit Banane, Karamell und Rum war lecker. Entspannte Stimmung, freundliche Mitarbeiter und die Öffnungszeiten kommen denen entgegen, die nicht um zehn im Bett liegen müssen - Innehalten
Eine Oase der Ruhe ist der Couvent des Jacobins. In der Klosterkirche, die dem heiligen Thomas von Aquin geweiht ist, lassen sich prächtige lichtdurchflutete Fenster und ein wunderschönes Sterngewölbe bestaunen. Das Refektorium ist ungewöhnlich hoch für ein mittelalterliches Kloster und im schattigen Kreuzgang beruhigt der Duft von frischem Buchs.
Eine Oase der Ruhe mitten in der Stadt ist das alte Jakobinerkloster – und vor allem der Kreuzgang. (Bild: Sarah Portner)